Theodor Kramer Gesellschaft

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Siglinde Bolbecher und Konstantin Kaiser
Chronik des Exils
Großbritannien

Diese Chronologie wurde von Siglinde Bolbecher und Konstantin Kaiser aufgrund eigener Vorarbeiten zusammengestellt. Die Artikel über "Das Laterndl", "Kleine Bühne" und die BBC beruhen auf einem Manuskript von J.M. Ritchie. Theatergruppen, Zeitschriften und Organisationen sind chronologisch nach ihrem Auftreten, Erscheinen und Gründungsdatum zugeordnet.
Die Chronologie bezieht Aktivitäten der tschechoslowakischen und deutschen Exilgruppe mit ein, wenn sich dadurch auch Exilierten aus Österreich ein Betätigungsfeld eröffnete. Die Chronologie ist unvollständig im Hinblick auf Ereignisse, die für die exilierten bildenden Künstler und Musiker wichtig waren (wie z.B. die Wanderausstellung "Allied Arts Exhibition") und auf Initiativen, die von britischer Seite gesetzt wurden. Vor allem aber ist die Chronologie unvollständig im Hinblick auf kulturelle Aktivitäten außerhalb Londons, die in der 'Provinz' oft unter viel schwierigeren Bedingungen als in der Metropole in Gang kamen (wie z.B. eine von Young Austria im Juni 1942 in Glasgow veranstaltete Ausstellung künstlerischer Arbeiten von Interbrigadisten im Scottish Centre).

12.-15. Februar 1934: Niederschlagung des Aufstandes gegen die austrofaschistische Diktatur in Österreich. Etwa 2.000 Angehörige des "Republikanischen Schutzbundes" (bewaffnete Organisation der Sozialdemokraten) und Mitglieder der Parteiführung der SDAPÖ (Sozialdemokratische Arbeiter-Partei Österreichs) und der KPÖ fliehen überwiegend in die Tschechoslowakei. Nur einzelne österreichische Schriftsteller und Künstler emigrieren vor 1938 nach Großbritannien, unter ihnen Robert Ehrenzweig (Lucas), Paul Frischauer, Robert Neumann, Hilde Spiel, Berthold Viertel, Stefan Zweig.

17.-21. Juni 1934: XII. Kongress des Internationalen PEN-Clubs in Edinburgh. Verlesung eines Briefes von Fritz Brügel über die Zerstörung der geistigen Freiheit in Österreich.

11.-13. März 1938: Okkupation Österreichs durch Hitlerdeutschland. Beginn der Massenemigration aus Österreich, verstärkt noch nach dem am 8.-9. November inszenierten Judenpogrom ("Reichskristallnacht").

5. April 1938: Rede Paul Frischauers im englischen PEN-Club: Aufforderung, dem österreichischen PEN-Club Asyl zu gewähren und einen Unterstützungsfonds für emigrierte österreichische Schriftsteller zu gründen. In der Folge werden durch Spenden in kurzer Zeit £ 1.000 für den "Austrian Writers Fund" aufgebracht.

Dezember 1938: Freier Deutscher Kulturbund in Großbritannien (FDKB). Im Haus des Malers Fred Uhlmann (im Londoner Stadtteil Hampstead) konstituiert sich, initiiert durch die in Großbritannien halblegal arbeitende KPD-Gruppe, der FDKB. Präsident ist bis 1941 Alfred Kerr, danach Oskar Kokoschka. Im Präsidium: Heinrich und Thomas Mann, Stefan Zweig und Berthold Viertel (die ihre Funktion 1939 mit ihrer Weiteremigration in die USA zurücklegen). Im Kuratorium finden sich die Namen bekannter britischer Persönlichkeiten: J.B. Priestley, Wickham Steed, Sybil Thorndike, Beatrix Lehmann, der Bischof von Chichester. Der FDKB ist als Club organisiert und zählt bald über 1.000 Mitglieder. SPD-Mitgliedern (die SPD-Gruppe in Großbritannien umfaßt etwas 150 Personen) ist die Mitgliedschaft untersagt.
Programmatische Ziele sind die Erhaltung der "freien deutschen Kultur", die Verständigung mit dem englischen Volk, die Solidarität mit "allen demokratischen, freiheitlichen und fortgeschrittenen Bestrebungen", die Interessensvertretung der Flüchtlinge. Fünf Sektionen werden gebildet: Literatur, Theater, Musik, Malerei, Wissenschaft.
Dem Lehrkörper einer im FDKB tätigen Schauspielschule gehören u.a. Karl Wollf, Frederick Valk, Josef Almas, Heinz W. Litten, Erich Neubürger an.
15. Mai 1939: "Schaffende Emigration" – erste öffentliche Veranstaltung des FDKB; die Szene "Der Spitzel" aus "Furcht und Elend des Dritten Reiches" von Bertolt Brecht wird unter der Regie von Heinrich Fischer (der die von Berthold Viertel vor seiner Abreise in die USA begonnene Einstudierung zu Ende führt) von Elsbeth Warnholtz und Paul Demel aufgeführt).
Dezember 1939: Mit Unterstützung der anglikanischen Staatskirche wird ein Klubhaus in Hampstead, Upper Park Road 36a, bezogen, mit Bibliothek (6.000 Bände), Lesesaal, Kaffeestube, Restaurant, Veranstaltungsräumen.
4. Dezember 1939 - Jänner 1945: Die Monatszeitschrift Freie Deutsche Kultur. Mitteilungsblatt des Freien Deutschen Kulturbundes in England. Monthly News and Diary of the Free German League of Culture in Great Britain (ursprünglich "FDKB-Nachrichten") erscheint.
Zudem erscheinen 1942-45 in einer Schriftenreihe des FDKB u.a. die Anthologien "Verbannte und Verbrannte" (Mai 1942), "Unser ist der Morgen" (August 1942).
Juli 1942 Eröffnung der Freien Deutschen Hochschule (Ehrenpräsident: Albert Einstein).
Mit der Gründung der Freien Deutschen Bewegung in Großbritannien im September 1943 wird der FDKB zu deren Kulturorganisation mit starker Orientierung auf einen "Beitrag zu einer neuen freien deutschen Kulturentwicklung in einem vom Hitlerfaschismus befreiten Deutschland". In Reaktion darauf sondern sich Hans Flesch-Brunningen, Monty Jacobs u.a. im Club '43 ab (ca. 200 Mitglieder), der eine "Vereinigung des Geistes gegen allen Ungeist" werden soll.
1946 wird der FDKB übergeführt in einen Heinrich Heine Club – Association for the Encouragement of Cultural Progreß in Germany (aufgelöst 1947).

Jänner 1939: Austrian PEN. Der Austrian PEN. beginnt im Jänner 1939 nach außen sichtbar zu arbeiten (Aufrufe in Exilzeitschriften). Ab 1942 wird auch der Name Free Austrian PEN. verwendet.
Initiator: Robert Neumann, der vom Generalsekretär des International PEN. mit dem Aufbau der österreichischen Gruppe beauftragt worden ist. Gegen eine Aufnahme der österreichischen Schriftsteller in den deutschen Exil-PEN. (gegründet 1934) sprachen sich dessen Sekretär, Rudolf Olden, und mit ihm der Präsident, Heinrich Mann, aus. Anschrift identisch mit dem englischen PEN: Aldine House, New Oxford Street, London, W.C.l.
Ehrenpräsident: Sigmund Freud. Präsident: Franz Werfel. Geschäftsführender Präsident: R. Neumann.
Februar 1942: Der Austrian PEN tritt dem FAM bei.
30. Oktober 1942: Bei der Generalversammlung im Austrian Centre werden in den Vorstand gewählt: Franz Werfel, Hermann Broch, Berthold Viertel, Robert Neumann, Elias Canetti, Joe Lederer, Georg Mannheimer, Theodor Kramer, David Josef Bach, Prof. Ernst Buschbeck, Arthur Koestler. Sekretär: Walter Hollitscher.
Weitere Mitglieder waren u.a.: Raoul Auerheimer, Béla Balázs, Felix Braun, Fritz Brügel, Franz Theodor Csokor, Hans Flesch-Brunningen, Albert Fuchs, Arnold Hauser, Karl Mannheim, Robert Musil, Otto Neurath, Hertha Pauli, Stefan Pollatschek, Eva Priester, Willi Reich, Joseph Roth, Leon Schalit, Moritz Scheyer, Josef Luitpold Stern, Friedrich Torberg, Ludwig Ullmann, Berta Zuckerkandl-Szeps, Hermynia Zur Mühlen, Stefan Zweig. (Insgesamt etwa 90 Mitglieder in zahlreichen Exilländern).
In der Lyrikanthologie "Zwischen gestern und morgen" (London 1942) sind vor allem Mitglieder des Austrian PEN vertreten.

