Dr. Anton Pariser
Anton Pariser war der Sohn von Alexander Pariser, Inhaber eines Geschäftes für Küchengeräte, und dessen Frau Karoline, geb. Schidlof. Die Familie lebte im 1. Wiener Gemeindebezirk, Wipplingerstraße 20.
Anton erwarb sein juristisches Doktorat an der Universität Wien und wurde Bankbeamter, schließlich Vorstandsstellvertreter im kommerziellen Sekretariat der Länderbank. Er heiratete Josefine Blankenberg (geb. am 13. Dezember 1897), mit der er im 13. Wiener Gemeindebezirk, Linzerstraße 442 lebte. Am 22. April 1927 wurde ihre Tochter Magdalena (Lene) geboren. In seinem Wohnbezirk engagierte er sich in der Bildungs- und Kulturabeit und befreundete sich mit dem Rechtsanwalt Heinrich Steinitz, der ebenfalls in der sozialdemokratischen Bildungsarbeit tätig war.
Anton Pariser trat hauptsächlich als Übersetzer französischer Lyrik hervor. Im Oktober 1929 las er, laut Neuem Wiener Tagblatt vom 18.10.1929, „vor einem erfreuten Publikum“ seine noch unveröffentlichte Übersetzung der 24 Sonette von Louise Labé vor. Zwei Jahre später erschienen diese Nachdichtungen im Verlag Heitz & Cie in Straßburg.
Am 22. April 1932 trat Pariser aus der israelitischen Kultusgemeinde aus. Er engagierte sich in der sozialdemokratischen Unterrichtsorganisation Hietzing, wo er Referate hielt. So z.B. 1933 über das Thema „Deutschland und wir“. Im selben Jahr leitete er die Fortbildungskurse „Grundlagen des marxistischen Denkens“ und „Französisch für Anfänger“. In der am 22. Jänner 1933 gegründeten „Vereinigung sozialistischer Schriftsteller“ bekleidete Pariser die Funktion eines Kassiers. Am 9. November 1933 fand im Saal der Union der Bühnenarbeiter in Wien, Königseggasse 10 ein Diskussionsabend der Vereinigung zum Thema „Original-Übersetzung-Nachdichtung“ statt, bei der Anton Pariser und der Lyriker Ernst Waldinger Vorträge hielten.
Im April, Mai und November 1938 waren er und seine Frau mehrere Wochen in „Schutzhaft“, die Familie verlor ihre Wohnung und musste in die Jordangasse 9 im 1. Bezirk übersiedeln. Im August 1938 verlor Pariser seine Position bei der Länderbank. Im Zuge der „Judenaktion“ am 10.11.1938 „beschlagnahmten“ die Nazis 800 Reichsmark von Pariser.
Im Jänner 1939 flüchtete die Familie nach Frankreich. Dort wurde Pariser mit anderen österreichischen Emigranten als „feindlicher Ausländer“, von September bis Dezember 1939 in den Lagern Stade de Colombes (Seine) und Meslay du Maine (Mayenne), und von Mai 1940 bis Jänner 1941 neuerlich, in mehreren Lagern bis hin zum berüchtigten Lager Gurs interniert. Am 23. Dezember 1940 starb seine Frau Josefine, deren Lungenkrankheit mit den Strapazen von Flucht und Emigration wieder akut geworden war. Sozialistische Exilorganisationen bemühten sich um das Schicksal ihrer Genoss/innen in den Internierungslagern. Das Ehepaar Buttinger, vor allem Muriel Gardiner Buttinger bemühte sich um Affidavits für Anton Pariser und seine Tochter Magdalena. Allerdings vergeblich. Pariser, seine Tochter und seine Schwägerin Hedwig Blankenberg lebten ab dem 15. August 1942 bis zum 20. August 1944 versteckt in einer Hütte in einem Weinberg in Montauban, angewiesen auf die Solidarität und Hilfe von französichen Antifaschisten. Unter dem Namen seiner Tochter versuchte Pariser Kontakt mit der Außenwelt aufrechtzuerhalten, so etwa mit der ältesten Tochter seines Freundes Steinitz, die sich zu dieser Zeit bereits in Genf in Sicherheit befand.
Im August 1944, nach der Befreiung Frankreichs, kümmerte er sich in seinem Exilland um die versprengten österreichischen Flüchtlinge. Er war in der „Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich“ tätig, ab 1951 deren Leiter und Sekretär des Verbandes der Österreicher in Frankreich.
