Klara Blum
Österreichisch-chinesische Schriftstellerin
Tochter von Joseph Blum, Großgrundbesitzer in Czernowitz und seiner Frau Cipre, geb. Karner. 1913 ließ sich Klaras Mutter von ihrem um 26 Jahre älteren Mann scheiden und zog mit ihrer Tochter nach Wien. Die beiden lebten in ärmlichen Verhältnissen mit zahlreichen Quartierwechseln. Klara Blum studierte ab 1923 Psychologie, sie besuchte Vorlesungen von Alfred Adler. Vermutlich aus finanziellen Gründen hat sie ihr Studium nicht beendet. Als überzeugte Zionistin folgte sie 1928 ihrem Stiefbruder nach Palästina, sie kehrte allerdings im selben Jahr enttäuscht zurück. Sie wurde Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und engagierte sich vor allem in der Frauenbewegung. 1933 wurde sie Mitglied der „Vereinigung sozialistischer Schriftsteller“ und nahm teil am 1. Autorenabend am 18. Mai 1933, bei dem Textproben von ihr, Franz Trescher, Adolf Unger und Alfred Werner vorgetragen wurden.
Als freie Journalistin schrieb sie u.a. für die Arbeiter-Zeitung. 1934 gewann sie bei einem Preisausschreiben der „Internationalen Vereinigung revolutionärer Schriftsteller“ eine Studienreise in die Sowjetunion. Aus den geplanten zwei Monaten wurde wegen der politischen Situation in Österreich ein Aufenthalt von elf Jahren. Sie war bis 1945 als Lehrerin, Übersetzerin, Redakteurin und Propagandistin der Sowjetarmee tätig. 1935 bekam sie die sowjetische Staatsbürgerschaft. In der Sowjetunion veröffentlichte Blum mehrere Gedichtbände in deutscher Sprache.
In Moskau verliebte sich Klara Blum Ende 1937 leidenschaftlich in den jungen chinesischen Theaterregisseur und Journalisten Zhu Xiangcheng, der wie sie Kind eines reichen Großgrundbesitzers war und in Shanghai zu den führenden Vertretern der linken Theaterbewegung gezählt hatte. Auf Druck seines Vaters war er eine arrangierte Ehe eingegangen. 1931 hatte er seine Frau verlassen und war nach Paris übersiedelt. Von dort, wo er als Student getarnt die Europasektion der chinesischen KP geleitet hatte, gelangte er mit einem Wanderzirkus nach Moskau. Nach drei Monaten, am 18. April 1938 fand die Liebesbeziehung zwischen Klara Blum und Zhu Xiangcheng ein jähes Ende. Zhu Yiangcheng war nach einem letzten Anruf spurlos verschwunden. Blum vermutete, dass ihr Geliebter in einem geheimen Auftrag von der KP nach China abberufen worden war, und sie beschloss, ihm dorthin zu folgen. Tatsächlich war Zhu nach seiner Verhaftung durch die sowjetischen Behörden in ein sibirisches Lager gebracht worden, wo er 1943 starb.
Klara Blum durfte die Sowjetunion erst im Oktober 1945 verlassen. Nach einer Odyssee durch halb Europa erreichte sie im August 1947 gänzlich verarmt Shanghai. Sie glaubte unbeirrbar, dass Zhu noch am Leben sei und ließ sich in China nieder.
1949 wird Klara Blum Professorin an für deutsche Literatur an der Fudan-Universität, später an der Zhongshain-Universität in Guangzhou (Kanton). 1952 nahm sie den chinesischen Namen Zhu Bailan an (der Familienname Zhu war der ihres Geliebten). Wenig später erhielt sie die chinesische Staatsbürgerschaft.