14.-15. März 1939: Deutscher Einmarsch in die Resttschechoslowakei. Bereits im September 1938 wurde das "British Committee for Refuges from Czechoslovakia" (ab Juli 1940 "Czech Refugee Trust Fund") gegründet. Viele Flüchtlinge (475 Österreicher), die in der Tschechoslowakei Asyl gefunden hatten, können nach Großbritannien weiterflüchten. U.a. kommen Paul Anton Roubiczek, Joseph Kalmer, Fritz Brügel, Ernst Sommer, Paul Reimann, Rudolf Fuchs, Hermynia Zur Mühlen nach London.

15. März 1939: Young Austria. Offiziell gegründet einen Tag vor der offiziellen Eröffnung des Austrian Centre als Jugendorganisation des Austrian Centre. Anfang 1942 zählt sie 750 Mitglieder in 21 Gruppen in Großbritannien und in Internment Camps in Kanada und Australien.
Diese Jugendorganisation publizierte mehrere Zeitschriften. Die Österreichische Jugend. Zeitschrift der österreichischen Jugend in England erscheint vom Mai 1939 bis Heft 17/1946 (24. August 1946), zuerst monatlich, dann vierzehntägig. Der Titel und der Untertitel werden im Laufe der Jahre mehrmals geändert. Ab Mitte Juli 1941 heißt die Zeitschrift Young Austria. Periodical of the Austrian Youth Organisation in Great Britain, ab 21. Oktober 1944 Jung-Österreich, und ab dem 30. Juni 1946 trägt sie den Untertitel Zeitschrift der österreichischen Jugend im Ausland. In ihr werden auch Gedichte und kurze Prosatexte veröffentlicht, u.a. von Ernst Fabri, Jura Soyfer, J.L. Stern, Erich Fried, Fritz Brügel, Eva Priester, F.C. Weiskopf, Willy Verkauf, Hans Schmeier, Arthur West, Eva Aschner, Paul Husserl. Es ist in etwa der Kreis jener AutorInnen, die in der 1943 in London erscheinenden Anthologie Mut. Gedichte junger Österreicher vertreten sind.
Die Zeitschrift Jugend Voran erscheint kurzlebig von Februar bis Mai 1940 mit dem Untertitel The Independent Periodical of the Austrian Youth in Great Britain und ab Oktober 1942 neu mit dem Untertitel Zeitschrift der österreichischen Weltjugendbewegung. London – New York vermutlich vierteljährlich bis Anfang 1945.
Um 1943 erscheint auch eine Schriftenreihe "Jugend Voran", u.a. mit Auszügen aus Egon Erwin Kischs "Marktplatz der Sensationen".
Ab April 1941 erscheinen, publiziert von der "Kulturkommission" des "Jungen Österreich", Kulturblätter, so mit dem Thema "Unser Nachbar die Tschechoslowakei" (mit Beiträgen von Jenö Kostmann, Rudolf Popper u.a.).
Die Austrian Youth Players, Spielgruppe des "Young Austria in Great Britain", treten erstmals im Dezember 1941 mit der Revue "Return Ticket Vienna-London" auf. Weitere Programme: "Charlie Chaplin in Austria. A Comedy playlet", "Einen Jux will er sich machen" von Johann Nestroy, "Der Verschwender" von Ferdinand Raimund, "From the Danube to the Thames. A Revue", "Humour is a Weapon Too. A Revue", "Vineta. A dramatic play by Jura Soyfer" in der Übersetzung von John Lehmann; "The Proposal. An one act comedy by Tshekov".
Die Laienspielgruppe tritt vor allem vor englischen Jugendlichen auf und spielt meist in englischer Sprache.
"Young Austrian" rief zu einer Sammlung auf, um die Werke des im Februar 1939 im KZ Buchenwald gestorbenen Lyrikers und Dramatikers Jura Soyfer herausgeben zu können. Das Buch erschien allerdings erst 1947 in Wien, hg. von Otto Taussig.
15. Mai 1942: Erstmasl tritt ein Chor des Jungen Österreich unter Leitung von Erwin Weiss auf.
August 1942: Kulturkonferenz des Young Austria (Hauptreferent: Jenö Kostmann) mit ca. 100 Teilnehmern. Ihr folgt eine International Youth Conference im September 1943 in Southampton.
1943/44 erscheint ein interner "Rundbrief" für Funktionäre (Redaktion: Herbert Steiner).

16. März 1939: Austrian Centre offiziell eröffnet. Trägerorganisation: Association of Austrians in Great Britain, deren Vorstand Paul Knepler, Oskar Kokoschka, Anna Mahler u.a. angehören. Ehrenpräsident (bis zu seinem Ableben): Sigmund Freud; dann bis Mai 1940 Sir George Franckenstein; danach Walter Schiff. Die kulturelle Aufgabe des Austrian Centre wird darin gesehen, einerseits "das Beste aus dem Kulturleben der Heimat in ein neues Österreich hinüberzuretten", andererseits "das kulturelle Leben ... [des] Gastlandes kennen- und verstehen zu lernen".
Bereits im September 1938 ist der Council of Austrians in Great Britain als überparteiliche Interessensvertretung der Exilierten gegründet worden und parallel dazu die Austrian Self Aid, die sich vor allem um Einreisegenehmigungen bemüht.
Adresse: London, 129 Westbourne Terrace. (Später, nach dem Stadtteil, Club Paddington genannt). Als englischer Club geführt; Zutritt ist formell an Clubmitgliedschaft gebunden. Gesamtzahl der Personen, die bis Kriegsende einmal Klubmitglieder waren oder sind: 7.200 (maximale Schätzung). Nach einem Bericht Georg Kneplers hat das Austrian Centre 1944 3.500 Mitglieder, 70 Angestellte und einen Jahresumsatz von £ 46.000.
Im Haus sind untergebracht: Restaurant, Veranstaltungsräume, Austrian Self Aid, Redaktion der Austrian News bzw. des Zeitspiegel... Zu dem ersten Clubhaus kommen in London mit der Zeit weitere hinzu: Austrian Youth House, 132 Westbourne Terrace; Club Swiss Cottage, 69 Eton Avenue, N.W.3 (Spielort Laterndl); Club Richmond, Oddfellows Memorial Hall, Parkshot.
In loser Verbindung steht der British Austrian Club, 9 Eaton Place, S.W.I.
Im Austrian Centre treffen sich auch Berufsvereinigungen und Projektgruppen wie: Fachgruppe österreichischer bildender Künstler, Association of Austrian Nurses, Association oft Austrian Scientific Workers, Jüdische Arbeitsgemeinschaft für den Kriegseinsatz.
Free Austrian Books kann als Verlag des Austrian Centre angesehen werden; vom Austrian Centre getragene Publikationen erscheinen aber auch unter den Titeln Free Austrian PEN (z.B. ein Gedichtband Theodor Kramers 1943), Verlag "Jugend voran".
Im September 1942 wird eine Reproduktion eines Gemäldes von Oskar Kokoschka "Anschluß" ("Alice im Wunderland") vertrieben.
Neben zwei Gedichtanthologien ("Zwischen gestern und morgen", "Mut. Gedichte junger Österreicher") erscheint 1944 die Broschürenreihe Berühmte Österreicher. Eine Schriftenreihe. Zusammengestellt vom Verlag "Jugend voran" mit Beiträgen Ernst Fischer über Franz Grillparzer, Georg Porges über Marlborough und Prinz Eugen.
Weitere AutorInnen: Hermynia zur Mühlen, Erich Fried, Isidor Grünberg, Albert Fuchs, Eva Priester, Hermann Ullrich, Raoul Auernheimer, Paul Frischauer, Paul Reimann u.a.
Insgesamt fehlt der verlegerischen Tätigkeit des Austrian Centre Konsequenz und Kontinuität. Wichtige Projekte (so das Protokoll der I. Österreichischen Kulturkonferenz) werden nicht realisiert.

28. März 1939: Einmarsch der Truppen General Francos in Madrid. In weiterer Folge kommt eine kleinere Gruppe von spanischen Republikanern und Interbrigadisten nach Großbritannien, unter ihnen z.B. Leopold Spira, Ilsa und Arturo Barea.

3. April 1939: Protestresolution gegen die deutsche Besetzung der Tschechoslowakei. Verfaßt von Franz Werfel, wird sie von Fritz Brügel, Gina Kraus, Alfred Polgar, Emil Alphons Reinhardt, Joseph Roth unterzeichnet. Für die "englische Gruppe" der im September 1938 in Paris gegründeten "Liga für das geistige Österreich" zeichnet Berthold Viertel.

