Trude Krakauer
Tochter des Kinderarztes Dr. Heinrich Keller, Mutter Nelly, geb. Winter. Der Vater konvertierte unter dem Einfluß der Philosophie Moses Mendelssohns vom Judentum zum Protestantismus, war sozialdemokratischer Bezirksrat und Romanautor. T.K. wuchs in 6. Bezirk auf, besuchte die evangelische Volksschule am Karlsplatz und anschließend das Realgymnasium in der Albertgasse. Engagement in der sozialistischen Jugendbewegung. 1920 absolvierte sie einen einjährigen Kurs an der Fürsorgeschule der Stadt Wien; danach Beginn eines Medizinstudiums. Nach vier Semestern wechselte sie zum Studium der Staatswissenschaften. Ihre Lehrer waren Othmar Spann, Hans Kelsen; sie reichte eine Dissertation bei Max Adler ein, schloß sie aber nicht ab. Neben dem Studium Arbeit als Englischkorrespondentin für sozialdemokratische Stellen. Freundschaft mit Herta und Friedrich Scheu. Begann in dieser Zeit zu schreiben. Beeinflußt von Dostojewski und Karl Kraus, dessen Vorträge sie bis 1934 besuchte. Arbeit als Sekretärin. Ihr Bruder, Stefan Keller, geboren 1906, Redakteur der AZ, beging in einer schweren Lebenskrise 1934 Selbstmord.
Nach dem "Anschluß" verliert sie ihre Stellung, der Vater erhält Berufsverbot. Durch ihre Jugendfreundin Thea Weiss erhält sie ein kolumbianisches Arbeitsvisum; Versuche, in andere Länder zu exilieren, scheitern. Ende Dezember 1938 Ankunft in Kolumbien. Arbeit als Übersetzerin und Sekretärin in Bogotá. Heirat mit Dr. Emil Krakauer, Chemiker, geboren in Nikolsburg (Mähren). Mitglied des "Comité de los Austríacos Libres", bereitet zusammen mit Margot Neumann-Hermer Literaturlesungen und andere Vorträge vor. 1952-77 Arbeit in der deutschen Handelsvertretung, später Botschaft. Übersetzte lateinamerikanische Autoren ins Deutsche, so Jorge Guillén, Guillermo Valéncia, León de Greiff, Rubén Darío, José Asunción Silva, Rafaél Pombo. T.K.s Gedichte und Prosa blieben unveröffentlicht. Ein einziges Mal besucht sie Anfang der 1980er Jahre Wien.
(In den letzten 15 Jahren wurde Trude Krakauers Gedichte in Mit der Ziehharmonika (1994, 1996), in der Exilanthologie In welcher Sprache träumen Sie? (2007) und in März. Literatur und Gedächtnis – Ein Lesebuch (2011) publiziert.