Dr. David Josef Bach
Kulturpolitiker und Publizist
David Josef (Joseph) Bach ist in Lemberg als Sohn von Eduard Bach und Henriette Bach (geb. Nelken) zur Welt gekommen. Er ist in Wien aufgewachsen, da sein Vater ab 1875 als Hutmacher ein kleines Geschäft im Wien hatte, später arbeitete er als Buchhalter. David, ebenso wie sein älterer Bruder Max konnten das k.k. Staatsgymnasium im 2. Bezirk besuchen. David maturierte mit Auszeichnung. Am Gymnasium gehörte er einem Freundeskreis an, der sich für den Sozialismus interessierte. Die Schüler wussten nicht, dass es auch in Österreich bereits eine sozialistische Bewegung gab und schrieben einen Brief an August Bebel. Dieser machte sie in seiner Antwort auf Victor Adler aufmerksam. Adler empfing die Jugendlichen, gab ihnen den Rat, in der Schule ordentlich zu lernen und versorgte sie mit sozialistischer Lektüre. Der junge David Bach interessierte sich sehr für Musik. Aus seiner Zeit als Schüler datiert seine enge Freundschaft mit Arnold Schönberg.
Bachs Vater starb sehr früh. Trotz schwieriger finanzieller Verhältnisse in der Familie konnte David Bach an der Universität Wien studieren. Er studierte Philologie und Philosophie. Während seines Studiums besuchte er Vorlesungen bei Ernst Mach und Ludwig Boltzmann. Zu seinen Interessensgebieten gehörte auch die experimentelle Psychologie. 1897 promovierte er mit der Dissertation „Das Problem der Außenwelt bei Hume“.
In den folgenden Jahren arbeitete Bach zunächst als freier Journalist und Schriftsteller. Er publizierte u.a. in „Die Zeit“ (Wien), der „Neuen Freien Presse“, Neue Zeit (Stuttgart) und der „Arbeiter-Zeitung“. Er war auch Mitarbeiter des theoretischen Organs der SDAP, Der Kampf. 1904, nach dem Tod von Josef Scheu, dem Musikkritikers der Arbeiter-Zeitung, wurde Bach sein Nachfolger als Redakteur. Bach war der Meinung, dass Musikkritik für Arbeiter ein leeres Wort ist, solange es das Kunstmonopol der Konzerte gab. Er initiierte mit Unterstützung von Viktor Adler die Arbeiter-Symphonie-Konzerte. Am 29.12.1905 fand mit großem Erfolg das erste Arbeiter-Symphonie-Konzert im Wiener Großen Musikvereinssaal statt. Diese Konzerte wurden zu einem Bestandteil des Wiener Musiklebens. Bach setzte sich dabei für die Aufführung von Werken noch unbekannter Musiker wie Gustav Mahler, Alban Berg, Hanns Eisler und Arnold Schönberg ein. Diese Konzerte, in der Zwischenkriegszeit verstärkt gefördert, galten als Aushängeschild des Kulturpolitikers D.B.
1906 heiratete David Bach Gisela Cohn. Im selben Jahr wurde er von Alfred Adler in die Psychologische Mittwochs-Gesellschaft (Vorläufer der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung) eingeführt. Im Sommer 1911 trat er gemeinsam mit Alfred Adler wieder aus der Psychoanalytischen Vereinigung aus.
1918 übernahm Bach die Stelle von Engelbert Pernerstorfer als Feuilleton- und Kunstredakteur in der Arbeiter-Zeitung. Er wurde Leiter der neu geschaffenen „Sozialdemokratischen Kunststelle“, die ArbeiterInnen einen Zugang zu kulturellen Angeboten ermöglichen sollte. Von 1918 bis 1922 gab er gemeinsam mit Julius Bittner die Musikzeitschrift „Der Merker“ heraus. Ab 1926 war er Herausgeber der Monatszeitschrift „Kunst und Volk“.
Ende 1933 schied Bach aus der Redaktion der Arbeiter-Zeitung aus und ging in Pension. Die „Sozialdemokratische Kunststelle“ leitete er noch bis zum 12. Februar 1934. Das letzte Arbeiter-Symphonie-Konzert fand am 11. Februar 1934 statt.
Gemeinsam mit seiner Frau Gisela emigrierte Bach 1939 nach England. Sein älterer Bruder Max lebte bereits länger in London und konnte seine Emigration vorbereiten. David Bach war Präsident der Union österreichischer Journalisten in England. Ab 1940 organisierte er regelmäßig „kulturelle Abende“, Kammerkonzerte im „Austrian Labour Club“. Seine Schwester Eveline (Eva), verh. Schönberg und deren Mann, sowie eine Schwester seiner Frau, Bella Cohn, Klavierpädagogin, kamen in Konzentrationslagern um.
