Theodor Kramer Gesellschaft

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Adele Jellinek

Die sittlichen Werte des Sozialismus

Eine Antwort an Prof. Foerster

In seiner Stellungnahme zu den sozialen und kulturellen Werten des Bolschewismus berührt Fr. W. Foerster eines der wichtigsten psychologischen Probleme des modernen Sozialismus, das weit über seine Bedeutung im Rahmen des Bolschewismus, auf welchen Prof. Foerster es allein bezieht, hinausreicht. Es ist jener begrifflich sich selbst aufhebende Widerspruch zwischen der mehr äußerlichen Statuierung des Sozialismus als gesellschaftstechnische und wirtschaftstechnische Ordnung, – des Sozialismus, der ja Gemeinschaftlichkeit in Arbeit und Leben bedeuten sollte – und den weiterbeharrenden, primitiv-rohen unsozialen Antrieben der Menschen, die seine Träger sind.

Diktatur in der konsequentesten Folgerung dieses Begriffs ist jede Einsetzung einer sozialistischen Gesellschaftsform, deren sozialer Charakter sich nicht mit den wirklichen Antrieben im Wesen der Menschen deckt, – in welcher die gesellschaftlichen Akte und Handlungen, nicht aus einer inneren, sittlichen Umwertung, aus dem Gefühle einer wirklichen Solidarität und Mitverantwortlichkeit hervorgehen, sondern gleichsam automatisch aus dem sozialen Charakter der Einrichtungen selbst erfließen sollen. In solchem Falle wäre der Sozialismus nur äußere Vergesellschaftung, ein gesellschaftstechnischer und wirtschaftstechnischer Mechanismus. Jede Einsetzung einer sozialen Gesellschaftsform ohne wirkliches Mitwollen der Massen bleibt ein äußerliches Aufzwingen, aber auch ein solches Mitwollen der Massen kann vorhanden sein, ohne daß man von wirklich freien Antrieben des Sozialismus sprechen kann: so, wenn die große Produktivkraft der kollektiven Lebensordnung in ihren individuellen Vorteilen erkannt und aus eben diesen Motiven angestrebt wird; – oder wenn die geistige Sphäre bestimmter Wertungen und Schlagworte eine gewisse geistige Gefolgschaft hervorbringt, ohne vollständiges Identifizieren mit diesen Anschauungen. Auch hier, wo die wirklich sozialen Antriebe fehlen, entsteht ein äußerliches Aufzwingen von sozialen Lebensformen, deren innere Antriebe nichts mit Sozialismus zu tun haben. Der Sozialismus, in seinem wahren Wesen, ist kein gesellschaftstechnischer Mechanismus, in welchem die Akte der sozialen Fürsorge und des sozialen Aufeinanderbeziehens in Arbeit, Wirtschaft, Verwaltung, mechanisch aus dem Wesen der Einrichtungen – selbst hervorgehen, sondern sie müssen ihre Resonanz in dem gesellschaftlichen Denken, in dem wirklichen Gemeinschaftsgeist der Massen selbst finden. Sonst würden die alten rohen Mächte der Unsozialität, der Selbstsucht, des individualistischen Aufsichbeziehens der Dinge, weiterhin zwischen seinen – Mauern wuchern und die alten gewährten Rechte und Freiheiten würden dann gerade von den Unverfrorensten, Selbstsüchtigsten, von den unsozialsten Individuen zu ihrem Vorteil ausgenutzt werden. Der Sozialismus in solchem Sinne würde denn gerade die Vorherrschaft der sozial Minderwertigsten bedeuten; er wäre der soziale Rahmen für den unsozialen Geist.

– Sozialismus ist Vergesellschaftung, ist Eigentümerschaft der Gesamtheit, ist gesellschaftliches Planen, Arbeiten und Wirken für die Zwecke der Gesamtheit, ist die Ausweitung der kleinen industriellen Kräfte zu den großen Hilfsquellen des Gemeinschaftslebens, – Sozialismus ist Füreinanderleben, menschliche Gemeinschaft, Einheit, Brüderlichkeit. Da der Sozialismus als Ordnung des gesellschaftlichen Lebens, in den gesellschaftlichen Akten und Handlungen der Menschen sich manifestieren muß, so müssen die Antriebe, die zu diesen Handlungen führen, den gleichen Charakter zeigen, d. h. sie müssen wirkliche soziale Antriebe sein, ein gesellschaftliches Mitdenken und Mitwollen. Wo der Sozialismus nicht aus solchen ihm wesenseigenen Motiven hervorgeht, da ist er Aufzwingung, äußerliche Vergesellschaftung, ist er Mechanismus, aber nicht organisiertes Leben.