24. Mai 1939: "Ewiges Österreich". Veranstaltung des Austrian Circle for Arts and Science in der Armitage Hall, London. Mit Peter Ihle, Fritz Schrecker, Martin Miller, Lili Hammerschlag, Richard Duschinsky u.a. – Berufsschauspieler, die aus der satirisch-kritischen Kabarettszene in Wien bekannt waren, sollten führende Rollen in den weiteren Programmen des Laterndl spielen.

21. Juli - 3. August 1939: Die Gruppe 4 & 20 Black Sheeps (eine Anspielung auf das englische Kinderlied "Four and Twenty Black Birds"; 'Schwarze Schafe' sind nicht 24, sondern 40 Theaterleute im Exil, die dem britischen Publikum mit Songs und Szenen in englischer Sprache klarmachen wollen, warum sie ihre Heimat verlassen haben) spielt täglich im Arts Theatre, 6-7 Great Newport Street, London, ihre 1. Revue: Going, Going – Gong! (Anspielung auf die Worte bei einer Versteigerung: "Going, going, gone!") 23 Songs und Sketches. Texte von Bertolt Brecht, Walter Mehring, Joachim Ringelnatz; neue Texte von Heinrich Fischer, Fritz Gottfurcht, John Heartfield, Anna Maria Jokl, Egon Larsen, Willi Wolpe-Wooping. Mitwirkend: Annemarie Hase, Charlotte Küter, Mowgli Sussmann, Li Norden, Erich Freund, Paul Lewitt u.a. Regie: Willi Wolpe-Wooping und Heinrich Fischer. Musik: Fiedrich Holländer; neue Musik: E.H. Meyer, Fred Manfeld. Bühnenbild: Erich Stern, John Heartfield, Abarbanell. Die Revue, in der Heartfield seine Montage "Hurra, die Butter ist alle" in Szene setzt, wird auch von der britischen Presse begeistert aufgenommen; fast 5.000 Besucher. - Aus dieser Gruppe geht die Kleine Bühne hervor.

März 1940: Gründung der Kleinen Bühne im Clubhaus des FDKB. Auch "Nudelbrett" (Spielfläche 6 x 2m insgesamt, Zuschauerplätze 80) genannt. Künstlerischer Leiter: Erich Freund, Regisseur: Dr. Heinz Litten, Berater: Dr. Karl Wollf, Gerhard Hinze, Sekretär: Siegfried Zimmering. Sie fungierten als Organisatoren der Theateraufführungen, die, da fast ausschließlich im "Klub" gespielt wurde, der Zensur nicht unterlagen. Wegen der Kleinheit der Bühne wurden kaum Theaterstücke gespielt. Stattdessen hielt man sich an das für englische Verhältnisse fast unbekannte Genre des kulturpolitischen Kabaretts. Erst im erweiterten Raum wurde 1943-45 Theaterstücke ins Repertoire aufgenommen.
Mai 1940: Eröffnung mit JM Barrie's Einaktern, Der Dreihundert-Schilling-Blick und Mein lieber Sohn. Regie: Josef Almas. Bühnenbild: John Heartfield. Mitwirkende: Annemarie Hase, Lilly Kann, Hanne Norbert, Josef Almas. Bühnenbearbeitung: Fritz Gottfurcht.
Noch im Mai auch ein Kinderstück von Anna Maria Jokl aufgeführt: Where do you come from?
17. Mai - 7. Juli 1940 – dreimal wöchentlich 2. Revue. Was bringt die Zeitung? – What's in the News? 10 Songs, 12 Sketches. Mit Texten von Rudolf Anders, Bertolt Brecht, Frank Wedekind und dem Einakter von Jan Petersen, "Die Kriminellen". Mitwirkende: Agnes Bernelle, Annemarie Hase, Erich Freund, Egon Larsen u.a. Regie: F. Gottfurcht und Annemarie Hase. Musik: Allan Gray, E.H. Meyer, H. Eisler. Bühnenbild: Günther Wagner und Abarbanell.
Ab 22. Dezember 1940: Gefängnisszene aus Musik von Frank Wedekind und Szene aus Lysistrata von Aristophanes, Mitwirkende: Agnes Bernelle, Isabe Dieck, Gisa Liedtke, Betty Loewen, Lilli Rohne. Regie: Arnold Marlé. Bühnenbild: Kurt Lade.
Ab 2. März 1941: Das heiss' Eisen, Spiel in einem Akt von Hans Sachs. Mitwirkende: Gisa Liedtke, Jenny Werner, Gerhard Kempinski. – Der Heiratsantrag. Ein Scherz in einem Akt von Tschechow. Mitwirkende: Lilli Rohne, Gerhard Kempinski, Omri Marlé. Regie: Arnold Marlé. Bühnenbild: Kurt Lade.
Ab 25. Mai 1941: Szenen aus Ein Sommernachtstraum, Der Kaufmann von Venedig, Was ihr wollt? von W. Shakespeare. Bühnenbearbeitung: Monty Jacobs. Mitwirkende: Diana Barry, Gerda Koeppler, Edith List, Lilli Rohne, Oskar Edelsbacher, Gerhard Kempinski, Kurt Lade, Arnold Marlé, Omri Marlé, Milo Sperber, Rolf Thoel. Regie: Arnold Marlé. Bühnenbild: Kurt Lade. Musik: André Asriel.
Ab 8. November 1941: Brecht-Einakter: Rechtsfindung 1934. Mitwirkende: Erich Freund, Alexander Kardan, Paul Lewitt, Wilhelm Nickel, Erwin Weinberg. – Die Gewehre der Frau Carrar. Mitwirkende: Charlotte Küter, Gisa Liedtke, Hedda Yppen, André Asriel, Erich Freund, Alexander Kardan, Paul Lewitt, Omri Marlé, Erwin Weinberg. Regie: Arnold Marlé. Bühnenbild: Samson Schames. (Rez.: Monty Jacobs, "Bert Brechts Einakter", in Die Zeitung, London, Jg. 1, H. 208, 10.11.1941, S. 3).
Die Internierung, der Bombenwinter 1940-41, Kriegsarbeit u.s.w. erzwangen eine Theaterpause bis zum Januar 1942.
30. Januar - 22. März 1942, fünfmal wöchentlich: 3. Revue: In den Sternen steht's geschrieben – What the Stars Fortell, 10 Songs, 6 Sketches. Texte von Fritz Gottfurcht und Egon Larsen. Mitwirkende: Agnes Bernelle, Annemarie Hase, Erich Freund, Paul Lewitt, Eddie Regon u.a. Musik: Allan Gray. Regie: Annemarie Hase (Songs), Paul Lewitt (Szenen). Bühnenbild: Günther Wagner. (Rez.: Eva Priester, "In den Sternen steht's geschrieben", Zeitspiegel, London, 7. Februar 1942).
4. Revue: Die Bäume schlagen aus oder Ewig Dein. Pfingstrevue. Ein Traum von Mai und Liebe, hochdramatisch. Für geistig Hochstehende ungeeignet. Unverantwortlich zusammengestellt von John Heartfield, Max Zimmering und Erich Freund. Mitwirkende: Agnes Bernelle, Li Nolden, Erich Freund, John Heartfield. Regie: Erich Freund. Musik und am Flügel: Paul Lichtenstein.
10. April - 10. Mai 1942, fünfmal wöchentlich: 5. Revue: In Hampstead Heath ist Holzauktion – Hampstead wants to see you, 8 Songs, 6 Sketches. Texte von Fritz Gottfurcht und Egon Larsen, mit Beiträgen von Joseph Plaut, Fritz Brügel u.a. Mitwirkende: Annemarie Hase, Mowgli Sussmann, Erich Freund u.a. Musik: Allan Gray und Mischa Spoliansky. Regie: Annemarie Hase (Songs), Fritz Gottfurcht (Szenen). Bühnenbild: Günther Wagner. Gastspiel im Austrian Centre, September 1942. (Rez.: Eva Priester, "In Hampstead Heath ist Holzauktion", Zeitspiegel, London, 18. April 1942; Monty Jacobs, "Berliner Revue, Freier Deutscher Kulturbund", Die Zeitung, London, 17. April 1942).
28. November 1942 - 27. März 1943, vier- bis fünfmal wöchentlich: 6. Revue: Mr. Gulliver goes to School, Sondervorstellung für den PEN-Club im März 1943, Gastspiele im Austrian Centre im Februar 1943, Gastspiele im Blue Danube Club im Juli 1943, während die Kleine Bühne sich im Umbau befand; Provinztournee u.a. nach Leicester April 1943, Guildford März 1943. Revue von Fritz Gottfurcht und Egon Larse mit Songs von Rolf Anders und Max Zimmering. Mitwirkende: Agnes Bernelle, Annemarie Hase, Mowgli Sussmann, Charlotte Küter, Paul Hardtmuth u.a.m. Regie: Annemarie Hase (Songs), Paul Hardtmuth (Szenen). Musik: Allan Gray. Bühnenbild: Günther Wagner. (Rez.: Monty Jacobs, "Mr. Gulliver goes to School", Die Zeitung, London, 4. Dezember 1942; Rudolf Popper, "Von Gulliver zu 'Toni'", Einheit, London, 19. Dezember 1942). Die Revue lief neun Monate und wurde "von mehr Zuschauern gesehen als jedes andere Theaterprogramm der Emigranten im britischen Exil, schon bis Ende März hatten 3000 Leute sie besucht". (Clarke, S. 268).
10. Juli 1943: Der Umbau des Theatersaals der Kleinen Bühne wird mit einer Ansprache von Oskar Kokoschka gefeiert. Die Bühne wird an das gegenüberliegende Ende des Saales verlegt und in der Tiefe vergrößert und mit einem modernen Beleuchtungsapparat versehen; das Theater faßt nun 110 Personen.
25. Dezember 1943 - 12. März 1944, zwei- bis viermal wöchentlich, 7. Revue: My Goodness – My Alibi (Anspielung auf den Reklame-Slogan "My Goodness, my Guiness"!). Revue von Egon Larsen und Richard Wiener. Verse von Erich Freund, Fritz Gottfurcht, Egon Larsen, Erich Weinert. Gesamtleitung und Produktion: Erich Freund. Mitwirkende: Annemarie Hase, Erich Freund u.a. Regie: H.W. Litten (Szenen), Annemarie Hase (Songs). Musik: E.H. Meyer und Harry Ralton. Bühnenbild: Günther Wagner.
2. April 1944: Sonderveranstaltung im Theater der Universität des East End, Toynbee Hall, J.W. Goethes Iphigenie auf Tauris. Mitwirkende: Hjördis Roubiczek, Erich Heller, Hugo Schuster, Josef Stein. Regie: Erich Neubürger. Bühnenbild: Elisabeth Gee.
8. April - Ende Juli 1944: Amphitryon. Ein Lustspiel nach Molière von Kleist. Regie: H.W. Litten. Bühnenbild und Ausstattung: Leo Bieber. Mitwirkende: Li Nolden, Valerie Victor, Josef Almas, Leo Bieber, Erich Freund, Rolf Friedrichs, Gustav Philipp, Ewald Renk. (Rez.: Monty Jacobs, "Amphitryon. Zur Aufführung auf der Kleinen Bühne des FDKB", Freie Deutsche Kultur, London, April 1944; Oskar Kokoschka, Brief an Litten zum Amphitryon, Freie Deutsche Kultur, London, Juni 1944).
Dezember 1944: They came to a City (Sie kamen in eine Stadt) von J.B. Priestley; deutsche Fassung von Dr. Lutz Weltmann. Mitwirkende: Liselotte Kristian, Charlotte Küter, Betty Loewen, Harriet Marlind, Li Nolden, Max Baum, Leo Bieber, Erich Freund, Hugo Schuster. Regie: Heinz Wolfgang Litten. Bühnenbild: Leo Bieber. (Rez.: Als ein "Evangelium der Hoffnung" bezeichnet es der Übersetzer. Lutz Weltmann, "They came to a City", Freie Deutsche Kultur, London, Oktober 1944).
31. März - Mai 1945: Die Hose, ein bürgerliches Lustspiel von Carl Sternheim. Mitwirkende: Mowgli Sussmann, Li Nolden, Max Baum, Leo Bieber, Erich Freund, Gerald Wolff. Regie: Heinz Wolfgang Litten. Bühnenbild: Leo Bieber.
Sylvester 1945: Menagerie, drei Grotesken von Curt Goetz, und zwar: Die Taube in der Hand (Mitwirkende: Mowgli Sussmann, Li Nolden, Erich Freund, Michael Rittermann); Der Hund im Hirn (Mitwirkende: Li Nolden, Leo Bieber, Paul Hardtmuth, Michael Rittermann); Minna Magdalena (Mitwirkende: Annemarie Hase, Mowgli Sussmann, Erich Freund, Paul Hardtmuth). Regie: Heinz Wolfgang Litten. Bühnebild: Leo Bieber.
März 1946: Bunbury (The Importance of Being Earnest). Eine triviale Komödie für ernsthafte Leute in drei Akten von Oscar Wilde. Mitwirkende: Annemarie Hase, Liselotte Kristian, Erna Lorenz, Mowgli Sussmann, Max Baum, Erich Freund, Gerhard Kempinski, Rolf Friedrichs, Erwin Jacoby. Regie: Heinz Wolfgang Litten. Bühnenbild: Leo Bieber. Nach dieser Aufführung löste sich das Berufsschauspieler-Ensemble der Kleinen Bühne auf.