David Bach starb am 30.1.1947 in London.
D.BA.I: Dokumente:
D.BA.I/1: Brief von D.B. in seiner Funktion als Leiter der „Kunststelle“ an die „Genossen“. Zu organisatorischen und finanziellen Problemen der „Kunststelle“. 7.6.1922, 1 Bl., Kopie. Original >> VGA, SD Parteistellen 78
D.BA.I/2: „Dr. David Josef Bach zum 60. Geburtstag.“ In: Zeitschrift Die Zeit, 1. Jg., Nr.5, Anfang Oktober 1934, S.30 [Blatt2]
D.BA.I/3: „Verzeichnis über das Vermögen von Juden nach dem Stand vom 27. April 1938“ des Dr. David Josef Bach, 14.7.1938, 6 Bl., Kopie. Verzeichnis und Bewertung, 1 Bl., Kopie [Blatt2]
D.BA.I/4: „Aktenabschluß“, 23.1.1939, 1 Bl., Kopie
D.BA.I/5: Brief des „Klubs österreichischer Sozialisten in England“ mit der Aufforderung an sozialistische Journalisten, der „Vereinigung österreichischer Journalisten in England“ beizutreten, 20.11.1941, 1 Bl., Kopie >> DÖW London Büro-Korrespondenz 17859/196
D.BA.I/6: Schreiben der „Organisation der österreichischen Journalisten“ in Großbritannien an Mr. Eden wegen Änderung des Organisationsnamens in „ASSOCIATION OF THE AUSTRIAN PRESS“, 3.3.1944, 2 Bl., Kopie >> DÖW 11805
D.BA.I/7: Brief von Julius Deutsch und Franz Rauscher an das London Büro of the Austrian Socialists. Mit der Mitteilung, dass das Präsidium des Parteivorstandes beschlossen hat, D.B. bis auf weiteres eine Unterstützung von 1 Pfund monatlich zu gewähren. 2.4.1946, 1 Bl., Kopie
D.BA.I/8: „Zum Tode Dr. David Bachs.“ In: Welt am Abend, 1.2.1947, kurze Notiz, Kopie
D.BA.I/9: „Dem Andenken D. J. Bachs.“ In: Arbeiter-Zeitung, 2.2.1947, 3 (2 Bl., Kopie)
D.BA.I/10: „Abschied von D. J. Bach.“ In: Arbeiter-Zeitung, 6.2.1947, kurze Notiz, Kopie
D.BA.I/11: Trauerrede von Friedrich Adler auf der Trauerfeier für D.B. im Krematorium Golders Green in London, am 5.2.1947, 3 Bl., Kopie >> DÖW 12859
D.BA.I/12: „David Bach zum Gedenken.“ Zum 10. Todestag von D.B. In: Arbeiter-Zeitung, 30.1.1957
D.BA.I/13: „david josef bach zum gedenken.“ In: „rathaus-korrespondenz“, 28.1.1972, 1 Bl.