Der Beginn der Kulturrevolution 1966 zerstörte ihre politischen Hoffnungen. Sie geriet wie alle anderen AusländerInnen unter Spionageverdacht und wurde von Kollegen und Studierenden gemieden. Die Erkenntnis, dass sie in China eine Fremde und Außenseiterin geblieben war, nahm ihr jeden Lebenswillen. Sie erkrankte an Krebs, lehnte ärztliche Hilfe ab und starb im Mai 1971.
2008 wurde in Wien-Donaustadt die Klara Blum Gasse nach ihr benannt.
K.Bl.I: Dokumente:
K.BL.I/1: „Mann und Frau in der Partei“. Vortrag K.B. in Hietzing. In: Arbeiter-Zeitung, 26.2.1933
K.Bl.I/2: „Krise der jüdischen Familie“. Vortrag von K.B. in der zionistisch-sozialistischen Arbeiterorganisation Poale Zion-Hitachduth, Wien 2., Blumauergasse. In: Arbeiter-Zeitung, 19.3.1933
K.Bl.I/3: „Der Sozialismus und der Mensch.“ Vortrag von K.B., veranstaltet von der Sozialistischen Jungfront, Josefstadt. In: Arbeiter-Zeitung, 11.5.1933
K.Bl.I/4: „Vortrag“ von K.B. in der Leopoldstadt, 4. Sektion. In: Arbeiter-Zeitung, 14.11.1933
K.B.I/5: „Arbeiterdichterabend“. Mit Lesungen aus eigenen Werken von K.B., Willi Miksch, Karl Schneller und Adolf Unger. Veranstaltung von der Jungfront und den sozialistischen Studenten im Volkshaus Neubau. In: Arbeiter-Zeitung, 7.12.1933
K.Bl.I/6: „Sozialistische Dichtung von heute.“ Besprechung der Veranstaltung vom 7.12.1933. In: Arbeiter-Zeitung, 13.12.1933
K.Bl.II: Werk / Veröffentlichungen:
K.BL.II/1: Paris und Brazzaville. (Gedicht.) Gewidmet Robert Neumann. Manuskript, o.J., 1 Bl., Kopie
K.BL.II/2: Klassenkampf. (Gedicht.) In: Arbeiter-Zeitung 4.12.1931, 7 (ANNO)
K.BL.II/3: Arbeiterbewegung in Palästina. In: Arbeiter-Zeitung, 16.3.1931, 5 (ANNO)
K.BL.II/4: Sozialismus und Persönlichkeit. Zum fünfzehnten Todestag Lily Brauns am 8. August. In: Arbeiter-Zeitung, 10.8.1931, 3 (ANNO)
K.B.II/5: Wassilka, die Bäuerin. In: Arbeiter-Zeitung, 10.9.1931, 7 (ANNO)
K.BL.II/6: Großstadt in der Depression. In: Arbeiter-Zeitung, 22.11.1931, 17 (ANNO)
K.BL.II/7: Ein Arbeiter lernt. (Gedicht.) In: Arbeiter-Zeitung, 1.5.1932, 22 (ANNO)
K.BL.II/8: Es war einmal eine Salondame … Zum hundertsten Todestag Rahel Varnhagens. In: Arbeiter-Zeitung, 5.3.1933, 19 (ANNO)
K.BL.II/9: Klassenkampf. (Gedicht.) In: Sozialdemokrat, Prag, Nr. 101, 29.4.1933
K.BL.II/10: Hausgehilfinnen in Palästina. In: Deutsche Freiheit, Saarbrücken, 1. Jg., Nr. 40, 5.8.1933
K.BL.II/11: Ein Arbeiter lernt. (Gedicht.) In: Bildungsarbeit. 20. Jg., Heft 12, Dezember 1933
K.BL.II/12: Ein Arbeiter lernt. (Gedicht.) In: Internationale Literatur. Zentralorgan der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller. 4. Jg., Nr. 4, 1934
K.BL.II/13: Nacht in der Krim. (Gedicht.) In: Internationale Literatur, Moskau, 6. Jg., Heft 6, 1936
K.BL.II/14: Weingarten im jüdischen Kolchos. (Gedicht.) In: Das Wort, Moskau, Nr. 10, Oktober 1938