1946 fand er Arbeit in einer Bank, in seinen letzten Lebensjahren war er im österreichischen Kulturinstitut in Paris tätig. Seine Leidenschaft galt nach wie vor der Lyrik und seinen von hohen literarischen Ansprüchen getragenen Übersetzungen. 1961 erschien schließlich sein Buch „Die Frühzeit der französischen Lyrik.Gedichte aus fünf Jahrhunderten“ im Berglandverlag, Wien. Ein von ihm ausgewählter und übersetzter Lyrikband. „Diese Übersetzungen aus dem Französischen gehören zu den besten, die überhaupt bis jetzt vorliegen“ (Alfred Döblin).
Anton Pariser starb am 22. Jänner 1965 in Paris. Seine Tochter Lene, die eine erfolgreiche Karriere als Medizinerin in Genf gemacht hatte, die jedoch die tragischen Umstände ihrer Jugend nie hatte überwinden können, beging kurz nach dem Tod ihres Vaters Selbstmord.
A.PA.I: Fotos:
A.PA.I/1: von links: Madeleine Pariser, Tochter von A.P., Roger Lunet, Anton Pariser. Ostern 1953 vor dem Schloss von Chambord, Frankreich. Aufnahme: Edith Lunet, geb. Kramer
A.PA.I/2: von links: Anton Pariser, Madeleine Pariser, Roger Lunet. Ostern 1953 vor dem Schloss von Chambord
A.PA.II/: Dokumente:
A.PA.II/1: Ankündigung der „Vorlesung“ der „ungedruckten Uebertragung der Sonette der Louise Labé“ von A.P. In: Neues Wiener Tagblatt, 18.10.1929, S 8, Kopie
A.PA.II/2: Helene Scheu-Riesz: „Literarische Notizen.“ Besprechung der „Sonette der Luise Labè. Lyon 1555“. Eingeleitet und übersetzt von A.P.. Verlag Heiz & Cie, Leipzig, Straßburg, Zürich 1931. In: Neue Freie Presse, 15.8.1931, S 28
A.PA.II/3: Käthe Braun-Prager: „Lyrik.“ Besprechung der Sonette der Louise Labè. In: Neues Wiener Abendblatt, 14.10.1932
A.PA.II/4: Verzeichnis über das Vermögen von Juden nach dem Stand vom 27.4.1938 des Dr. Anton Pariser. Nr. 29284. 26.7.1938, 4 Bl., Kopie
A.PA.II/5: Brief von A.P. an die „Vermögensverkehrstelle Wien“. 6.12.1938. Mit Angaben über Veränderungen „im Stand meines Vermögens seit dem 27. April 1938“.
A.PA.II/6: Vermögensbekenntnis von A.P., Nr. 29284, 12.12.1938, 1 Bl., Kopie
A.PA.II/7: Brief von Joseph Buttinger an einen Freund in Norwegen, New York, 10.1.1940. Mit der Nachricht, dass u.a. A.P. wegen Krankheit aus dem Lager entlassen worden ist. 1 Bl., Kopie >> DÖW:16145/56
A.PA.II/8: Brief von Muriel Morris Buttinger (USA) an Eliot Coulter, „Visa Division, Department of State, Washington“, 7.2.1941. Im Zusammenhang mit ihren Bemühungen um Emergy Visa für einige in Frankreich, u.a. A.P., und einen in der Schweiz lebenden Emmigraten. 1 Bl., Kopie der A.P. betreffenden Seite. Original (9 Bl.) >> DÖW: Buttinger Material 18 882/10
A.PA.II/9: Liste der Mitglieder Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich 26.1.1942, 1 Bl., Kopie. >> DÖW: Buttinger Material 18 882/15
A.PA.II/10: Protokoll der Zusammenkunft der Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich am 22.2.1945 in Paris, 1 Bl., Kopie. >> DÖW: 17 859/257
A.PA.II/11: Bulletin Nr. 7. Bericht über die zweite Jahreskonferenz der Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich am 18. und 19. Oktober 1946. 4. Bl., Kopie
A.PA.II/12: Bulletin Nr. 8/9: Bericht über die Veranstaltungen der Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich in Paris, u.a., Jänner bis März 1947, 2 Bl. [Blatt2] [Blatt3]
A.PA.II/13: Bulletin Nr. 10: „Abschied von Otto Bauer.“ Bericht zur Feier anlässlich der Überführung der Asche Otto Bauers nach Wien. Bericht über die dritte Jahreskonferenz der Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich. März 1948, 4 Bl.