D.BA.I/14: „David Bach zum Gedenken.“ In: „Volksbildner Bach“. Zum 100. Geburtstag von D.B. In: Arbeiter-Zeitung, 13.8.1974, 8 (Zeitungsausschnitt)
D.BA.I/15: Henriette Kotlan-Werner: „Sinfonie der Arbeiter.“ Auszug aus dem Buch von Henriette Kotlan-Werner „Kunst und Volk / David Josef Bach“, das 1977 im Europaverlag erschien. In: Arbeiter-Zeitung Journal, Nr.11, 19.3.1977, 2 Bl. [Blatt2]
D.BA.I/16: Alfred Magaziner: David Bach schuf Konzerte für die Arbeiter. In: Rentner und Pensionist, Juni 1977, S.17, Kopie
D.BA.II: Ankündigungen / Veranstaltungen:
D.BA.II/1: „Kunst und Proletariat“. Ankündigung eines Vortrags von D.B. beim „Bund freier Menschen“, Zirkusgasse 5A. In: Arbeiter-Zeitung, 22.1.1933
D.BA.II/2: „Unter dem Ausnahmezustand“. Ankündigung eines Vortrags von J.B. im Bezirksfrauenkomitee Neubau. In: Arbeiter-Zeitung, 21.5.1933
D.BA.II/3: „Unsere Volkshochschulen im Wintersemester“. Fast 500 Abendkurse sind in den 7 Wiener Volkshochschulen für das Wintersemester geplant. Darunter: Dr. D. J. Bach über künstlerische Neuerscheinungen des Theaters und des Films. In: Arbeiter-Zeitung, 24. 9.1933
D.BA.II/4: „Der Arbeiter und die Literatur“. Vortragsabend im Vortragssaal des Holzarbeiterverbandes, Margaretenstraße Nr. 112. Mit D.B., Fritz Brügel, Karl Holoubek, Josef Luitpold, Edgar Zilsel. In: Arbeiter-Zeitung, 14.11.1933
D.BA.II/5: „Arbeiterdichter auf dem Weg zum Faschismus“. (Geplanter) Vortrag von D.B. in der Bezirksorganisation Alsergrund. In: Arbeiter-Zeitung, 10.2.1934, 10
D.BA.III: Werk / Publikationen:
D.BA.III/1: „Das Problem der Außenwelt bei David Hume“. Dissertation 1897, Universität Wien
D.BA.III/2: „Volkstümliche Musikpflege“. In: Der Strom, April 1911
D.BA.III/3: „Der unpopuläre Kraus“. In: Die Fackel, Nr.613, April 1923, S.163-166
D.BA.III/4: „Kunst und Volk. Eine Festausgabe der Kunststelle zur 1000. Theateraufführung.“ Wien 1923
D.BA.III/5: „Arnold Schönberg zum fünfzigsten Geburtstag“. In: Musikblätter des Anbruch VI, Sonderheft, 1924, S.8-9
D.BA.III/6: „Der Kugelmensch. Die Filmfläche: Phantasien und Gedanken“. Verlag Anzengruber, Wien 1938
D.BA.III/7: „40 Jahre Arbeiter-Sinfoniekonzert“. In: Arbeiter-Zeitung, 30.12.1945, 2
D.BA.III/8:„Österreichische Musik beim Londoner Musikfest“. In: Arbeiter-Zeitung, 15.8.1946, 5 (AZ-Archiv)
D.BA.III/9: Bibliographie der Artikel von D.B. in der Arbeiter-Zeitung von 1919-1930, zusammengestellt von Herbert Exenberger, 10 Bl. >> Sammlung Herbert Exenberger
D.BA.IV: Literatur / Quellen:
Isabella Ackerl, Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon. Wien, Ueberreuter 1992
Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien in 5 Bänden. Bd.1, 1992, Bd.2, 1993
Renate Heuer, u.a.: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Archiv Bibliographia Judaica. Bd.1 K. G. Saur, München, London, New York, Paris 1992, S.281-283
Murray G. Hall. Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Böhlau Verlag, Wien . Köln . Weimar 1995
Walter Kleindel, Hans Veigl: „Das“ große Buch der Österreicher. Kremayr & Scherian, Wien 1887
Henriette Kotlan-Werner: Kunst und Volk. David Josef Bach 1874-1947. Materialien zur Arbeiterbewegung Nr. 6, mit einem Vorwort von Hertha Firnberg, Wien 1977 >>> Bibliothek Sammlung Exenberger
Henriette Kotlan-Werner: David Josef Bach. In. Friedrich Stadler (Hg.): Vertriebene Vernunft II. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft. Wien-München 1988
Ursula Kutzer: Von Karl Ausch bis Stefan Wirlander. 34 Biographien österreichischer Journalisten im Exil in GB ab 1933. Diplomarbeit, Wien 1995
Elke Mühlleitner: Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902-1938. Edition diskord, Tübingen 1992, S.29-30
Österreichische Nationalbibliothek (Hg.): Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. Bis 20. Jahrhundert, Bd 1, K.G.Saur, München 2002
Gerhard Scheit und Wilhelm Svoboda: Österreichische Musik im Exil. Exemplarische Studien über die Vertreibung österreichischer Musiker und Musikerinnen. Wien 1993, S.162f.
Bestände im DÖW: Bach, David Josef:
11548/10 Korrespondenz mit Robert Neumann
1011 Organ. F.A.M. in England
7234/5 Mitglied PEN-Club im Ausland
13110 Materialien über D.B.
13161 Mitglied der „Union of Austrian Journalists“ in England
17859 London-Büro Korrespondenz
Im Archiv der Universität Wien: „Curriculum vitae“. Wien 1897
Bei Fragen kontaktieren Sie bitte Alexander Emanuely (emanuely[a]theodorkramer.at)