21. Juni 1939: Das Laterndl wird gegründet. Bereits im März 1939 hatten die Schauspieler Fritz Schrecker (ehemals Neue Wiener Bühne), Franz Hartl/Bönsch (Piscatorbühne, Berlin) und Franz Schulz (Regisseur am Josefstädter Theater, Wien) der Leitung des Austrian Centre den Vorschlag gemacht, eine österreichische Exilbühne in London zu gründen. Die Anregung wurde vom Austrian Centre sehr positiv aufgenommen. Der österreichische PEN-Club übernahm die Patronanz über das Theater, dem der Name Das Laterndl gegeben wurde. Franz Hartl (Bönsch) berichtet, daß die Grundsatzerklärung keinerlei Schwierigkeiten bereitet habe, da der einigende Faktor der Kampf gegen Hitler gewesen sei. Das Laterndl stellt sich folgende Aufgaben: "... am Kampf für ein unabhängiges und freies Österreich teilzunehmen; der österreichischen Literatur – und besonders der dramatischen – eine bescheidene Heimstätte zu schaffen; den tausenden Emigranten Glauben und Hoffnung in die Gegenwart und Zukunft zu geben". Um der Zensur des Lord Chamberlain's Office zu entgehen, wählten viele englische Theater die Organisationsform des "Clubs". So auch das Laterndl.
Sekretär: Albert Fuchs. Das Austrian Centre stellte dem Theater in seinem ersten Haus zwei große Zimmer zur Verfügung. Mit dem Durchbruch einer Wand wurde ein Zuschauerraum für 60 bis 70 Personen geschaffen. Die Bühne hatte eine Größe von 5 x 3 Meter. Die Bedeutung des Namens hängt laut Erna Wipplinger mit der Funktion und den Aufgaben zusammen, die sich dieses Theater gestellt hatte: Licht in diesen dunklen Tagen zu spenden. Die Truppe hofft, die für Wiener Kleinkunstbühnen bekannte Art der Unterhaltungskunst, die auf Witz und Satire Wert legt, in London einzuführen.
27. Juni 1939: Erste Theatervorstellung. Insgesamt werden in den nächsten Jahren 38 Programme geboten, die, da zwischen den Aufführungen von Stücken und Revuen immer wieder Lesungen, Vorträge, musikalische Darbietungen u.s.w. eigeschoben wurden, hier nicht vollständig aufgezählt werden können. Die Programme haben jeweils eine Laufzeit von mehreren Wochen oder sogar Monaten. Der Eröffnung am 27. Juni geht die Veranstaltung Ewiges Österreich in der Londoner Armitage Hall am 24. Mai voraus.
1. Programm, ab 27. Juni 1939. Revue Unterwegs (On the Road). 6 Sketches und 3 Lieder. Regie: Martin Miller. Mitwirkende in der Szene "Bow Street" von Rudolf Spitz: Martin Miller, Marianne Waller, Franz Hartl, Jaro Klüger. (Rez.: The Times, 28.6.1939: "Die größtenteils in deutscher Sprache gebotenen, meist politischen Sketches haben einen Anstrich von Bitternis des Exils. Die anspruchsvollste Szene spielt in einem englischen Registrierungsbüro (Bow Street), wo der Ewige Revolutionär, das Ewig-Weibliche und der Ewige Jude vor dem Richter Menschenverstand, dem General Vorurteil und der Frau Barmherzigkeit stehen".) Anwesend bei der Premiere waren H.G. Wells, J.B. Priestley, Stefan Zweig und Robert Neumann. Unterwegs wurde 60 mal vor vollem Haus gespielt.
Aufgrund einer Verfügung der britischen Regierung müssen nach Kriegsbeginn alle Theater- und Kinounternehmen schließen, so auch das Laterndl. Diese erste Pause dauert drei Monate. Nachdem das Kleine Haus in Westbourne Terrace von der Stadtgemeinde (L.C.C) geschlossen wird, mietet Das Laterndl ein ehemaliges Konzertstudio in Hampstead. Laut Prospekt:
The Lantern
Das Laterndl
Wiener Kleinkunstbühne in London
153 Finchley Road, Swiss Cottage, NW3
Performance in German Language
Daily at 7.15 p.m. including Sunday (excluding Monday and Tuesday)
2. Programm. Ab 11. November 1939. Revue Blinklichter. Regie: Martin Miller. Musikalische Leitung: Georg Knepler. Bühnenbild: Carl Josefovics. Mit dem Sketch "Wo liegt Deutschland?" von Albert Fuchs: Marsmenschen untersuchen bei einer Expedition durch Nazideutschland, ob das deutsche Volk mit dem Hitlerregime gleichzusetzen sei, und der bekannt gewordenen Hitler-Parodie Martin Millers "Der Führer spricht".
Am 15., 22. und 29. Januar 1940: Kleines Welttheater. Jura Soyfer: Der Lechner Edi schaut ins Paradies; Vineta, die versunkene Stadt; Der treueste Bürger Bagdads.
3. Programm. Ab 19. März 1940. Revue Von Adam bis Adolf. Regie: Martin Miller. Musikalische Leitung: Georg Knepler. Bühnenbild: Carl Josefovics. In dem Programm Jura Soyfer: Der Lechner Edi schaut ins Paradies, mit Peter Preses als Edi, Jaro Klüger als die Zeitmaschine Pepi und Marianne Walla als Fritzi.
4. Programm. Ab 23. März 1940. Der unsterbliche Schwejk. Freie Bearbeitung nach Jaroslav Hašek, von Hugo F. Koenigsgarten, Rudolf Spitz, Franu Bönsch und Albert Fuchs. Regie: Martin Miller, der auch die Hauptrolle spielt. Musik: Georg Knepler. Szenen: Schwejk im Hinterland; Schwejk an der Front; Die glückliche Republik; Schwejk und Hitler im Männerheim; Schwejk und Neidinger; Schwejk im Protektorat.
5. Programm. Mai 1940. Die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht und Kurt Weill. Regie: Martin Miller. Bühnenbild: Carl Josefovics. Bearbeitung: Albert Fuchs, Franz Hartl, Hugo F. Koenigsgarten, Rudolf Spitz. Musik: Georg Knepler, Kurt Manschinger. Kostüme: Grete Duschinsky. Mitwirkende: Evelyn Barring, Hedy Ippen, Lilly Kann, Marianne Walla, Gerhard Hinze, Jaro Klüger, Peter Preses, Fritz Schrecker.
Die zweite erzwungene "Pause" des Theaters entsteht zur Zeit der Internierungen (Mai 1940 bis Ende 1941). Das Laterndl kann seine Arbeit erst nach 15 Monaten wieder aufnehmen, und zwar in 69 Eton Avenue (ca. 100 Sitzplätze).
6. Programm. Ab 4. Oktober 1941. Revue Laterna Magica. Für dieses Programm schrieb Hugo F. Koenigsgarten den Sketch "Die Rückkehr oder Wiener Jause", der zu einer Debatte in der Exilpresse über die Rolle des Exiltheaters führte. (Rez.: Zeitspiegel, London, Nr. 40, 5. Oktober 1941, S. 10. "Das Laterndl ist wieder zusammen mit der Hampsteader Filiale des Austrian Centre eröffnet worden. Die erste Aufführung nach der langen theaterlosen Zeit war der Anlaß, aus dem sich einige hundert Besucher, Engländer und Refugees, wieder einmal sauwohl fühlten. Witz, Humor und Satire bekundeten den unverwüstlichen Optimismus, von dem die Refugees auch in den Zeiten der härtesten Kämpfe beseelt sind. Die Spielfreude und Frische des neu zusammengestellten Ensembles, das mit Lust du Liebe an die Arbeit heranging, wurden vom Publikum mit Beifall quittiert. Bei den stärksten Szenen verwandelte sich der Theatersaal in ein tobendes Meer.")
7. Programm. Ab 13. November 1941. Der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer. Regie: Arnold Marlé. Bühnenbild: John Heartfield. In der Hauptrolle: Martin Miller. (Rez.: Monty Jacobs, "Köpenick in Hampstead", Die Zeitung, Nr. 213, London, 15. November 1941).
9. Programm. Ab Februar 1942. Revue Here is the News. Regie: Martin Miller. Musikalische Leitung: Käte und Georg Knepler. Bühnenbild: Carl Josefovics. Technische Ausführung: Erwin Weinberg. Szenen: Brennende Erde von Franz Hartl. Ein Musikus aus Wien von Hugo F. Koenigsgarten. Höchste Eisenbahn von Eva Priester. Dreimal Fire-watching von Hugo F. Koenigsgarten. Wir leben nach Noten von Rudolf Spitz. (Brief von O. Kokoschka in Zeitspiegel, London, Nr. 9, 28.2.1942).
4. April 1942: Anläßlich des Todes von Stefan Zweig als Sondervorstellung, Stefan Zweig/Ben Jonson: Volpone. Regie: Martin Miller. Mitwirkende: Fritz Schrecker, Hanne Norbert, Paul Lewitt u.a. In der Hauptrolle: Martin Miller. (Rez.: Zeitspiegel, London, Nr. 14, 14.4.1942).
Ab Mitte 1942 werden andere Programmschwerpunkte gesetzt: Einerseits großes österreichisches Theater, andererseits Lustspiele mit Unterhaltungscharakter.
11. Programm. Juni 1942. Wiener Miniaturen von Arthur Schnitzler, mit Hanne Norbert als Margarete.
13. Programm. Ab Oktober 1942. Revue No Orchids for Mr. Hitler. Regie: Paul Lewitt und Fritz Schrecker. Bühnenbild: Erwin Weinberg. Im Programm drei Sketches von Eva Priester: "What can I do?", "Citizen Kohn", "Das Urteil"; Paul Knepler, "Moritat vom illegalen Nazi"; Rudolf Spitz, "Tiefer geht's nimmer". Das Programm erlebte 70 Aufführungen und erreichte etwa 6.000 Besucher.
1943: Deutsche Uraufführung von J.B. Priestleys Laburnum Grove (Im Goldregengäßchen) in der Übersetzung von Richard Duschinsky; Thunderrock von Robert Ardrey, übersetzt von Rudolf Spitz; Kurt Goetz: Die tote Tante; Frantisek Langer: Die Bekehrung des Ferdi Pistora; Kurt Robitschek: Rufen Sie Herrn Plim; Nestroy/Offenbach: Häuptling Abendwind; L. Verneuil: Die Schule der Steuerzahler.
1944: 22. Programm: Professor Polezhayew, Schauspiel von L. Rachmanow in der Übersetzung von Rudolf Spitz. Regie: Paul Lewitt mit Arnold Marlé in der Titelrolle.
17. Juni 1944: Anläßlich des fünfjährigen Bestehens des Laterndl, Premiere von Arthur Schnitzlers Komödie Professor Bernhardi mit Arnold Marlé in der Titelrolle. Regie: Paul Hartmuth. Bühnenbild: Bertram. Später drei Einakter von Schnitzler; einer von Wildgans; Der Gewissenswurm von Ludwig Anzengruber; schließlich eine musikalische Revue Austrian Rhapsody von Paul Knepler und Richard Wiener.
1945: Armin Friedmann: Dr. Stieglitz; Hermann Bahr: Das Konzert; drei Einakter von Schönherr; Wedekind: Der Kammersänger; Tschechows Der Heiratsantrag. 38. und letztes Programm: Karl Schönherrs Der Weibsteufel.