A.PA.II/14: Die Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich im Jahre 1951. 2. Bl., Kopie
A.PA.II/15: Korrespondenz der Gruppe der österreichischen Sozialisten in Frankreich mit dem Zentralsekretariat der SPÖ, 1945-1962
A.PA.II/16: Anzeige der Eheschließung von Madeleine Pariser mit Ernest S. Lobe, 5.7.1957, Karte
A.PA.II/17: Einladung des Centre Culturel Autrichien zu einem Leseabend mit A.P.: „Die Frühzeit der französischen Lyrik in Übertragungen“ am 8.2.1957. Karte
A.PA.II/18: Unterlagen (Kopien) zu A.P.s Ansuchens um Entschädigung für seine Inhaftierung in französischen Lagern von Sept. 1939 – Jan. 1941 und Leben als U-Boot in Lafrancaise (Montauban) vom 15.8.1942-20.8.1944: Ansuchen, persönliche Dokumente, Korrespondenz mit der Magistratsabteilung 12, Opferfürsorge (1.9.1962-29.4.1963), eidesstattliche Erklärungen, die seine Angaben bestätigen, von Hugo Price, Maurice Brousset, Gerhard Dreier, Elisabeth Steinitz, Edith Aron, u.a.. Der Bescheid, ihm eine Entschädigung zu gewähren, erging am 10.7.1963.
A.PA.II/19: „Anton Paiser gestorben.“ In: Arbeiter-Zeitung, 28.1.1965, S 8
A.PA.II/20: Kurze Mitteilung auf einer Visitenkarte von Madeleine Pariser, dass ihr Vater gestorben ist, 29.1.1965, Kopie
A.PA.II/21: Elisabeth Steinitz: Kurzbiographie von A.P. mit dem Hinweis, dass seine Tochter kurz nach seinem Tod Selbstmord begangen hat. 6.9.1982, 1 Bl. [Blatt2]
A.PA.III: Korrespondenz:
A.PA.III/1: Helene (= A.P.) an Elisabeth Steinitz, 1.11.1943. In französicher Sprache, h.s.. Übersetzung des Briefes ins Deutsche von Elisabeth Steinitz mit der Anmerkung, dass der mit dem Vornamen seiner Tochter gezeichnete Brief von A.P. selbst stammte. [Blatt2] [Blatt3]
A.PA.III/2: Madeleine Pariser an Edith Lunet (geb. Kramer), 8.8.1957 in der Übersetzung aus dem Französischen von Christa Scheuer. Beigefügt: Brief von Edith Lunet an Christa Scheuer, 22.11.2002. In der Übersetzung aus dem Französischen von Christa Scheuer. Mit Erinnerungen an A.P.
A.PA.III/3: Briefwechsel A.P. mit Theodor Kramer, August 1957 bis Februar 1958. 6 Briefe, Kopien (>> Originale: Nachlass Theodor Kramer) [Blatt2] [Blatt3] [Blatt4] [Blatt5] [Blatt6] [Blatt7]
A.PA.III/4: Briefwechsel A.P. mit Prof. Erwin Chvojka (Nachlassverwalter von Theodor Kramer), Oktober 1961 bis Dezember 1963. 9 Briefe, Kopien [Blatt2] (( letzter Brief von A.P.!))
A.PA.IV: Werk /Veröffentlichungen:
Gedichte, Manuskripte:
A.PA.IV/1: Lieber Frühling komm doch wieder. Hs, o.J.
A.PA.IV/2: Meslay du Main, im Camp. Hs.
APA.IV/3: Rückseite: Die wir lungern, die wir lauern. Hs, um 1940
A.PA.IV/4: Für Lene. Hs, um 1940
A.PA.IV/5: An Lene. Hernach. Emigrantensizilianen. (Unterwegs vom Lager Les Milles ins Lager Gurs.) Für Lene. Judenlied aus Montauban. Ms, o.J.
Anm.: Diese Gedichte (A.PA.IV/1 -5) wurden 2013 von Annie Weich an die Theodor Kramer Gesellschaft übermittelt, die diese wiederum von Georg Jungwirth aus Israel bekommen hatte.
