Vorliebe für mächtige reiche Täter
Wer wurde und wird von russischen Banken finanziell unterstützt? Das Buch „Putins rechte Freunde“ warnte schon 2017 vor den internationalen Zusammenhängen. Man hätte so einiges ahnen können.
Das Buch ist schwer zu lesen und noch schwerer auszuhalten: Denn wenn man in „Putins rechte Freunde. Wie Europas Populisten ihre Nationen verkaufen“ erfährt, welche enormen finanziellen Summen russische Banken Rechtspopulisten zur Verfügung stellten, dann sieht man die vielen neuen Abgeordneten der Front National im französischen Parlament mit anderen Augen. Achtzig Millionen Euro Kredit sollen es angeblich insgesamt gewesen sein, die russische Einlagensicherung verlangte allein acht Millionen zurück. Das Buch über Putins rechte Freunde wurde bereits 2017 von Eva Zelechnowski und Michel Reimon in die Öffentlichkeit gebracht, scheint aber wenig gelesen worden zu sein. Denn wie hätte sonst der frisch gewählte Sebastian Kurz damals im Herbst 2017 allen Ernstes eine Koalition mit der FPÖ eingehen können? Dass die FPÖ mit Gudenus und Stadler hochrangige Politiker als Wahlbeobachter auf der Krim zuließ, hätte Kurz aber doch als Warnzeichen interpretieren können, oder? Bundeskanzler Kurz installierte aber auch eine putinfreundliche Außenministerin, und in seiner Zeit wurde die Abhängigkeit von russischem Gas hochgetrieben. Gudenus war nach Ibiza und dem Traum von einer russischen Oligarchen-Nichte, die für die FPÖ die Kronenzeitung kaufen würde, auffällig schnell von der politischen Szene verschwunden.
Wer wird mögliche finanzielle Hintergründe seines Engagements je untersuchen? Oder unterstützten gewisse Österreicher im Gegensatz zu anderen rein gratis die fortlaufende Eroberungspolitik der russischen Regierung? Einfach aus Vorliebe für extrem reiche, starke Männer mit Macht über Leben und Tod? Um nicht zu schreiben: Aus Vorliebe für bzw. Liebe zu Tätern? Wie viele kleine Rechtsextremisten auch? Die sich gerne schleunigst gegen alle möglichen„Opfer“ stellen und lieber auf der Siegerseite stehen, windig und findig.
Gefährliche Geldannahme
„Seit über einem Jahrzehnt finanziert und fördert Putin nationalautoritäre Parteien in ganz Europa, vernetzt sie untereinander und betreibt ein gewaltiges Propaganda- und Desinformationsnetzwerk, um sie medial in ihren ‚Vaterländern“ zu unterstützen“, steht in dem Buch gleich in der Einleitung. „Putin und seine rechtsradikalen Freunde eint eine gemeinsame Vision: eine weiße, christliche, ‚reinrassige‘ Heimat, in der sich die Nationen nicht mischen…“ Die Demokratie und die Europäische Union sind demnach sozusagen „die natürlichen Feinde“ Putins und seiner Freunde.
Schon 2014 wurde ein Papier eines einflussreichen Moskauer Think Tanks bekannt, in dem beschrieben wurde, wie die „Alternative für Deutschland“ vom Kreml unterstützt werden könnte, Gold anzukaufen - auf diese Weise die Parteikassen zu füllen und schließlich abhängig zu werden. Ein anonymer Gönner ließ der AFD 2016 eine signifikante Wahlkampfspende zukommen. Außer an Orbán und Le Pen sind russische Geldflüsse aber bisher nicht nachzuweisen, doch es wird bestimmt noch ausführliche Recherchen geben. Gerade jetzt angesichts des Ukraine-Krieges.
Es scheint aber auch gefährlich, Putins Geld anzunehmen. „Ich will Sie nicht beunruhigen, aber diejenigen, die Putins Geld angenommen haben, werden sehr hart arbeiten, um es zurückzugeben. Ich kann Ihnen sagen, dass es kein gutes Ende nehmen wird“, hieß es in einer investigativen Video-Dokumentation von Canal+, über die im Buch berichtet wird.
Seit der Veröffentlichung des Buches ist viel geschehen und man fragt sich, ob die beiden Autoren eine Fortsetzung planen, bzw. wer jemals diese Zusammenhänge aufklären wird. Fünf Jahre, in denen rechtsextreme Strömungen ihren Einfluss in den sozialen Medien nonstop ausbauten und obsessiv bestimmen wollen, wer Nazi sei und wer nicht.
Inwieweit österreichische Medien russische Gelder erhalten oder erhalten haben, wäre doch wirklich spannend zu wissen. Manche Geldgeber der Onlinenachrichtenseite Exxpress zum Beispiel verstecken sich hinter Stiftungen in Liechtenstein, recherchierte vor kurzem ein Journalist. Die Seite attackiert regelmäßig die Korruptionsstaatsanwaltschaft und die grüne Justizministerin.
Kerstin Kellermann
Michel Reimon, Eva Zelechnowski: Putins rechte Freunde. Wie Europas Populisten ihre Nationen verkaufen. Wien: Falter Verlag 2017. 128 S.