Wir erhielten die traurige Nachricht, dass am 27. September 2025 Georg Stefan Troller gestorben ist.
Adieu Georg! Danke für alles!
Georg Stefan Troller im gutruf, am 26. September 2009. Foto: Fenn Troller
Georg Stefan Troller
Emigranten wider Willen
Meinen Eltern und mir gelang es, auf zwei der letzten Schiffe, die im Sommer 1941 Europa verließen, nach Amerika zu entkommen. Inzwischen sind viele Jahrzehnte vorüber. Es vergeht aber kaum ein Tag, an dem ich nicht auf die damaligen Vorgänge verwiesen werde – an dem ich nicht jäh begreife, daß manche plötzlichen Aufwallungen, Erregungszustände auf sie zurückzuführen sind. Man emigriert eben auf Lebenszeit. Alfred Polgar hat auch hier auf seine subtile Weise das Nötige in wenigen Zeilen gesagt:
„Abel, wenn er vor den Mordabsichten seines Bruders Kain geflohen wäre, hätte als Emigrant bittere Unannehmlichkeiten zu erdulden gehabt. Er wäre sein Leben lang in der Welt herumgelaufen mit dem Abel-Zeichen auf der Stirn.“
Georg Stefan Troller
Das Leben – Ein Drehbuch
Wir sind ja nicht ausgewandert, sondern vertrieben worden. Wir sind nicht eingewandert, weil wir woanders ein neues Leben beginnen wollten, sondern um unsere Haut zu retten. Und auch die wenigen von uns, die zurückkehrten, sind nicht wirklich heimgekehrt, denn das gibt es nicht. Was mich betrifft, so lebe ich uneingepflanzt in Paris mit amerikanischem Paß, rede mit meiner Frau auf deutsch (sie schwenkt zunehmend auf einer internationale Melange über), mit meiner älteren Tochter englisch, mit meiner jüngeren französisch, schreibe auf deutsch und manchmal auf Wienerisch...aber wenn ich nach Wien zu Besuch komme, kann ich mich nicht aufraffen, es auch zu sprechen. Ich bin zu dem wurzellosen Kosmopoliten geworden, als die man uns seinerzeit verrufen hat, wie wir es noch längst nicht waren. Denn wir haben uns ja unserm Land verbunden gefühlt, inniger als die „Patrioten“, die das als Weltanschauung in Sprechchören proklamierten.
Felix Mitterer
Laudatio für Georg Stefan Troller
Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil 2005
Das alles hat Georg Stefan Troller überwunden, hinter sich gelassen. Gewiss nicht ohne Wunden, ohne Narben, die bleiben immer, wie könnte es anders sein, nach all dem Schrecken, nach all den Verlusten, nach all dem, was ihm und seiner Familie angetan wurde. Aber sein Hunger nach Leben war größer. Auch sein Hunger nach Liebe war größer. Und da er Liebe gab, von Mensch zu Mensch, von Mann zu Frau, in all seinen Werken, kam sie auch zu ihm zurück.
Zur Laudatio: Zwischenwelt 1-2/2005 /// Archiv
Ruth Beckermann
WOHIN UND ZURÜCK: Anmerkungen zur Filmtrilogie und ihrem Regisseur
Während sich linke Autoren in den 70er Jahren mit der Geschichte des 20.Jahrhunderts aus der Sicht der Arbeiter und Bauern beschäftigten, was zum Beispiel in der Fernsehserie "Alpensaga", in welcher übrigens auch antisemitische Vorurteile nicht fehlten, seinen Ausdruck fand, war Axel Corti wohl der ideale Regisseur, um das seine persönlichen Erlebnisse reflektierende Drehbuch Georg Stefan Trollers "Wohin und Zurück" für das Fernsehen umzusetzen. So unterschiedlich ihre Biografien, so sind doch beide - Corti wie Troller - vor allem Humanisten und Europäer. Der in Paris geborene, zum Teil in Tirol und der Schweiz sozialisierte großbürgerliche Individualist Axel Corti traf in Georg Stefan Troller sein Pendant. Auch er ein Europäer, ein Jude, der aus Wien hinausgeworfen worden war, wie Corti einen Teil des Krieges in Frankreich verbracht hatte und in die USA emigrieren konnte. Einer, der sich bereits kurz nach Kriegsende enttäuscht von diesem neuen im alten Antisemitismus und im alten Selbstmitleid verkommenen Österreich abwandte, welches Corti, der seit Kriegsende in Österreich lebte und arbeitete, durch alle Parteien und Schichten hindurch witterte und verachtete.
Martin Krist
Georg Stefan Trollers Filmdrehbuch "Wohin und zurück" und seine Autobiographie "Selbstbeschreibung"
Will man etwas über das Wien der Zwischenkriegszeit und den latenten Antisemitismus seiner BewohnerInnen, die Emigration der Wiener JüdInnen, das Leben in der Emigration und die Situation in Wien während der versuchten Rückkehr nach 1945 wissen, muss man Georg Stefan Trollers „selbstbeschreibung“ lesen oder die davor entstandene Filmtrilogie „Wohin und zurück“ von Axel Corti und Georg Stefan Troller sehen.
Zum Artikel: Zwischenwelt 3-4/2009 /// Archiv
Arthur Rimbaud
Gedichte
Aus dem Französischen von Georg Stefan Troller
Vor vier Jahren in der Zwischenwelt unter "Neue Texte" veröffentlicht.
Ewigkeit
Sie ist wiedergekehrt.
Was? Die Ewigkeit.
Es ist das Meer
Von der Sonne gefreit.
Wir flüstern uns zu,
Du Seele auf Wacht,
Vom brennenden Tag
Und der nichtigen Nacht.
Von Menschenwahl,
Von gemeinsamem Tun,
Machst du dich los:
Und fliegst davon...
Da von dir allein,
Samtene Glut,
Dampft auf die Pflicht,
Kein: Nun ist es gut.