Übersetzungen, Manuskripte, ms:
A.PA.IV/6: Francois Villon: Ballade von den Frauen aus alter Zeit
A.PA.IV/7: Francois Villon: Epotaph in Form einer Ballade, die er für sich und seine Kumpane schrieb, als er gewärtig war, mit ihnen aufgehängt zu weren.
A.PA.IV/8: Francois Villon: Ballade, die er für seine Mutter als Gebet an Unsere Liebe Frau schrieb.
A.PA.IV/9: Christine de Pisan: Ballade. Du Bellay: Das hundertdreizehnte Sonett L’Olive.
A.PA.IV/10: Du Bellay: Das siebente Sonett aus „Les Antiqutez de Rome“. Du Bellay: das einunddreissigste Sonett aus „Le Regrets“
A.PA.IV/11: Du Bellay: Das neunte Sonett aus „Les Regrets“. Du Bellay: Weihgabe eines Getreideschwingers an die Winde
A.PA.IV/12: Ronsard: Epilog zu einem Schauspiel
A.PA.IV/13: Ronsard: Sonett (1569). Ronsard: Auf Mariens Tod
A.PA.IV/14: Ronsard: Sonett, auf dem Totenbett entstanden. Ronsard: Aus dem zweiten Buche der „Sonette für Helene“
A.PA.IV/15: Ronsard: An Cassandra. D’Aubergnè: Abendgebet
A.PA.IV/16: Mathurin Règnier: Sonett
A.PA.IV/17: Clèment Marot: der hundertdreissigste Psalm
A.PA.IV/18: Charles d’Orléans: Ballade. Clément Marot: Vom Ja und Nein
A.PA.IV/19: Charles d’Orléan: Roneau. Chancon. Clément Marot: Achtzeiler
A.PA.IV/20: Rainer Maria Rilke: Einsamkeit. Gedicht. Aus dem französischen Original übertragen von Anton Pariser. In: das silberboot. Zeitschrift für Literatur. Hg. von Ernst Schönwiese. II. Jg., Heft 9, Weihnachten 1946, Kopie
A.PA.IV/21: Die Frühzeit der französischen Lyrik. Gedichte aus fünf Jahrhunderten im Originaltext und in deutscher Sprache. Ausgewählt und übertragen von Anton Pariser. Berglandverlag, Wien 1961. Kopie des Nachwortes.
A.PA.IV/22: Der Arbeiter von heute. In: Die Zukunft. Sozialistische Monatsschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur. Heft 2, Februar 1962, 2. Bl., Kopie
Sonette der Louise Labè. Lyon 1555. Eingeleitet und übersetzt von Anton Pariser. Verlag Heitz & Cie, Leipzig, Straßburg, Zürich 1931
A.PA.V: Spurensuche / Korrespondenz von Herbert Exenberger:
Korrespondenz mit Walter Fischer, Paris, der mit Anton Pariser befreundet war, über die französische Emigration. 1991-1998
Korrespondenz mit Paul Pasteur, Universitè de Rouen, Centre d’Recherches Autrichiennes, 2002
Korrepondenz mit Christa Scheuer, 2003
Korrespondenz mit Hanna Papanek, Harvard University, USA, 1996
A.PA.VI: Quellen / Literatur / Dokumentation:
Herbert Exenberger: Dr. Anton Pariser – der sozialdemokratischen Kultur- und Bildungsarbeit verpflichtet. Manuskript, 7 Bl.
Hanna Papanek: Elly und Alexander. Revolution, Rotes Berlin, Flucht, Exil. Eine sozialistische Familiengeschichte. Übersetzt von Joachim Helfer und Hannah C. Wettig. Mit einem Vorwort von Peter Lösche. Vorwärts-Buch Verlagsgesellschaft, Berlin 2006. A.P. und seine Tochter Madeleine werden mehrmals erwähnt. >> Kopie des entsprechenden Abschnitts (S 119-282)
Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft. Hg. Österreichische Nationalbibliothek. Redaktion: Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe. Bd. 2, Verlag K.G.Saur, München 2002
UE-HIST - Übung zum Praxisfeld Historische Kommunikationsforschung „Antifaschistische PublizistInnen der Ersten Republik: die Vereinigung Sozialistischer Schriftsteller“
Bei Fragen kontaktieren Sie bitte Alexander Emanuely (emanuely[a]theodorkramer.at)