Die Tendenz zu solcher Mechanisierung des sozialen Lebens ist aber nicht nur dem Bolschewismus eigen, sondern auch der Sozialdemokratie. Was die Sozialdemokratie vom Bolschewismus unterscheidet, das ist gewiß ein demokratischer Weg der sozialen Umgestaltung; sie will keine Umwälzung, die nur durch gewaltsame Unterdrückung des gesellschaftlichen Wollens anderer Klassen durchzusetzen ist, sie will den ordnungsmäßigen Weg, indem sie der Geister sich bemächtigt, indem sie durch Aufklärung, geistige Beeinflussung usw. die politische Gefolgschaft der Mehrheit sich sichert. Aber wenn sie auch der politischen Gefolgschaft der Massen, ihrer Zustimmung zur Sozialisierungsarbeit versichert, von wirklichem sozialen Geiste, von wirklichem sozialen Wissen und Gewissen können die psychologischen Antriebe, die zu dieser Gefolgschaft führen, noch sehr weit entfernt sein. Dies gilt freilich nicht nur für die Sozialdemokratie, sondern für alle sozialen Bewegungen. Der moderne Sozialismus, der das sittliche Erbe der individualistischen Gesellschaft antritt, in welcher das Bewegungsgesetz des Wirtschafts- und Staatslebens nicht das Interesse der Gesamtheit, sondern der Eigennutz und das Profitinteresse der Einzelnen war, – wo in der rauen Luft des Erwerbskampfes alle rohen und materiellen Instinkte gepflegt und wachgehalten wurden, – der Sozialismus, welcher Massen gegenübersteht, von solcher geistigen und sittlichen Unkultur, wie sie die Welt des Kapitals ihm überliefert hat, muß häufig, um seine Welt diesen Massen zu öffnen, auf individualistische Motive appellieren. Er muß ihnen die Resultate seiner Kulturarbeit in individueller Bedeutung und individuellen Vorteilen nahebringen. Der Sozialismus bedeutet dann für den Einzelnen die Steigerung seines Kulturanteils, die Verbesserung seiner Existenzbedingungen, Verkürzung der Arbeitszeit usw. Daß der Sozialismus mehr ist, als die möglichste Erhöhung der Einzelsumme im Gesamtresultat, daß er zum ersten mal der politisch-wirtschaftliche Ausdruck des Gemeinschaftsgeistes, des sozialen Bewußtseins der Menschen ist, des Arbeitens aller für alle, des Ordnens alles Wirtschaftens, Verwaltens und Verteilens nach den großen Gesichtspunkten der sozialen Gerechtigkeit, – das muß fürs erste dem sittlich stumpfen Sinn dieser Massen verborgen bleiben. Mit diesem sittlichen Opportunismus muß aber jede soziale Reformbewegung, auch wenn sie nicht auf dem gleichen ideologischen Standpunkt steht, wie die sozialistische Arbeiterbewegung, rechnen. Er liegt aber nicht im Wesen ihrer Ideologie, auch nicht derjenigen des Bolschewismus. Die Sozialdemokratie, wie die anderen Formen der sozialistischen Bewegungen, müssen ihrem tiefsten Wesensgehalt nach nicht niedrig-egoistische, sondern wirklich soziale, sittliche Motive zu ihren Bewegern haben und müssen darum die Menschen innerlich darauf vorbereiten. Dies muß vor allem gesagt werden, weil man gerade den Marxismus in dieser Hinsicht so sehr mißverstanden hat. Die einfachste sozial-psychologische Erkenntnis wird aber dieser Ansicht widersprechen. Der materielle und selbstsüchtige Instinkt ist der größte Opportunist. Nie können soziale Bewegungen mit solcher Anforderung an Selbstaufgabe, und von solcher Ausdehnung und zeitlichen Dauer, deren Früchte erst in ferner Zukunft reifen, niedrig-materielle und eng-egoistische Antriebe zu ihren Bewegern haben. Der niedrige Egoist wird nie sich anstrengen und die schwersten Opfer bringen, um Früchte willen, die für ihn selbst nicht reifen. Der niedrige Egoist ist auch Opportunist in dem Sinne, daß er sich mit den einfach erreichbaren Vorteilen zufrieden gibt. Bewegungen von so ferner Realisierbarkeit wie die modernen sozialen können ihn