Anfang 1940: Austrian Labour Club. Die bereits 1934 und in den Folgejahren nach Großbritannien geflüchteten österreichischen Sozialdemokraten schließen sich zunächst locker um Johann und Bettina Hirsch (J. Hirsch war in Wien Redakteur des Kleinen Blattes gewesen) zusammen, mieten 1939 ein eigenes Klubhaus in 31, Broadhurst Gardens, London NW7, in dem Anfang 1940 der Austrian Labour Club mit ca. 120 Mitgliedern gegründet wird. Politische Entscheidungsbefugnis haben aber nur Karl Czernetz (im Februar 1939 nach London gekommen) und Oscar Pollak (in Wien zuletzt Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung; seit Sommer 1940 in London) als offizielle Repräsentanten der Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten. Der Austrian Labour Club ist nur "eine Vereinigung der österreichischen sozialistischen Emigranten zur Aufrechterhaltung des politischen und menschlichen Kontakts, zur Schulung und Diskussion, zur Pflege der sozialistischen Kameradschaft und zur Organisierung der materiellen Fürsorge für die sozialistischen Emigranten".
Im Austrian Labour Club finden neben geselligen Zusammenkünften vor allem politische und wissenschaftliche Vorträge statt, vereinzelt aber auch literarische Vorträge, wie z.B. von dem Klubmitglied Theodor Kramer.
Von Ende Februar 1940 bis Mai 1946 bringen die Sozialisten, anfangs hektographiert und in unregelmäßiger Folge, später zeitweise gedruckt und zweiwöchentlich die London Information of the Austrian Socialists in Great Britain heraus. Kulturelle Fragen spielen in dieser Zeitschrift nur eine marginale Rolle. Literarische Texte werden nicht gedruckt.
Im April 1941 gründen Pollak und Czernetz, ohne ihren Alleinvertretungsanspruch aufzugeben, das London Bureau of the Austrian Socialists in Great Britain, dem Walter Wodak, Wilhelm Rosenzweig, Karl Ausch, Maria Jahoda (1944 in die USA weiteremigriert) u.a. als beratende, nicht stimmberechtigte Mitglieder angehörten.
Maßgeblichen Einfluß übten die Sozialisten auf die Landesgruppe der österreichischen Gewerkschafter aus, in der auch Kommunisten Mitglieder sind (gegründet Anfang 1941, geleitet zunächst von Johann Svitanics, ab 1942 von Franz Novy, der aus Schweden nach Großbritannien gekommen ist.)

