Lili Körber
Pseudonym: Agnes Muth, auch Lilly oder Lily Körber
Schriftstellerin, Journalistin
Lili Körber wurde als Tochter eines österreichischen Importkaufmannes für japanische Seide und einer polnischen Mutter in Moskau geboren. Ihr Vater wurde zu Beginn des Ersten Weltkrieges als Ausländer in Rußland verhaftet. Nach seiner Freilassung 1915 musste die Familie das Land verlassen und ging nach Wien. Lily Körber absolvierte das Gymnasium in Lausanne, sie studierte anschließend in Wien und Frankfurt Literatur. Während ihrer Studienzeit pflegte sie engen Kontakt mit Theodor Adorno. 1923 schloss sie ihr Studium in Frankfurt mit einer Dissertation über die Lyrik Franz Werfels ab.
Ab 1923 lebte sie als freie Schriftstellerin Wien, im 8. Bezirk, Laudongasse. Sie war Mitarbeiterin zahlreicher Zeitungen und Zeitschriften, u.a. Arbeiter-Zeitung, Neues Wiener Tagblatt, Pariser Tageszeitung, Prager Tagblatt, Die rote Fahne Wien, Die Stunde Wien, Das Volksrecht Zürich, Weltbühne Prag. Sie war Mitglied der SDAP, des „Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ und 1933 sehr aktives Mitglied der „Vereinigung sozialistischer Schriftsteller“.
Von 1930 bis 1932 lebte Lili Körber wieder in Rußland, sie arbeitete einige Wochen als Dreherin in einer Traktorenfabrik (Putilowwerke) in Leningrad, um die neue Gesellschaftsordnung in Rußland kennenzulernen. Ihre Erfahrungen verarbeitete sie zu dem dokumentarischen Roman „Eine Frau erlebt den roten Alltag“, der 1932 im Rowohlt Verlag erschien und ihr erster großer Erfolg wurde. Im Jänner 1933 reiste sie nach Berlin. Unter dem Eindruck des heraufziehenden Nationalsozialismus schrieb sie den Roman „Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland“. Das Buch erschien 1934 in Wien und wurde in Österreich verboten. Im selben Jahr reiste Lili Körber nach Japan und China. 1936 veröffentlichte sie ihren satirischen Roman „Sato-San, ein japanischer Held“, eine Parodie auf Hitler. Im März 1938, drei Tage nach dem „Anschluss“ flüchtete sie aus Wien, zunächst in die Schweiz, dann nach Paris. Im Herbst 1938 erhielten sie und ihr Mann Erich Grave eine Aufenthaltsgenehmigung für Lyon. Mit Unterstützung des Emergency Rescue Committees konnten beide über Marseille, Madrid und Lissabon schließlich nach New York gelangen.
Nach einem Job in einer New Yorker Firma für Damenunterwäsche ließ sich Körber schließlich zur Krankenschwester ausbilden. Ihre Versuche, mit englischsprachigen Texten auf den amerikanischen Markt zu kommen, waren nicht sehr erfolgreich. Sie veröffentlichte nur noch gelegentlich Erzählungen, Gedichte und Rezensionen in einigen Zeitungen. Ihr letzter Roman, „Call me nurse“, vermutlich 1959 geschrieben, in dem sie ihre Erfahrungen als amerikanische Krankenschwester verarbeitete, blieb unveröffentlicht. Einsamkeit, Isolation und das Gefühl des Vergessenseins im Exil haben ihr sehr zu schaffen gemacht.
Kursorische Bearbeitung
L.KÖ.I: Foto
Portrait, Kopie
L.KÖ.II: Dokumente:
Zeitungsausschnitte Arbeiter-Zeitung: 3 Buchrezensionen von L.K.s Büchern. Ankündigungen von Veranstaltungen, Lesungen mit L.K.Unterlage über die Mitgliedschaft L.K.s beim „Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“. Korrespondenz mit Oscar Pollak, 1948-1981 (6 Briefe). Korrespondenz mit Viktoria Hertling1979-1980 (2 Briefe). Biographische Unterlagen: Artikel von: Ute Lemke, Brigitte Lichtenberger-Fenz, 6 Beiträge von Viktoria Hertling, darunter eine Bibliographie aller bekannten Publikationen von L.K. Todesanzeige von L.K. im Aufbau, New York, 22.10.1982.
L.KÖ.III: Werk / Veröffentlichungen:
2 Gedichte
Zeitungsausschnitte: Feuilletons und Artikel in der Arbeiter-Zeitung 1927-1958
In der Bibliothek Sammlung Exenberger:
Das soziologische Theater. In: Die Wiener Weltbühne. Wochenschrift für Politik-Kunst-Wirtschaft, 1. Jg., Nr. 10, 1.12.1932, 312-315
Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland. Roman. Verlag der Buchhandlung Richard Lanyi, Wien 1934
Begegnungen im Fernen Osten. Biblos Verlag, Budapest 1936
Eine Jüdin erlebt den Anschluß. Roman. Mit Erläuterungen und einem Nachwort von Viktoria Hertling. (Foto von L.K.) Verlag Christian Brandstätter, Wien – München 1988. Dieser Roman erschien Ende April 1938 unter dem Pseudonym Agnes Muth in der sozialdemokratischen Zeitung Volksrecht in Zürich.
Die Ehe der Ruth Gomertz. Roman. Mit einer Einführung und einem Nachwort von Viktoria Hertling. Gustav Kiepenheuer Verlag, Weipzig und Weimar 1988. Anm.. Dr. Viktoria Hertling, Associate Professor an der University of Nevada-Reno, war die Nachlassverwalterin Lili Körbers
L.KÖ.IV: Literatur / Dokumentation:
Eckart Früh: Lily Körber. Spuren und Überbleibsel. Biobibliographische Blätter aus dem Tagblatt-Archiv. Nr. 6, Selbstverlag, Wien 1997. Geheftete Broschüre >> Bibliothek Sammlung Exenberger
Viktoria Hertling: Sato-San: Ein japanischer Held. Lili Körbers satirischer Roman über den unaufhaltsamen Aufstieg Adolf Hitlers in Österreich. Manuskript, Reno, Nevada (USA) 1990. Der Roman „Sato-san, ein japanischer Held“ von L.K. erschien 1936
IVG. Begegnung mit dem ‚Fremden‘. Grenzen – Traditionen – Vergleiche. Band 6. Die Fremdheit der Literatur. Rezeption. Juridicum. Akten des VIII. internationalen Germanisten-Kongresses. Tokyo 1990.
Viktoria Hertling: Lili Körber. In: Mit der Ziehharmonika. Zeitschrift der Theodor Kramer Gesellschaft, 7. Jg:, Nr 3, September 1990, 3f
Renate Wall: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil.1933-1945, Band 1 Verlag Kore, 1995
Ute Lemke: Lily Körber: Von Moskau nach Wien. Eine österreichische Autorin in den Wirren der Zeit (1915-1938). Carl Böschen Verlag, Siegen 1999
L.KÖ.V: Spurensuche / Korrespondenz Exenberger:
Korrespondenzen mit Viktoria Hertling, Ute Lemke, Sigrid Schmid, Germanistikinstitut Salzburg, Herta Wolf, u.a.: 9 Briefe 1989-1999
Weitere Links
Ich bin da, die neue Zeit. In: Arbeiter-Zeitung. 1.1.1928, 17 (ANNO)
Bei Fragen kontaktieren Sie bitte Alexander Emanuely (emanuely[a]theodorkramer.at)