nie zum Träger haben. Die soziale Bewegung braucht darum jene innere Bereitschaft zu sittlichen Idealen und muß sie wecken. Dies will sie auch durch positive sittliche Erziehungsarbeit tun. Die Sozialdemokratie verschmäht vielleicht die sittliche Beeinflußung durch primitiv-pädagogische Lehren (obwohl sie auch in ihrer Kinder- und Jugendbildungsarbeit davon Gebrauch macht), aber sie übt sie viel tiefer durch Hebung des gesamten geistigen und kulturellen Niveaus, und vor allem auch durch ihre beständige leidenschaftliche Kritik gegen den rohen individualistischen Geist, der sich in den Einrichtungen und Vorrechten der kapitalistischen Gesellschaft ausdrückt. Es ist unmöglich, daß die geistige und sittliche Überwindung dieser antisozialen, ungeistigen Lebensordnung, eine Überwindung, die die Voraussetzung des sozialistischen Wollens ist, sich nicht bis zu einem gewissen Grad den Massen mitteilen soll, die die Gefolgschaft dieses Wollens bilden. Durch die trockensten Formeln wirtschaftlicher und rechtlicher Umwertungen, durch die verbissenste Kritik an den Unrechten und Unnatürlichkeiten der kapitalistischen Gesellschaft strahlt der warme Glanz eines großen Menschheitsgefühls. – Der Sozialismus ist nicht nur eine passive Lebensanschauung, er ist aktives Wollen, Planen und Gestalten. Ein sozialer Richtungsweg aber, der so tief einschneidet in alles gesellschaftliche Leben, der die unmittelbare Mitarbeit und Mitverantwortlichkeit der Massen verlangt, muß diese seelisch viel tiefer vorbereiten, als es die noch so schönen Lehren über sittliche Lebensführung zu tun vermögen. Jede geistige Beeinflussung, die an die Aktivität der Menschen appelliert und von ihr getragen ist, wird immer viel tiefer wirken, als passiv aufgenommene Lehren. – Der Sozialismus basiert aber auch faktisch auf der sozialen Triebkraft der Solidarität. Er ist als Kampfbewegung, wie als Gesellschaftsziel nicht möglich, ohne den solidarischen Zusammenschluß des Proletariats. Er verlangt schon in seinem gegenwärtigen Stadium eine seelische Einstellung der Massen, die über die ursprünglichen, eng-individualistischen Antriebe hinaus ist, die die sittliche Erscheinung des sozialen, solidarischen Zusammenwirkens kennt. Und selbst wenn dieses Zusammenwirken als nüchterne Interessengemeinschaft gedacht würde, die an der ursprünglichen psychologischen Beziehung des Einzelnen zur Gemeinschaft nichts ändert, – der Wirkung dieser positiv-sittlichen Werte, die jede Solidarität, jedes Einordnen in eine Gemeinschaft und Wirken für die Gemeinschaft auf den Einzelnen ausübt, wird sich niemand entziehen können. Die proletarische Bewegung ist aber auch die einzige moderne Bewegung, die ideologisch über die engen Schranken der Nationalität und Konfessionalität hinausstrebt und auf einer internationalen Solidarität fußt, und demgemäß immer wieder nur auf das rein Menschliche, also Sittliche, als das Bindende im Wesen dieser Beziehungen hinweisen muß. Die tiefste sittliche Mission des Sozialismus besteht in seinem Kreuzzug gegen diese Welt des Kapitals in ihrer sittlichen Bedeutung, in seinem Kampfe gegen die dunklen Mächte des Bösen, des Niedrig-Menschlichen und Unsozialen, welche dadurch, daß sie den Geist aller Einrichtungen durchdringen, mit der Gewalt eines Mechanismus wirksam werden, der alle Keime und Zielrichtungen des Guten in seine Bahn zieht und verschlingt. Ein „Mechanismus“ des Bösen, der Ungemeinsamkeit und Unsozialität, der von ganz anderer kultureller Bedeutung ist, als die mehr doktrinäre Antagonie zwischen dem Wesen des Sittlichen und Sozialen, als von innen erwachsener Kräfte und der von oben her durch die Zentralgewalt dekretierten „Maschinerie der Gemeinsamkeit“.