Anfang 1940: Einheit. Die von Young Czechoslovakia herausgegebene Zeitschrift erscheint vierzehntägig bis November 1945 in London. Literarische Beiträge u.a. von Klara Blum, Ferdinand Bruckner, Fritz Brügel, Johann Wolfgang Brügel, Erich Fried, Rudolf Fuchs, Hugo Huppert, Anna Maria Jokl, Max Knight, Ludwig Winder, Eva Priester, Paul Reimann, Ernst Sommer, Friedrich Torberg, Johannes Urzidil, Margarete und F.C. Weiskopf, Hermynia Zur Mühlen.
11.-12. April 1940 findet eine vom Czechoslovakian-British Friendship Club veranstaltete Sudetendeutsche Kulturarbeiterkonferenz statt, auf der sich verschiedene Kulturgruppen zur Zusammenarbeit in einer "sudetendeutschen Kulturkommission" vereinigen.
Die sudetendeutsche Exilgruppe betreibt in der Folge eine eigene Buchedition, den Verlag der Einheit, in dem neben literaturtheoretischen Schriften Paul Reimanns u.a. 1944 auch die Anthologie Stimmen aus Böhmen erscheint.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Austrian Centre und der seit 1939 in London etablierten tschechoslowakischen Exilregierung ist eng. 1943 schließt das FAM ein förmliches Abkommen mit der ČSR-Exolregierung (die als erste Regierung überhaupt die Wiederherstellung eines demokratischen Österreich gefordert hat). Die ČSR-Exilregierung erklärt sich bereit, österreichische Anliegen in interalliierten Kommissionen zu vertreten, und stellt dem FAM ihren diplomatischen Kurierdienst zur Verfügung; eine österreichisch-tschechoslowakische Arbeitsgemeinschaft wird gegründet.

Mai 1940: Deutsche Offensive im Westen. Der militärische Zusammenbruch Frankreichs führt zu einer Massenflucht aus dem kampflos aufgegebenen Paris nach Süden; die Exilierten in Frankreich werden zum Teil direkt aus französischen Internierungslagern in deutsche Konzentrationslager überführt. Einzelnen gelingt es, nach Großbritannien zu flüchten. Die am 10. Mai neugebildete britische Regierung unter Winston Churchill (eine Koalitionsregierung unter Einschluß der Labour Party) schwenkt von der Appeasement-Politik Chamberlains ab; das Abschwenken vollzieht sich zunächst unter der Form des "Vansittartismus" (nach Lord Vansittart: These vom historisch gewachsenen, im deutschen Volkscharakter liegenden Hang zu barbarischem Militarismus und Nationalismus).
12. Mai: Beginn der Masseninternierungen Exilierter als "enemy aliens" (feindliche Ausländer).
Juli: Die deutsche Luftwaffe beginnt mit dem "verschärften Luftkrieg gegen England", "The Blitz". Nach fehlgeschlagenen Versuchen, Großbritannien zu einem Waffenstillstand zu bewegen, sollen die Luftangriffe auf britische Städte (London, Birmingham, Coventry, Liverpool, Glasgow) eine deutsche Invasion vorbereiten. Zusammenbruch dieser deutschen Strategie im Mai 1941.

Juli 1940: Die Frau in Arbeit. Diese Zeitschrift mit dem Untertitel Periodical of the Working Refugee Woman erscheint vom Juli 1940 bis zum Februar 1945 monatlich in London, hg. von der Gemeinschaft werktätiger Frauen (Frauen des Sudetendeutschland Ausschusses). Ab 1944 heißt sie Die Frau. MitarbeiterInnen u.a.: Klara Blum, Eva Aschner, Anna Maria Jokl, Rudolf Fuchs, F.C. Weiskopf.

12. März 1941: Die Zeitung erscheint erstmals in London, zuerst täglich, ab Ende 1941 wöchentlich. Redaktion: Wolfgang von Einsiedeln, Sebastian Haffner, Dietrich E. Mende, Johannes Lothar, Peter de Mendelssohn, Julius Oskar Reichenheim, Hans Uhlig. Ab 1944 trägt sie den Untertitel Londoner deutsches Wochenblatt. 1944/45 führt sie eine Rubrik Österreichische Beilage. Als vermutlich einzige Exilzeitung in Großbritannien bezahlt sie regelmäßig Abdruckhonorare. Sie ist vom britischen Ministry of Information finanziert und wird mit 1. Juni 1945 eingestellt.
MitarbeiterInnen u.a.: Joseph Kalmer, Fritz Beer, Fritz Brügel, Heinz Karpeles, Karl Federn, Fritz Rosenfeld, Erich Fried, Rudolf Fuchs, Fritz Groß, Bruno Heilig, Stefan I. Klein, Hugo F. Koenigsgarten, Theodor Kramer, Fritz Lampl, Joe Lederer, Theodor F. Meysels, Hermynia Zur Mühlen, Robert Neumann, Stefan Pollatschek, Friedrich Porges, Carl Roessler, Ernst Sommer, Rudolf Spitz, Walter Tschuppik, Johannes Urzidil, Franz Werfel, Ludwig Winder.

Mitte 1941: Blue Danube Club. Gegründet in Weiterführung eines Kabaretts, das im Internment Camp Hutchinson auf der Isle of Man entstand ("Stacheldraht Kabarett"), von Peter Herz in einem Souterrainlokal des Café Balsam, Finchley Road, London, weitergeführt im ehemaligen Konservatorium in der Finchley Road (welches zuvor Spielort des Laterndl war)
Alleinautor: Peter Herz. Administrative Leitung: Heinz Saltenberg. Kassierin: Bertha Lübberth; Regieassistenz: Rolf Karsten; Bühnendienst: Günther Philippi.
Zwei bis drei Revuen im Jahr. Existiert bis 1954.
Programmtitel (immer englisch, gespielt wird deutsch; Texte angeblich verloren): Lease and Lend, Tales of Mr. Nobody, Holiday in Swiss Cottage, Gone with the Cash, No Time for Miesmakers, Pull and Push, Ost-West-Revue, Black Horse Inn, Ghost Tales, The Importance of Being Funny, Give and Take.
SchauspielerInnen (zum Teil Pseudonyme): Litzi Balla, Susi Bandler, Fritz Becker, Fred Berger, Agnes Bernauer, Rolf Carsten, Charles Goldner, Jelli Staffel-Hein, Rudolf Inländer, Marianne Juen, Felix Knüpfer, Hilde Lederer-Lergens (ab 1947), Wolf Mark, Käthe Perez, Hans Ritter, Michael Rittermann, Fritz Schiller, Fritz Schrecker, Otto Stössl.
Am 10. November 1943 gastierte die "Freie Bühne" im Blue Danube Club mit der deutschsprachigen Uraufführung des Stücks von Peter Lotar Christus nicht Caesar. Ein Spiel aus den Schicksalstagen der Tschechoslowakei (eigentl. Titel des Stücks: Die Wahrheit siegt).

