Dr. Fritz Brügel
Ps.: Dr. Dubski, Wenzel Sladek, Václav Sládek, F.D. Huegel (Hugel). Exil: 1934 ČSR, 1939 Frankr., 1941 GB.
Vater: Ludwig B., sozialdemokratischer Publizist (verfaßte eine Geschichte der österr. Arbeiterbewegung) und Pressechef der Staatskanzlei nach 1918. - Aufgewachsen in Prag. Geschichtsstudium an der Universität Wien. Dr.phil. 1921 (Dissertation: "Beiträge zur Geschichte der Deutschen in Böhmen"). Leiter der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek der Arbeiterkammer Wien. Beteiligte sich an der Bildungsarbeit der SDAP und gab mit Benedikt Kautsky 1931 den Dokumentationsband "Der deutsche Sozialismus von Ludwig Gall bis Karl Marx" heraus. Verfaßte außerdem "Der Weg der Internationale" (1931). Textautor des Liedes "Die Arbeiter von Wien". Hrsg. (mit Otto Erich Deutsch, → Sch. Marmorek, Leopold Ziegler) der Zeitschrift "Freyung" (Wien) 1930/31. 1933 Proponent der VsS. 1934 Gedichte in der Anthologie "Österr. Lyrik der Gegenwart".
Als Teilnehmer an den Februarkämpfen 1934 wurde F.B. aus Ö. ausgebürgert und flüchtete in die ČSR. Vermutlich in dieser Zeit Übertritt von der SDAP zur KPÖ. Beim XII. Kongreß des Internationalen PEN-Clubs in Edinburgh (17.-21.6. 1934) wurde ein Brief von F.B. über die Zerstörung der geistigen Freiheit in Ö. verlesen. F.B. erhielt in Prag die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft und arbeitete im Außenministerium. Mitarbeiter der AZ (Brünn), der AIZ und tschechischer Blätter. Reise in die SU. (1937 erschien in Moskau F.B.s Schrift "Deutsche Freiheit an der Wolga"). 1938 flüchtete er mit seiner Frau Vera Dubska mit einem auf Bedřich Dubski lautenden tschechoslowakischen Paß nach Paris. Im Dezember 1938 Mitunterzeichner des Gründungsaufrufs der "Liga für das geistige Ö." (LGÖ). F.B. lebte ab 1939 wie → C. Lester und → E.A. Rheinhardt im südfranz. Le Lavandou. Mitarbeit an der Zeitschrift "Nouvelles d'Autriche". Für dieses Engagement (in Gesellschaft von angeblichen Parteigängern des österr. Ständestaates) wurde er von seinen ehemaligen sozialdemokratischen Genossen in ihrer Zeitschrift "Der Sozialistische Kampf" im Jänner 1939 scharf angegriffen. Doch im März 1939 unterzeichnete er dennoch eine von → F. Werfel verfaßte Protestresolution der LGÖ gegen die Besetzung der Resttschechoslowakei durch Hitlerdeutschland. Nach Kriegsbeginn gelangte er über Spanien und Portugal nach GB (Jänner 1941).
In London Tätigkeit für das von Jan Masaryk geleitete Außenministerium der ČSR-Exilregierung. Mitarbeiter der Exilzeitschriften "Zeitspiegel", "Österr. Jugend", "Einheit", "Jugend voran", "Die Zeitung" (in der im Jänner 1941 seine Erzählung "Die letzte Arbeit" erschien) und der Anthologie "Stimmen aus Böhmen" (London 1944). 1945 Rückkehr nach Prag. Ab April 1946 stellvertretender Chef der tschechoslowakischen Militärmission und (im Rang eines Generals der Volksarmee) Geschäftsträger bei der Interalliierten Kontrollkommission für Deutschland in Berlin. Nach der Ermordung J. Masaryks am 10.3. 1948 wurde F.B. nach Prag zurückbeordert und im Mai 1949 zum Leiter der Abteilung Deutschland und Ö. des ČSR-Außenministeriums ernannt. F.B. kehrte von einer Dienstreise nach Berlin nicht nach Prag zurück, trat unter Protest gegen Justizwillkür in der ČSR aus dem diplomatischen Dienst aus. Über die Schweiz kehrte das Ehepaar Brügel 1950 nach London in das engl. Exil zurück. - NL: DLA (Teile); Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien (Sammlung). Unveröffentlicht ist das Manuskript "Der Mensch schlüpft aus seiner Haut" (DLA).
Werke
Führung und Verführung. Antwort an Rudolf Borchardt. (Essay.) Wien, Leipzig: Hess 1931. 35S. ÖNB 586.021-B
Februar-Ballade. (Gedicht.) Prag: Der Kampf 1935. 31S. DÖW 4892 (Neuausgabe: Wien: Vorwärts 1946).
Gedichte aus Europa. Zürich: Der Aufbruch 1937. 92S. (Neuausgabe: Zürich, NY: Oprecht 1945. 92S. DÖW 13.657)
Die Gedichte des Ephistenes. Zürich: Europa 1940.
Verschwörer. (Roman.) Zürich, Konstanz: Europa 1951. 312S. ÖNB 826.942-B (Neuausgabe: Hg. von Jürgen Serke. Wien, Darmstadt: Zsolnay 1988. 352 S. Engl.: London: Gollancz).
Sekundärliteratur
Österreicher im Exil ─ Frankr. 1938-1945, passim. Böhmische Dörfer, 439-441. Killy: Literaturlexikon 2, 257f. Unter fremden Himmeln, 249. Handbuch der Nachlässe (1995), 43.
Aus: Siglinde Bolbecher/Konstantin Kaiser: Lexikon der Österreichischen Exilliteratur. Wien: Deuticke Verlag 1999, 124-125