Die gleichen Tatsachen wie für die Sozialdemokratie gelten aber auch für den Bolschewismus. Und die Einwände gegen die mechanische Auffassung des Sozialismus richtet sich im Grunde gegen alle sozialen Bewegungen, nicht nur gegen den Bolschewismus.

Daß die sozialistische Arbeiterbewegung keine materialistische Bewegung ist, daß sie, trotz eines gewissen sittlichen Opportunismus im Appell an individualistische und materielle Beweggründe, von tiefster sittlicher Zielrichtung ist und auf sittliche Antriebe nicht verzichten kann, wurde schon gesagt. Es fragt sich nun, ob der Sozialismus, die Umgestaltung der Gesellschaft in Wirtschaft, Arbeit, Leben nach sozialen Prinzipien, erst das Resultat jener inneren Umwandlung der Menschen sein soll, jener sittlichen Erneuerung, die die äußeren gesellschaftlichen Akte aus sittlichen Antrieben hervorgehen läßt, oder ob jene innere Erneuerung selbst erst eine veränderte Lebensordnung zur Voraussetzung haben muß. Es handelt sich hier – wohlgemerkt – nicht um die individual-psychologischen Bedingungen sittlicher Beeinflussung, sondern um die sozial-psychologischen. Es handelt sich hier um die weniger konkret faßbaren, aber realen Elemente der Erziehung und seelischen Beeinflussung der Massen, um die Abhängigkeit dieser Bildungseinflüsse von den äußeren Daseinsbedingungen, dem äußeren Milieu: Die stetigen, unabwendbaren, unkontrollierbaren Einflüsse, die den Menschen von früh auf umgeben, die ihm aus den wirtschaftlichen und rechtlichen Einrichtungen der Gesellschaft, in welcher er lebt, aus seiner sozialen Stellung, aus seiner Arbeit usw, zufließen, bilden den gewaltigsten und nachhaltigsten Lehrmeister, dem sich keiner entziehen kann. Wir alle kennen die Wirkungen, die von dem Mechanismus des „Bösen“ der Unsozialität in der Welt des Kapitals ausgehen, die zwingenden Lehren einer Welt, in welcher Profit- und Ichsucht den Antrieb zur gesellschaftlichen Arbeit bilden, in welcher unter der Geißel des Erwerbkampfes jedem Einzelnen bei Strafe des eigenen Unterganges jener ursprünglichen Gebote des rohen Daseinskampfes eingeprägt werden: zu vernichten, um zu leben zu verdrängen, um selber Raum zu gewinnen. Diesen Einflüssen stand gerade das Proletariat, das der ursprüngliche Träger der sozialistischen Bewegung war, geistig und kulturell gänzlich hilflos gegenüber. Die erste sittliche Erziehungsarbeit des Sozialismus bestand darin, die Massen wirtschaftlich zu heben, in jahrzehntelangen Kämpfen für die Verkürzung der Arbeitszeit, für die Erhöhung der Lebenshaltung zu ringen, sie in seine Kampforganisation hineinzubringen und politisch, wirtschaftlich und sozial zu schulen. Durch diese beständige Arbeit an und mit dem lebendigen Menschen, ist es dem Sozialismus gelungen, eine Sphäre neuen Lebens, neuen Wollens zu bilden, die, der Welt des Kapitals als eine neue werdende Welt sich gegenüber stellt. Aber jene Welt konnte er noch lange nicht verdrängen.