August 1941: Kunst und Wissen. Dieses Produkt einer Zusammenarbeit aller deutschsprachigen Exilgruppen ist eine Materialsammlung für Veranstaltungen, die bis April 1946 in unregelmäßiger Folge erscheint. Als Herausgeber fungieren: FDKB, Austrian Centre, Young Czechoslowakia, Free German Youth, Young Austria, Working Refugee Women.

28. September 1941: Zeitspiegel erscheint erstmals gedruckt wöchentlich ab Nr. 39 des dritten Jahrganges mit dem Untertitel Weekly Review. Published by the Austrian Centre, der ab September 1942 in Austrian Weekly geändert ist.
Eingestellt 1946 mit Nr. 34/35. Redigiert im wesentlichen von Jenö Kostmann, Hilde Mareiner(-Nürnberger), Eva Priester. Der Zeitspiegel, der auch der FAM als Organ dient, ist die Zeitschrift, die von allen Publikationen des österreichischen Exils die höchste Auflage (5.000) erreicht und die weiteste Verbreitung findet (40 Länder).
Zunächst erschien der Zeitspiegel ab 1939 in hektographischer Form als Informationsblatt mit Übersetzungen aus dem Englischen.
MitarbeiterInnen: Eva Aschner, Elisabeth Janstein, Felix Braun, Käthe Braun-Prager, Hermann J. Ullrich, Fritz Brügel, Eva Priester, Franz Theodor Csokor, Joseph Kalmer, Eva Kolmer, Willy Verkauf, Ernst Fischer, Paul Frischauer, Willy Frischauer, Albert Fuchs, Rudolf Fuchs, H.E. Goldschmidt, Felix Grafe, Isidor Grünberg, Hans Habe, Bruno Heilig, Hugo Huppert, Paul Husserl, Anna Maria Jokl, Heinz Karpeles, Oskar Kokoschka, Theodor Kramer, Trude Kurz, Fritz Lampl, Ernst Lothar, Robert Neumann, Hermynia Zur Mühlen, Paul Stefan, Alfred Polgar, Rudolf Popper, Hans Leo Reich, Paul Reimann, Roda Roda, Edwin Rollett, Ernst Sommer, Hilde Spiel, Hans Schmeier, Josef Toch, Ludwig Ullmann, Johannes Urzidil, Berthold Viertel, Ernst Waldinger, F.C. und Grete Weiskopf, Franz Werfel, Arthur West, Viktor Wittner, Otto Wolfgang, Guido Zernatto.

2. November 1941: Spielgruppe des Oxford Refugee Youth Movement spielt im Oxford Refugee Club "Die Abreise. Acht Varianten über ein Thema von Hugo F. Koenigsgarten" und "Wiener Ringelspiel".

3. Dezember 1941: Free Austrian Movement in Great Britain (FAM). Auf Initiative des Council of Austrians wird die Freie Österreichische Bewegung in Großbritannien gegründet; ihr Sitz ist das Austrian Centre. Ein erster Versuch, eine politische Vertretung des österreichischen Exils (mit dem Ziel einer Exilregierung) zu bilden, ist zuvor gescheitert. Der gemeinsamen Erklärung schließen sich an: Association of Austrian Social Democrats ("Gruppe Alina" sozialdemokratische Splittergruppe), Association of Austrian Doctors, Young Austria, Gruppe der österreichischen Interbrigaders u.a. Ende 1943 umfaßt die Bewegung bereits 27 verschiedene Organisationen mit zusammen über 7.000 Mitgliedern.

Die offizielle Auslandsvertretung der Sozialisten hat das FAM wiewohl in der Grundsatzerklärung auf ihre Vorstellungen Rücksicht genommen wird (verlangt wird das Selbstbestimmungsrecht für Österreich, nicht schin die Wiedererrichtung in den Grenzen von 1937) bis zuletzt boykottiert.

Unterstützungserklärungen kommen von Elias Canetti, Otto Erich Deutsch, Hans Gál, Bruno Heilig, Oskar Kokoschka, Robert Neumann, Fritz Lampl.

Bei einer Kundgebung im Jänner 1942 in Porchester Hall in London hält vor 1500 Teilnehmern Robert Neumann die Hauptansprache.

Von Ende 1941 an erscheinen Österreichische Kulturblätter, herausgegeben vom Austrian Centre. Hefte u.a. mit dem Text der Revue "Return Ticket Vienna-London", zu Themen wie: "Der Geist des Jahres 1918" (Jännerstreik 1918, Matrosenaufstand Cattaro); "12. Februar 1934" (mit einem Artikel über Jura Soyfer); "März 38 4 Jahre Fremdherrschaft" (ein Programm für Märzgedenkfeiern); Artikel auch über Stefan Zweig, Maxim Gorki u.a.

Jänner – April 1944 erscheinen Kulturblätter des FAM, 1944 – 1946 die Kulturelle Schriftenreihe des Free Austrian Movement, herausgegeben von Hermann Ullrich.

14. Februar 1942: Österreichische Bühne. Geleitet von Arthur Hellmer, zusammen mit Julius Hahlo und Hein Heckroth. Sie sollte, mit Unterstützung der britischen Behörden, "die ernste dramatische Kunst in deutscher Sprache pflegen". ("Deutsches Theater in London", Die Zeitung, 30.1. 1942).

Eröffnung mit "Nathan der Weise" in Stern Hall (300 Sitzplätze), 33 Seymour Place. Regie: Arthur Hellmer. In der Titelrolle Arnold Marlé. Rez.: Monty Jacobs, Die Zeitung, 20.2. 1942, S.9.

Im März 1942 Aufführung von "Professor Mamlock" von Friedrich Wolf. Regie: Arthur Hellmer; Bühnenbild: Julius Hahlo, Erich Weinberg; SchauspielerInnen: Leonora Herder, Lilly Molnár, Renée Worth, Oskar Edelsbacher, Arthur Holdt, Heinrich Kämmerer, Felix Knüpfer, Arnold Marlé, Omri Marlé, Charlotte Küter, Mollie Ordeyne, Miriam Goldschmidt, Agnes Bernelle, Gerhard Hinze, Lilly Rohne, Alex Kardon, Gisa Liedtke, Lisl Schefranek, E.R. Ulman, Rez.: Basil Wright, "The Spectator", 20.3. 1942.

Im April 1942 Aufführung des Lustspiels "Unentschuldigte Stunde" von Bekessy und Stella. Regie: Arnold Marlé; Bühnenbild: Erich Weinberg; SchauspielerInnen: Agnes Bernelle, Gerhard Hinze, Gisa Liedtke.

Die Österreichische Bühne vereinigte sich im Mai 1942 mit dem Freien Deutschen Theater zur "Lessingbühne": Leitung der "Lessingbühne": Wolfgang von Einsiedel, Arthur Hellmer, Gerhard Hinze, Arnold Marlé, Siegfried Zimmering und Walter Hudd (britischer Schriftsteller). Das Projekt wegen finanzieller Schwierigkeiten eingestellt.

29.-30. August 1942: I. Österreichische Kulturkonferenz. Veranstaltet in London vom Austrian PEN. Anwesend sind etwa 250 österreichische Exilierte, darunter auch Vertreter des Austrian Labour Club. Vorsitz: Robert Neumann.

RednerInnen: David Josef Bach, Albert Fuchs, Georg Knepler, Oskar Kokoschka, Robert Neumann, Walter Hollitscher, Marie Jahoda, Alfred Magaziner, Friedrich Scheu, Walter Schiff, Siegfried Charroux, Peter Jakob Eisenberger, Robert Eisler, Georg Lelewer, Max Neuburger, Hans Redlich, Otto Erich Deutsch.

Begrüßungstelegramm des britischen Schriftstellerverbandes, Bericht in der österreichischen Sendung der BBC, 31. August 1942.

Mai 1943. Jahrestag der Bücherverbrennungen. Am 10. Jahrestag der Bücherverbrennung fand im Mai 1943 im Scala Theatre in London eine Feier statt, bei der Szenen gespielt wurden aus Die Schlacht um Moskau von Johannes R. Becher. Mitwirkende: Josef Almas, Fred Berger, Leo Bieber, Heinrich Kämmerer, Jaro Klüger, Ferdinand Meyer, Wilhelm Nickel, Gustav Philipp, Ewald Renk, Joseph Stein. Regie: Gerhard Hinze. Musikalisches Arrangement: E.H. Meyer. Chor: Worte von Franz Hartl/Bönsch, Musik von Georg Knepler. Bühnenbild: Josef Carl, Günther Wagner. Projektionen: René Graetz. Narration: Freimut Schwarz. Narrator: Beatrix Lehmann.

