Bernardis-Schmid-Kaserne
Am 27. Jänner 2020 wurde der Hauptsitz des Bundesministeriums für Landesverteidigung, die "Rossauer Kaserne", in "Bernardis-Schmid-Kaserne", bzw. "Amtsgebäude Rossau Bernardis-Schmid" umbenannt. Der neue Name wurde im Andenken an die zwei Widerstandskämpfer Robert Bernardis und Anton Schmid gewählt.
Anton Schmid hat hunderten Juden und Jüdinnen das Leben gerettet und wurde deshalb am 13. April 1942 von den Nazi hingerichtet.
Seinen vorletzten Brief an seine Frau Stefanie schrieb er am 9. April 1942.
Zwei Blatt vergilbten, bräunlichen Papiers, über und über mit Bleistift beschrieben – der vorletzte Brief von Feldwebel Anton Schmid an seine Gattin Stefanie Schmid:
Wilna 9. April 42
Meine liebe Stefi!
Deine beiden Briefe mit dank gestern erhalten. Freut mich, daß Ihr, meine Lieben, gesund und alles bei Euch in Ordnung ist. Ich kann dir heute schon alles oder mein Schicksal, das mich ereilte, mittheilen, aber eines bitte ich dich: bleibe stark, wen du weiter liest. Es ist leider so, bin zum Tode verurteilt von Kriegsgericht in Wilna und dekretirt, was Ich nie gehoft hätte, aber nachdem hier schon eine Menge Kameraden das selbe Urteil hatten, und ich das nicht erleben wollte, um Euch das Urteil zu ersparen, mir aber keine Vorwürfe machen wollte und selbst das Leben aufgeben, damit Ihr oder du vielleicht denken könntest, ich will nicht mehr zu dir und Gertha, so wartete ich, bis es zu spät ist und ich erst nichts retten kann. Es ist eben Krieg und das Gericht macht keine Sache, kurz und bündig. Wirst ja einmal noch viel hören wie bei den Kriegsgerichten verurteilt wird, aber man kann nichts dagegen machen als ein Gnadengesuch, das ich machte, und bis heute mitags wird sichs entscheiden. Glaube aber, daß es abgewisen wird, da bis jetzt alle abgewissen wurden. Aber, meine Lieben, darum Kopf hoch. Ich habe Mich damit abgefunden und das Schicksal wollte es so. Es ist von oben, unsern lieben Gott bestimmt. Daran läßt sich nichts ändern. Ich bin heute so ruhig, daß ich es selber nicht glauben kann, aber unser lieber Gott hatt das so gewollt und mich so stark gemacht. Hoffe, daß er Euch eben so stark machte wie mich. Will Dir noch mittheilen, wie das Ganze kam. Hier waren sehr viele Juden, die von litauischen Militär zusammen getrieben auf einer Wiese auserhalb der Stadt erschossen wurden. Immer so 2-3000 Menschen. Die Kinder haben sie auf den Wege gleich an die Bäume angeschlagen usw. kannst Dir ja denken. Ich mußte, was Ich nicht wollte, die Versprengtenstelle übernehmen, wo 140 Juden arbeiteten. Ddie baten mich, ich soll sie von hier wegbringen oder einen Fahrer mit Wagen sagen. Da lies ich mich übereden. Du weißt ja, wie Mir ist mit meinen weichen Herz. Ich konnte nicht denken, und half ihnen was schlecht war von Gerichtswegen.
Glaube dir, meine liebe Stefi u. Gertha, das es ein harter schlag ist für uns, aber bitte, bitte verzeiht mir. Ich habe nur als Mensch gehandelt und wollte ja niemanden weh thun.
Wen Ihr, meine Lieben, das Schreiben in Euren händen habt, dann bin ich nicht mehr auf Erden. Werde Euch auch nichts mehr schreiben können, aber eines seid Ihr sicher, daß wir uns einstens Wiedersehen in einer besseren Welt bei unseren lieben Gott. Habe noch einen Brief geschrieben, von 1-4 aber schon früher. Den habe ich das Bild von Gertha beigelegt. Das wirst ja auch bekommen. Dieses gebe Ich den Pfarer. In meiner Stube sind 6 Mann von 17-23 Jahren die dasselbe Los haben. Wegen Fahnenflucht und Feigheit v. Feinde alles wird so verurtheilt. Auch Juden sind Feinde, es ist eben so. Gestern sind 10 Mann zum Tode Verurteilte gekommen. Lauter ältere Kamerade, einer mit 4 Kindern. Es wird keine Rücksicht genommen. Das kennt man nicht. Wo das noch hin führt, weiß niemand. Ihr werdet hoffentlich das Glück haben und noch recht gute Zeiten erleben. Ich wünsche Dir und Gertha alles und ein recht langes Leben und viel Glück auf dieser Welt. Nun, meine Lieben, lebt recht wohl und bleibet stark und Gesund. Alles wird wieder gut werden für Euch, und ich bin gut auf gehoben bei Gott, das könnt Ihr glauben. Noch viele viele letzte Grüsße u. Küsse.
Dein dich nie vergessender Toni.
Bitte Wort halten und keinen was Sagen bin gestorben †.
Ein Briefumschlag ist nicht erhalten.
Aus: Manfred Wieninger: Die Banalität des Guten. Feldwebel Anton Schmid. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2014, S. 147