Laurenz Genner
Kleinbauernsohn aus dem Waldviertel (NÖ). Seit 1917 Lokalreporter bei der AZ unter Anleitung des Redakteurs Dr. Gustav Pollatschek (1873 - 1936), Begründer der "Sozialdemokratischen Korrespondenz". Nach 1918 war L.G. Gemeinderat in Japons (Waldviertel). 1920 Heirat mit Hilda Koch. Mitverfasser (mit Otto Bauer, Ernst Winkler, Adolf Duda, Adolf Schärf) des Agrarprogramms der SDAP 1925. Aufbau von Konsumgenossenschaften und "roten Bauernortsgruppen" im Waldviertel, wo einst Georg (von) Schönerer genossenschaftliche und all-deutsche Ideen zu verbinden gesucht hatte. Versuch einer Überwindung des Zwischenhandels durch direkten Kontakt zwischen Arbeitern und Bauern. 1932-34 Abgeordneter zum Nationalrat, Agrarsprecher der SDAP.
12.2.-13.5. 1934 in Haft. 1934 Trennung von H. Koch (Scheidung 1940). Weist ein Zusammenarbeits-Angebot des von Engelbert Dollfuss eingesetzten Wiener Vizebürgermeisters und Sozialphilosophen Ernst Karl Winter, in dessen "Aktion" mitzuwirken, zurück. Kontakte zur KPÖ, Mitglied erst nach 1938. Jänner 1936 Selbstmordversuch; Verbindung mit der Ärztin und Psychiaterin Tea Erdheim (Heirat nach 1945); zwei Töchter: Maria (* 1941), Ärztin; Claudia Erdheim (* 1945), Schriftstellerin. Aufgrund von Zusammenkünften mit Funktionären der illegalen KPÖ im Sommer 1938 am 17.11. 1938 verhaftet. Inquisitenspital. Am 15.5. 1940 entlassen. Am 17.12. 1940 vom Oberlandesgericht Wien wegen Nichtanzeige eines hochverräterischen Vorhabens zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Zusammenarbeit in einer Widerstandsgruppe mit Hella Postranecky-Altmann, Karl Altmann, Otto Tropper, Doris Brehm; Anleitungen zur Sabotage der Rüstungsindustrie; Verstecken von U-Booten (Juden, Deserteure); Liquidierung von Gestapospitzeln; Herausgabe der Flugschrift "Rote Front" bis September 1942. 1944 neuerliche Verhaftung, Selbstmordversuch, Flucht. Bis 1945 in NÖ bei Bauern versteckt.
1945 stellv. Staatssekretär für Ackerbau und Forstwirtschaft. Ab 1945 Landtagsabgeordneter in NÖ; Landesrat ohne Ressort. Organisierte vermutlich den Vertrieb eines von der KPÖ (Georg Knepler, → W. Verkauf-Verlon) initiierten "Österr. Bauernkalenders" mit Beiträgen u.a. von → Th. Kramer. Veröffentlichungen von Kurzgeschichten in "Österr. Volksstimme" und "Der kleine Landwirt". 1947 Organisator von Landbesetzungen im Marchfeld: Aufteilung von Gütern an Landarbeiter und Bauern. Trat schon 1947 für die Errichtung einer genossenschaftlichen Ölmühle ein, gründete 1948 die "Agrarschule Ernstbrunn" (NÖ) auf einem (der sowjetischen Vermögensverwaltung unterstehenden) USIA-Gut. 1949 Gründung der Genossenschaft Sommerein. 1954 von der KP-Führung abgesetzt. 1951 Scheidung von Th. Erdheim. Heirat mit Dr. Lily Pollatschek (1908 Wien - 1986 Wien), bereits seit 1946 L.G.s Lebensgefährtin, Tochter von G. Pollatschek. Sohn: Michael (* 1951), Schriftsteller, Mitbegründer und Leiter des "Unterstützungskomitees für politisch verfolgte Ausländer". 1957, nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes, Austritt aus der KPÖ. - NL: M. Genner, Wien.
Werke
Der Hacklbub. (Roman.) Wien: Verlag der Wochenschrift "Die Unzufriedene" 1928. 85S.
Neben dem Gleis. (Autobiographische Kurzgeschichten.) Wien: Selbstverlag 1937. 46S.
Der Landdoktor. (Roman.) Wien: Selbstverlag 1937. 47S.
Sekundärliteratur
Handbuch der Nachlässe (1995), 114. Widerstand und Verfolgung in Wien 1934-1945 II, 15f. Briefe von M. Genner an K. Kaiser, 15.12. 1996, 26.1. 1997.
M. Genner: Mein Vater L.G. Ein Sozialist im Dorf. Wien, München, Zürich: Europaverlag 1979. 326S. UB I 1,032.255
Aus: Siglinde Bolbecher/Konstantin Kaiser: Lexikon der Österreichischen Exilliteratur. Wien: Deuticke Verlag 1999, 241