Theodor Kramer Gesellschaft

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Der 24. Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil wird 2024 an Vladimir Vertlib verliehen

Das Preisgeld beläuft sich auf 8000€.
Die Verleihung findet am Freitag, dem 13. September 2024 in Niederhollabrunn statt, unweit des Geburtshauses Theodor Kramers.
Es werden sowohl die literarische Qualität, als auch die Haltung und das Schicksal der Preisträgerin oder des Preisträgers gewürdigt. Der Preis ist nicht alleine ÖsterreicherInnen und Menschen, die aus Österreich vertrieben wurden, vorbehalten. Auch das Schreiben in deutscher Sprache ist keine Bedingung.
Mit diesem Preis wird in Österreich Literatur gewürdigt, die im Widerstand und im Exil entstanden ist und entsteht. Die Theodor Kramer Gesellschaft will damit zugleich ein Zeichen setzen, dass in Österreich nicht alles in eine Richtung verläuft, dass dies ein Land mit seinem Widerspruch ist und im Widerspruch und Ringen mit sich selbst auch weiterschreitet. In all den Jahren der Zweiten Republik wurden aus Österreich vertriebene Autorinnen und Autoren höchst selten und nur dann mit Preisen bedacht, wenn sie entweder international schon vielfach preisgekrönt waren oder aber ihren Wohnsitz wieder in Österreich auf­geschlagen hatten.

1) Preisbegründung

2) Kurzbiographie des Preisträgers Vladimir Vertlib

3) Programm der Veranstaltungen

 

Preisbegründung

Das Schaffen Vladimir Vertlibs, eines „deutsch schreibenden jüdischen Russen, der zur Zeit in Österreich lebt“, wie er sich selbst einmal bezeichnete, stellt sich an die Seite derjenigen, die durch den Sturm der Geschichte gewirbelt werden und dennoch standhaft bleiben. In klarer, schöner Sprache spricht er von den Schlägen, die kein Schicksal sind, weil sich seine Figuren nicht dem ergeben, was ihnen geschieht. Mit Ironie fasst er, was ansonsten oft fassungslos macht. Es ist nicht zuletzt der Humor Vladimir Vertlibs, der sich durch seine Zeilen zieht, die dem Widerständigen eine Sprache gibt. So vermag seine Prosa Politik, Geschichte und Alltägliches, also das, was wir Leben nennen, so zu verbinden, dass Erkenntnis daraus erwächst. Ausgehend von der eigenen Erfahrung spinnt er Geschichten über Migration, Identität, Fremdsein und findet den Aberwitz im Tragischen, um an den Verhältnissen nicht zu verzweifeln. Der Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil geht somit an einen Autor, dem das Nicht-Beigeben durch seine Sätze scheint.

 

Kurzbiographie des Preisträgers

 

Vladimir Vertlib. Foto: (c) privat

Pressefoto auf Anfrage (emanuely[a]theodorkramer.at)

Vladimir Vertlib wurde 1966 in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg, geboren, emigrierte 1971 mit seinen Eltern aus der UdSSR nach Israel, um von dort nach mehreren Zwischenstationen auf einer zehnjährigen Odyssee als Migrant, zeitweiser Rückkehr nach Israel und Aufenthalt in den USA, sich schlussendlich in Österreich niederzulassen. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre lebt und arbeitet er seit nunmehr über dreißig Jahren als freier Schriftsteller in Salzburg und Wien. In seinem Werk thematisiert er, unter anderem, eben jene eigene Erfahrung von Flucht, Emigration und Antisemitismus. Vladimir Vertlib schreibt Romane, Erzählungen, Essays, Beiträge und Artikel für Zeitungen und Zeitschriften, darunter für die „Jüdische Allgemeine“, „Literatur und Kritik“, „Spectrum (Die Presse)“, die „Salzburger Nachrichten“, um nur einige zu nennen. Viele Jahre fungierte er auch als Mitherausgeber der „Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und Widerstands“. Sein Debüt als Schriftsteller machte Vertlib mit der autobiographischen Erzählung „Abschiebung“ im Jahr 1995 im Otto Müller Verlag. Es folgten die Bücher „Zwischenstation“ (Deuticke, 1999), „Das besondere Gedächtnis der Rosa Masur“ (Deuticke, 2001), „Letzter Wunsch“ (Deuticke, 2003), „Mein erster Mörder. Lebensgeschichten“ (Deuticke, 2006), „Am Morgen des zwölften Tages“ (Zsolnay, 2009), „Schimons Schweigen“ (Deuticke, 2012), „Lucia Binar und die russische Seele“ (Deuticke, 2015). Mit diesem Roman gelangte Vladimir Vertlib auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis. 2018 erschien bei Deuticke „Viktor hilft“, 2022 im Residenz Verlag „Zebra im Krieg“. Zuletzt erschien 2024 „Die Heimreise“ (Residenz), ein Roman über den Aberwitz des Lebens in der Sowjetunion der 1950er Jahre und eine Hommage an seine Mutter. Zudem veröffentlichte er die beiden Essaybände „Ich und die Eingeborenen“ und „Spiegel im fremden Wort. Die Erfindung des Lebens als Literatur“ (beide Thelem, 2012). Er schrieb das Libretto für das am 5. Mai 2007 am Appellplatz des ehem. KZ Mauthausen uraufgeführten Oratoriums „… und alle Toten starben friedlich …“ von Wolfgang R. Kubicek. 2015 war Vladimir Vertlib freiwilliger Flüchtlingshelfer in Salzburg und schrieb in Folge das Theaterstück „ÜBERALL NIRGENDS lauert die Zukunft“.
Viele seiner Romane, Erzählungen und Essays wurden bereits ins Russische, Tschechische, Slowenische, Italienische, Französische, Spanische und Kroatische übersetzt.
Zahlreiche Preise begleiten seinen Werdegang als Schriftsteller. So erhielt er 1999 den Österreichischen Förderpreis für Literatur, 2001 den Förderpreis zum Adelbert-von-Chamisso-Preis, den Anton-Wildgans-Preis und 2006 die Chamisso-Poetikdozentur. 2023 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Literatur. Und 2024 gesellt sich der Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil hinzu.

 

Programm der Veranstaltungen

Feierliche Preisverleihung
Freitag, 13. September, 19 Uhr
Pfarrsaal Niederhollabrunn
Kirchenplatz 1, 2004 Niederhollabrunn

Weitere Veranstaltungen im: Republikanischen Club - Neues Österreich, Literaturhaus Salzburg