1. November 1943: Moskauer Memorandum. Die Alliierten Mächte erklären die Wiederherstellung der Republik Österreich zu einem ihrer Kriegsziele, fordern aber einen eigenen Beitrags Österreichs zu seiner Befreiung. Die Klärung der 'Österreich-Frage' führt auch zu einem stärkeren Zusammenrücken der verschiedenen österreichischen Exilgruppen und erleichtert ihr Auftreten gegenüber den Behörden der Gastländer.

11. März 1944: Free Austrian World Movement (FAWM), Auf Initiative des FAM als Dachorganisation der österreichischen Emigranten in aller Welt in London gegründet. Gefordert wird die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, die Bestrafung der Verräter Österreichs und der Kriegsverbrecher, ein Verbindungskomitee zu den gegen die Achsenmächte den Krieg führenden Allied Nations. Man will den Widerstand in Österreich selbst unterstützen und für das befreite österreichische Volk Nahrungsmittel und Rohmaterialien bereitstellen.

Dem FAWM schließen sich u.a. Gruppen in Südamerika, Mexiko, Australien, Palästina, Italien, Ägypten, Südafrika, Mauritius, Schweden, Dänemark, den USA an. Das politische Spektrum reicht von den Monarchisten bis zu den Kommunisten. Die Auslandsvertretung der Sozialisten hält sich weiter fern.

September 1944: The Artists International Association veranstaltet in London eine Konferenz ausländischer Künstler (Teilnehmer aus 17 Nationen). Begrüßungstelegramm von Oskar Kokoschka. (Bericht in: Freie Deutsche Kultur, Oktober 1944, Seite 10).

21.-22. Oktober 1944: II. Österreichische Kulturkonferenz. Veranstaltet vom FAM in London, Danish House und Austria War Charity House. Vorsitz: Ernst Buschbeck. Themen und ReferentInnen: Literature and Art in Austria after the War (Albert Fuchs, Leo Delitz), Intellectual Life in the Austrian Provinces (Herbert Herlitschka), Cultural Exchanges between Austria and Britain, Austria and the USSR, Austria and Czechoslovakia (E. Buschbeck). Reform of Austrian Universities and Higher Education (G. Lelewer), Burgtheater as the future Austrian National Theatre (Richard Duschinsky), Place of Music in Postwar Austria (Egon Wellesz).

Im Anschluß an die Konferenz werden Kommissionen für verschiedene Bereiche der Kulturarbeit gebildet, die, so konkret wie möglich, Nachkriegskonzeptionen entwickeln sollten.

BBC

In den deutschsprachigen Propagandasendungen der BBC fand eine große Zahl von Theaterleuten Arbeit. Pems Personal Bulletins vom 2. Oktober 1945 gibt folgende Liste der in der BBC arbeitenden Künstler: Sybille Binder, Lucie Mannheim, Fritta Brod, Annemarie Hase, Marianne Kupler, Tatiana Lieven, Hanne Norbert, Amy Frank, Liesl Schefranek, Marianne Walla, Josef Almas, Leo Bieber, Paul Demel, Oskar Edelsbacher, Erich Freund, Gerhard Hinze, Peter Ihle, Heinrich Kamnitzer, Gerhard Kermpinski, Felix Knuepfer, Paul Lewitt, Herbert Lom, Ferdy Meyer, Josef Plaut, Fritz Richter, Fritz Schrecker, Hugo Schuster, Frederick Valk, Dr. Hans Baxbaum, Julius Gellner, Heinrich Fischer, Walter Hertner, Martin Miller, Dr. Fritz Wendhausen, Richard Duschinsky. Die Liste ist bei weitem nicht vollzählig. Zu den BBC-Mitarbeitern zählten auch Bruno Adler, Ilse Barea, Ernst Buschbeck, Julius Berstl, Carl Brinitzer, Friedrich Burschell, Martin Esslin, Hans Flesch-Brunningen, Robert Neumann, Richard Friedenthal, Robert Lucas, Karl Otten, Walter Rilla, Eberhard Schütz, Edmund Wolf u.a.m.

Neben den Nachrichten und politischen Kommentaren zur Lage waren es die Sendereihen, die in den Kriegsjahren deutschsprachige Hörer in Europa dazu bewogen, den "Londoner Rundfunk" einzuschalten. Im September 1940 begann die Sendereihe Briefe des Gefreiten Hirnschal. Verfasser war Robert Lucas; Sprecher Fritz Schrecker, Regie führte Julius Gellner. Nach Kriegsende erfuhr die BBC, daß Hirnschal eine fast legendäre Gestalt geworden war. Ähnlich ging es Frau Wernicke im Frauenprogramm des Deutschen Dienstes. Autor war Bruno Adler und Sprecherin Annemarie Hase. Zwei weitere fiktive Figuren, die den deutschen Hörern ein Begriff wurden, waren Kurt und Willi. Diese Dialoge wurden von Peter [Ihle] Illing (Willi) und Fritz Wendhausen (Kurt) gesprochen; Aufnahmeleiter war Julius Gellner.

"Einer der wirksamsten Sprecher der Deutschen Dienstes der BBC war der Führer" – so Martin Esslin, der die Sendung Hitler gegen Hitler entwickelte. Solche Programme erhielten im Österreichischen Dienst in den Sendungen Pacher und Paschulke und Frau Schiernagel des Dramatikers Richard Duschinsky österreichisches Pendants. Sehr wichtig im Propagandakrieg waren auch sogenannte "Features". Ende 1940 wurde eine Programmredaktion geschaffen, die speziell für solche dramatisierten Hörfolgen zuständig war. Vormarsch der Freiheit (nach dem amerikanischen Vorbild The March of Time) nannte sich das erste große Feature. Leiter der Redaktion war Walter Rilla, der bekannte Filmschauspieler und Regisseur; zu seinen engsten Mitarbeitern zählte der Expressionist und Pazifist Karl Otten. Auch Kabarett spielte eine Rolle; Otten verfaßte Kabarettsketches und schrieb Songs; die von Spoliansky vertont und von Paul Rilla gesungen wurden. Der Deutsche Dienst in London bot auch das, was man im deutschen Rundfunk vergeblich suchte: Swing. In der 1942 gestarteten Sendereihe Aus der Freien Welt wurden Tanzorchester live vorgestellt, und Lucie Mannheim sang zu bekannten Melodien neue Texte wie:

Der Führer ist ein Schinder, das sehn wir hier genau,
zu Waisen macht er Kinder, zur Witwe jede Frau;
und wer an allem schuld ist, den will ich an der Laterne sehn...

Führerchen, Führerchen, strahle,
Führerchen, Führerchen, male,
keiner sieht die braune Not,
malst du sie rosenrot.

Hört, ihr Leute, laßt euch sagen,
die letzte Stund des Kriegs mag schlagen,
zwölf schlägt die Glock,
doch erst muß Hitler aus der Welt,
nichts kann erstehen, bevor er fällt.

So geht alles vorüber, so geht alles vorbei,
Stalingrad im Dezember, und Tunis im Mai.

Im Dezember 1943 wurde am Schluß einer Sendung zum 60. Geburtstag Hermynia Zur Mühlens ein Brief der Dichterin an die Österreicher verlesen, der mit den Worten schloß:

Die Moskauer Konferenz brachte eine Botschaft an Österreich, nun ist es an Euch, Euch des anerkannten Anrechts auf Unabhängigkeit würdig zu erweisen ... Der Morgen dämmert bereits.

Nach britischer Schätzung hatte das Programm wie die Briefe des Gefreiten Adolf Hirnschal im letzten Kriegsjahr etwa zehn Millionen Zuhörer. Weder Film noch Bühne hätten eine solche Wirkung haben können. Am Anfang hat es wirklich so ausgesehn, als würde Goebbels den Propagandakrieg gewinnen. Lange vor dem Ende war es offenbar, daß er den Ätherkrieg verloren hatte. Carl Brinitzer in Hier spricht London faßt zusammen:

Ich bin überzeugt, daß der Zusammenbruch des deutschen Widerstandes, der totale Mißerfolg einer levée en masse, wenigstens zum Teil auf das durch unsere Sendung erschütterte Vertrauen des deutschen Volkes in die Nazi-Führung zurückzuführen ist.

 

Grundlagen der österreichischen Exilliteratur. Begleitende Studien zu einem „Handbuch der Österreichischen Exilliteratur in zwei Bänden“

Ein Projekt des Vereins zur Förderung und Erforschung der antifaschistischen Literatur und der Theodor Kramer Gesellschaft

Gefördert durch