Es fragt sich nun, ob der Sozialismus diese Erziehungsarbeit innerhalb der Welt der Unsozialität so ausschlaggebend fortsetzen kann, daß er die Menschen innerlich umzuwandeln vermag, so daß es wirklich neue Menschen sind, die seine Welt schaffen. Oder ob diese neuen Menschen nicht selber eine neue Welt zur Voraussetzung haben müssen. Darf nicht eher der Versuch zur wirklichen sozialen Umgestaltung gemacht werden, ehe nicht alle Menschen, nicht nur geistig, sondern auch sittlich dazu reif sind, und können sie denn sittlich reifen, ohne die Sphäre geistiger Einflüsse, welche allein gesellschaftliche Lebensverhältnisse von gleichunsittlichem Charakter mit solcher zwingenden Gewalt auszuströmen vermögen?

Wenn man unsere Welt des Irdischen, allseitig Beschränkten und Mangelhaften betrachtet, dann dünkt es einem wohl ein wenig weltfremder Doktrinarismus, wenn das minder Gute verworfen, das Übel in seiner rohen Gestalt belassen bleiben soll, weil das Vollkommene nicht erreichbar ist. Jeder Weg, der aus dem Unheil dieser Welt hinausführt, hat schon durch die höhere Daseinsberechtigung des Bessern vor dem Schlechten eine gewisse Notwendigkeit. Selbst wenn der Sozialismus, sowie er in unserer Welt Fuß zu fassen sucht, noch sehr viel von jener äußeren Vergesellschaftung an sich hat, die keine Resonanz findet in der sittlichen Umwertung der Massen, so muß eingedenk bleiben, daß auch dieser Sozialismus nicht unser Sozialismus ist, das Vollkommenste, das wir erstreben, sondern eben auch nur ein Weg. Dieser Sozialismus hat aber vor allem das eine voraus: Er ist ein immenses sittliches und soziales Bildungsmittel, und zwar das zur Massenerziehung einzig mögliche. Die beständige Einstellung aller Beziehungen in Produktion, Wirtschaft, Verwaltung, auf die Gemeinschaftswerte, die beständige, in allen Lebensverhältnissen sich ergebende Auseinandersetzung mit Gemeinschaftsinteressen muß eine Sphäre sittlicher Beeinflussung schaffen, die alle in den Bann zieht. Durch den Charakter der Einrichtungen erhalten selbst sittlich gleichgültige Akte eine tiefe sittliche Beziehung, weil sie sich automatisch in die auf die Gesamtheit sich richtenden Tätigkeiten einordnen. Die Menschen werden so nicht nur zu sozialem Denken, sondern, indem sie die.Wirkung ihrer Handlungen absehen können, auch zu sozialem Handeln erzogen. Wenn der Sozialismus nun, abgesehen von aller Kultursteigerung, von allem positiven, erlösendem Schaffen ein so fruchtbares Instrument dessen wird, was die Arbeiterbewegung innerhalb der kapitalistischen Welt mit so mangelhaften und mühseligen Mitteln betreibt, wenn er eine nur von ihm zu leistende Aufgabe löst, dann erhält er in der kausalen Kette des historischen Geschehens eine besondere Kulturbedeutung. Und abgesehen davon wissen wir, daß es nur ein Weg ist.

Aus: NEUE ERDE. Kultursozialistische Wochenschrift. 1. Jahrgang, 28. September 1919, 29./30. Heft, S. 429-436

Anmerkungen
Der Pädagoge Friedrich Wilhelm Foerster (1869 – 1966) war entschiedener Gegner der Nazis, die 1933 seine Bücher wegen „Gesinnungslumperei und politischem Verrat“ verbrannten. Darunter Werke wie „Schule und Charakter“ (1907), „Weltpolitik und Weltgewissen“ (1919), „Politische Ethik und politische Pädagogik“ (1920), „Mein Kampf gegen das militaristische und nationalistische Deutschland“ (1920). Er verließ 1922, nach der Ermordung Walther Rathenaus Deutschland, zog zuerst in die Schweiz, dann nach Frankreich, von wo er 1940 wieder Richtung Schweiz flüchtete. An der Grenze zurückgewiesen, schaffte er die Flucht über Portugal in die USA. 1963 zog er wieder in die Schweiz. (Anm. Red.). Jellineks Beitrag bezieht sich auf Foersters Text: Zur Beurteilung des Bolschewismus. In: Das Forum (Potsdam) 3/1919, 760-773.