Konstantin Kaiser
"Großer vaterländischer Krieg" und Waffenstillstandswünsche
Die Féderation Internationale des Résistants (FIR) befindet sich immer noch im Großen Vaterländischen Krieg. Daß die Niederwerfung des Nationalsozialismus und des japanischen Faschismus im Zweiten Weltkrieg nicht allein das Werk der Roten Armee war, die in den Krieg im Osten erst drei Monate nach Ende der Kampfhandlungen im Westen eintrat und sich am Krieg im Westen erst zwei Jahre nach dessen Beginn notgedrungen beteiligte, sind keine Nebensächlichkeiten.
Die Zeitschrift des österreichischen KZ-Verbandes/VdA. Zeitschrift für Freiheit, Recht und Demokratie veröffentlicht in ihrem 78. Jahrgang, erstes Quartal 2023 auf Seite 3 eine „Erklärung der FIR: Ein Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine“
In der Erklärung werden leider offenkundig falsche, irreführende Behauptungen aufgestellt. In den „Folgen eines Wirtschaftskrieges“, wird geklagt, seien Düngemittel und Getreide für die ärmeren Länder der Welt "unerschwinglich geworden", was wie allgemein bekannt, vor allem eine Folge der Blockade der ukrainischen Schwarzmeer-Häfen durch die Russische Föderation ist. Zentraler Satz der FIR Erklärung ist aber: „Wir erleben, dass dieser Krieg durch massive Anlieferung von Angriffswaffen aus dem Nato-Arsenal und logistischer Unterstützung zunehmend den Charakter eines Stellvertreterkieges zwischen Russland und den Nato-Staaten annimmt.“Wessen Stellvertretung die Russische Föderation in diesem Krieg übernommen hat, bleibt ungesagt. Die Erklärung beruft sich dann auf die Minsker Protokolle und fordert „sofortigen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen“. Natürlich ist man auch dafür, „dass die Lieferung von Angriffswaffen diese Feindseligkeiten nicht in die Länge zieht“. Man sieht sich „in Übereinstimmung mit Papst Franziskus, der eindringlich vor der Gefahr eines Atomkrieges gewarnt hat…“. Dass ausgerechnet von russischer Seite wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht wurde, wird von diesen selbsternannten „PartisanInnen des Friedens und der Menschlichkeit“ einfach verschwiegen. Der Höhepunkt ist, dass sich die FIR an die „VeteranInnen des großen vaterländischen Krieges in den verschiedenen europäischen Ländern und Israel“ wendet, sich für die Einstellung der Feindseligkeiten einzusetzen.
Offenbar war die Niederwerfung des Nationalsozialismus und des japanischen Imperialismus in den Augen der FIR, allein eine sowjetische Angelegenheit, und so ist auch nicht vom Zweiten Weltkrieg die Rede, sondern nach stalinistischer Leseart vom großen vaterländischen Krieg.
Eine auf derselben Seite abgebildete Karikatur zeigt eine rote Sichel und einen roten Hammer, die Raketen niederschlagen. Dazu ein gereimter Spruch: „Friedenskraft, die Frieden schafft“. Offenbar ist hier noch einmal die Sowjetunion gemeint.
Das alles ist am Rande des Wahnsinns. Eine solche Verachtung der Tatsachen. Mißbrauch des antifaschistischen Widerstands zur Liebedienerei für den russländischen Faschismus, dem im Moment ein Waffenstillstand gelegen käme!