Der 22. Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil wird 2022 zu gleichen Teilen an Meral Şimşek und Gerhard Oberschlick verliehen
Preisbegründung
Mit Gerhard Oberschlick ehrt die Theodor Kramer Gesellschaft den jedem Konformismus abholden Philosophen, Publizisten und Essayisten, der sich leidenschaftlich und erfolgreich für die Freiheit der Meinungsäußerung in Österreich eingesetzt hat, die von gewissen Herrschaften mit einer Klagsflut erstickt werden sollte. In seinem Leben ist Oberschlick einen weiten Weg gegangen - bis hin zur Freundschaft und dem Engagement für den Exilphilosophen Günther Anders, dessen Philosophie bei aller Strenge gegenüber den von Menschen verursachten Übeln nicht in Zynismus mündet, sondern in unversöhnliche Dissidenz. Mit der Ehrung Oberschlicks als eines Vorkämpfers für Menschenrechte und Demokratie soll auch daran erinnert werden, dass diese schon einmal auf der Kippe stand und einer aktiven Verteidigung bedarf.
Mit Meral Şimşek wird bewusst eine in der Türkei politisch verfolgte Autorin kurdischer Herkunft, die Türkisch schreibt, geehrt, um ihr in ihrer Bedrängnis nach Möglichkeit beizustehen und damit auch einem Aufruf des International P.E.N. zu folgen. Verfasserin eines preisgekrönten lyrischen Werks, dessen Übersetzung vorbereitet wird, rebelliert sie im Gedicht Zeile für Zeile gegen die als schicksalhaft ausgegebenen Mächte, die Unterwerfung einfordern, mobilisiert sie die abrahamitische Überlieferung, die griechische Götterwelt und zoroastrische Mythen für ihren Kampf, als Frau und Angehörige einer unterdrückten Nation ein selbständiges Leben zu führen. Es ist eine Dichtung vielfältiger Kenntnisse, die zugleich das Poetische im Alltag und in den großen Dingen der Natur immer von Neuem entdeckt.
Die 1984 gegründete Theodor Kramer Gesellschaft vergibt seit 2001 alljährlich den mit heuer erstmals 10.000 Euro dotierten Theodor Kramer-Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil. Das Preisgeld wurde im Hinblick auf den 125. Geburtstag Theodor Kramers am 1. Jänner 2022 erhöht.
Die Verleihung findet am Freitag, den 09. September 2022 in Niederhollabrunn statt, in der Hoffnung, dass im Geburtshaus Kramers eine Gedenkstätte für den großen österreichisch-jüdischen Dichter entsteht.
Es werden sowohl die literarische Qualität, als auch die Haltung und das Schicksal der Preisträgerin oder des Preisträgers gewürdigt. Der Preis ist nicht alleine ÖsterreicherInnen und Menschen, die aus Österreich vertrieben wurden, vorbehalten. Auch das Schreiben in deutscher Sprache ist keine Bedingung.
Mit diesem Preis wird in Österreich Literatur gewürdigt, die im Widerstand und im Exil entstanden ist und entsteht. Die Theodor Kramer Gesellschaft will damit zugleich ein Zeichen setzen, dass in Österreich nicht alles in eine Richtung verläuft, dass dies ein Land mit seinem Widerspruch ist und im Widerspruch und Ringen mit sich selbst auch weiterschreitet. In all den Jahren der Zweiten Republik wurden aus Österreich vertriebene Autorinnen und Autoren höchst selten und nur dann mit Preisen bedacht, wenn sie entweder international schon vielfach preisgekrönt waren oder aber ihren Wohnsitz wieder in Österreich aufgeschlagen hatten.
Aktuelle Infos und Termine finden Sie hier=> Theodor Kramer Preis 2022
Meral Şimşek. Foto. (c) Meral Şimşek /=>Pressefoto (1,1 MB)
Gerhard Oberschlick. Foto. (c) Heribert Corn /=>Pressefoto (4,4 MB)