K.BL.II/15: Auf jüdischer Erde. Reportage. 69-72. In: Das Wort, Moskau, Nr. 11, November 1938
K.BL.II/16: Wir entscheiden alles. Gedichte. Verlag „Das internationale Buch“, Moskau 1941. Kopie >> Bibliothek Sammlung Exenberger
K.BL.II/17: Donauballaden. Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1942, Kopie
K.BL.II/18: Drittes Meeting der Vertreter des jüdischen Volkes. 75f. In: Internationale Literatur, Moskau, 14. Jg., Heft 6, 1944 [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3]
K.BL.II/19: Porzellan. (Gedicht.) In: Internationale Literatur, Moskau, 14. Jg., Heft 8, 1944 [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3]
K.BL.II/20: Mondmelodie. (Gedicht.) In: Österreichisches Tagebuch, Februar 1949
K.BL.II/21: Czernowitzer Ghetto. (Gedicht.) In: Siglinde Bolbecher: „Vom Kinderblick der Zukunft überstrahlt …“ In: Cécile Cordon, Helmut Kusdat (Hg.): An der Zeiten Ränder: Czernowitz und die Bukowina. Gedichte, Literatur, Verfolgung, Exil. 291f. Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft Wien 2002
K.BL.III: Literatur / Dokumentation:
In der Bibliothek Sammlung Exenberger:
Thomas Lange: Emigration nach China: wie aus Klara Blum Dshu Bailan wurde. Selbstverlag, Wien 1985. Mit dem Hinweis, dass der Text im „Jahrbuch Exilforschung“, Bd. 3, 1986 erscheint. (Edition text und kritik, München)
Zhidong Yang: Klara Blum – Zhu Bailan (1904bis 1971). Leben und Werk einer österreichisch-chinesischen Schriftstellerin. Peter Lang-Verlag, Frankfurt/Main1996
Früh Eckart: Klara Blum (Zhu Bailan). Biographische Notiz, Bibliographie. Spuren und Überbleibsel. Bio-bibliographische Blätter aus dem Tagblatt-Archiv, Nr.8. Selbstverlag, Wien 1997. Geheftete Broschüre
Früh Eckart: Klara Blum (Zhu Bailan). Gedichte, Prosa, journalistische Arbeiten, Buchkritiken. Gratis und franko. Selbstverlag, Wien 1998. Geheftete Broschüre
Früh Eckart: Klara Blum. Die kleine Fliege summt ein großes Lied und andere Beiträge für Das kleine Blatt. Gratis und franko. Selbstverlag, Wien 1999. Geheftete Broschüre
Klara Blum: Mädchen im Büro. Gedicht und Kurzbiographie, S.28f. In: Proletarische Rundschau. Hg. Kommunistische Aktion, Wien, Mai 2001
Siglinde Bolbecher: „Vom Kinderblick der Zukunft überstrahlt …“ In: Cécile Cordon, Helmut Kusdat (Hg.): An der Zeiten Ränder: Czernowitz und die Bukowina. Gedichte, Literatur, Verfolgung, Exil. 295-300. Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft Wien 2002
DÖW: Blum, Klara: 11548/10 Briefe an Robert Neumann während der Emigrationszeit
Weiter Links
Sozialistische Jugendberatung. In: Arbeiter-Zeitung, 22.6.1930, 19 (ANNO)
Der letzte Machtwille des Quartaners Plank. In: Arbeiter-Zeitung, 29.3.1931, 12 (ANNO)
Revolutionierte Pädagogik. In: Arbeiter-Zeitung, 7.12.1931, 3 (ANNO)
Sind die Frauen reaktionär? In: Arbeiter-Zeitung, 5.12.1933, 6 (ANNO)
Bei Fragen kontaktieren Sie bitte Alexander Emanuely (emanuely[a]theodorkramer.at)