Robert Ehrenzweig
Robert Lucas
Exil: 1934 GB.
Vater: Sigmund Ehrenzweig (Kaufmann). Mutter: Emma, geb. Robinsohn. - Verheiratet mit Ida L.; Sohn: David. - 1922-27 Studium Chemie und Physik Technische Hochschule und Universität Wien. Dr.phil. 1927. Mitarbeiter der sozialistischen Bildungszentrale, Leiter und Autor des "Politischen Kabaretts" 1928-34, das der Sozialdemokratie nahestand, gemeinsam mit Viktor Grünbaum (→ V.D. Gruen), → J. Soyfer, → K. Bittmann, Ludwig Wagner. 1929 SDAP-Mitglied. 1930-34 Redakteur "Das Kleine Blatt". 1931 Verfasser von "Das große Festspiel" für die Eröffnung der Arbeiter-Olympiade im Wiener Stadion. 1932-33 Redakteur der Zeitschrift "Politische Bühne".
April 1934 Flucht nach London, Korrespondent für NFP. 1938-67 Mitarbeiter des German Service der BBC in London, zunächst als Übersetzer (Chamberlain-Rede, September 1938) und Sprecher deutschsprachiger Sendungen, später Redakteur und "Chief Scriptwriter". Ab Weihnachten 1940 bis 1945 Autor der satirischen BBC-Sendung "Die Briefe des Gefreiten Hirnschal", die im Deutschen Reich gehört wurden (obwohl die Verordnung vom 1. September 1939 das Abhören von ausländischen Sendern verbot und "SchwarzhörerInnen" zu Tausenden verurteilt wurden). Vorbild der Hirnschal-Figur war Jaroslav Hašeks braver Soldat Schwejk und die schon in Wien beim "Politischen Kabarett" entwickelte Hirnschal-Figur. In seiner Einfalt demaskiert Hirnschal die Lügen der nationalsozialistischen Kriegspropaganda, gerade indem er Führer und Reich uneingeschränktes Vertrauen zu schenken vorgibt. Verfasser einer engl. Dramatisierung von Leo Tolstois "Krieg und Frieden" (beruhend auf Vorarbeiten von Erwin Piscator und Alfred Neumann), U: Phoenix Theatre, London, August 1943 (R: Julius Gellner; Bühnenbild: Hein Heckroth; mit Frederick Valk, Peter Illing, Henry Oskar). R.L. schrieb eine Biographie Frieda von Richthofens und war nach dem Krieg Mitarbeiter von "Die Zeit" (Hamburg). - NL: David L., London.
Werke
Der 15. März. Novelle. 1933.
Teure Amalia, vielgeliebtes Weib! Die Briefe des Gefreiten Adolf Hirnschal an seine Frau in Zwieselsdorf. Satire. Zürich, Wien, NY: Europa-Verlag 1947. 188 S. ÖNB 598.114-B, DÖW 2698 (Tschechisch: Nakladatelske Druzstvo Nová Osveta 1948. Ungarisch: Budapest: Hirlap 1948. Deutsche Neuausgabe mit einem Nachwort von Uwe Naumann: Frankfurt: Fischer TB 1984. 197 S. [Verboten und verbrannt/Exil] DÖW 12.995 Neuausgabe: Die Briefe des Gefreiten Hirnschal. BBC-Radio-Satiren 1940-1945. Hg. und mit einem Nachwort versehen von U. Naumann. Im Anhang Texte aus dem "Politischen Kabarett", literarische Texte und Feuilletons von 1928-1933 sowie ein Essay von R.L. erstveröffentlicht. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1994. 272 S. [Antifaschistische Literatur und Exilliteratur - Studien und Texte 11]).
Sekundärliteratur
Handbuch der deutschsprachigen Emigration I, 463. Budzinski: Kabarett, 160.
F. Scheu: Humor als Waffe. Wien u.a. 1977, passim.
U. Naumann: Zwischen Tränen und Gelächter. Köln 1983, 154-168.
Ders.: Der brave Soldat Hirnschal, Möglichkeiten und Grenzen satirischer Faschismuskritik. In: Zwischenwelt 1, 199-212.
K. Kaiser: Die Karrieren des Kleinen Mannes. Hirnschal, Seicherl, Schwejk und Bockerer im Zweiten Weltkrieg. In: Mitteilungen des IWK 1-2/1985, 7-14.
Ders.: Zur Ideologie des "kleinen Mannes" in der österr. antifaschistischen Satire. In: Wespennest, Heft 56 (1984), 38-42.
Aus: Siglinde Bolbecher/Konstantin Kaiser: Lexikon der Österreichischen Exilliteratur. Wien: Deuticke Verlag 1999, 459-460