Theodor Kramer Gesellschaft

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Jan Kreisky
Die Tschechoslowakei
Verfolgung, Exil, Widerstand - eine Chronik

Erschienen in "Streiflichter Tschechoslowakei". In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und Widerstands. 31. Jg. Nr.2-3 August 2014, 42-47

Vorgeschichte

Seit dem Vormärz und der Revolution 1848 verschärft sich im Vielvölkerstaat der Monarchie die nationale Frage. Gleichberechtigungsbestrebungen der nicht-deutschen Nationen werden im Neoabsolutismus unterdrückt. Die Schwäche des Regimes bietet 1867 den Ungarn die Gelegenheit, einen Staat innerhalb des Habsburgerreiches durchzusetzen - ein Vielvölkerstaat in sich mit Ungarn als bestimmender Kraft. Die "Länder der Wenzelskrone" wollen eine ähnliche Stellung wie Ungarn, die Forderung der Tschechen nach einem dritten Staat innerhalb des Habsburgerreiches hat jedoch kaum Realisierungschancen. Zwischen den "Ländern der ungarischen Stephanskrone" und den "im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern" gibt es keinen Nationalitätenkonflikt, zumal in beiden Teilstaaten Slawen um Gleichberechtigung ringen. Die "Tschechoslawische Sozialdemokratische Partei in Österreich" entsteht 1878 aus einer Sektion der Sozialdemokratie Österreichs, gegründet 1863 in Asch (Böhmen). 1893 macht sich die Tschechoslawische Sozialdemokratische Partei von der österreichischen Mutterpartei unabhängig. Die Tschechische National-Soziale Partei (später National-Sozialistische Partei) wird 1897 als Abspaltung von der (und als Gegengewicht zur) tschechoslawischen Sozialdemokratie nach Austritt von fünf Abgeordneten gegründet, die im Streit um den Kurs der Partei auf nationale Eigenständigkeit drängen. Seither ist sie im Reichsrat vertreten. Die tschechoslawische Sozialdemokratie hält bis in den Ersten Weltkrieg hinein an der Forderung nach Autonomie innerhalb des Habsburgerstaates fest, 1918 spielt sie eine führende Rolle bei der Gründung des tschechoslowakischen Staates.
Der Erste Weltkrieg (1914-18) endet mit dem Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie. Schon während des Krieges bereiteten Gruppen im Pariser Exil und in den USA (um Tomáš Garrigue Masaryk, Edvard Beneš und Milan Rastislav Štefánik) und im Inland (die Jungtschechen um Karel Kramář) die Gründung der Tschechoslowakischen Republik und ihre Anerkennung durch die Entente-Staaten vor. Gegen Ende des Krieges ist das Territorium der späteren Republik Durchgangsstation für jüdische Pogromflüchtlinge aus Polen, der Ukraine und Russland.
Am 28. Oktober 1918 wird die Tschechoslowakische Republik (ČSR) ausgerufen. Der Nationalausschuss (11. November 1916 bis 14. November 1918) wird um die – in Absprache mit den an der Staatsgründung beteiligten Parteien gebildete – provisorische Nationalversammlung erweitert. In dieser wirken als stärkste politische Kraft die Tschechische Agrarpartei mit 55 Abgeordneten und die "Tschechoslowakische Sozialdemokratische Partei der Arbeiter" (ČSSD) mit 47 Abgeordneten als zweitstärkste Kraft mit. Am 12. November 1918 wird die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen. Die deutschen Parteien aus dem Gebiet der neugegründeten ČSR sind Mitglieder der aus den deutschen Abgeordneten des Reichsrats bestehenden provisorischen Nationalversammlung und verlangen den Anschluss der überwiegend deutschsprachigen Gebiete an Deutsch-Österreich, während die ČSR die Sudetengebiete für sich reklamiert. Die Provisorische Verfassung der ČSR tritt am 14. November 1918 in Kraft. Tomás Masaryk wird erster Präsident. Karel Kramář wird Ministerpräsident einer Allparteienregierung. Die Slowakische Volkspartei Hlinkas (1913 als eigenständige Partei gegründet) nimmt am 19. Dezember 1918 in Žilina ihre politische Tätigkeit auf. Im Januar 1919 gründet sich in Prag die Tschechoslowakische Volkspartei (ČSL). Jan Šrámek, 1894 bereits Vorsitzender der Mährisch-schlesischen Christlich-sozialen Partei und Abgeordneter im Reichsrat (1907-18) in Wien, wird erster Vorsitzender. 1921 tritt die ČSL in die Regierung ein. Im Friedensvertrag von St. Germain zwischen der Entente und der Republik Österreich (10. September 1919) werden Böhmen, Mähren und Schlesien als Staatsgebiet der ČSR anerkannt, und zwar einschließlich der mehrheitlich deutsch besiedelten Gebiete. Die Grenzziehung bleibt von ungarischer, polnischer und deutscher Seite umstritten.
Die deutschsprachige Arbeiterbewegung konstituiert sich im September 1919 in Teplitz-Schönau als "Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei in der ČSR" (DSAP). Sie tritt bei den Parlamentswahlen an und wird ab 1929 auch Regierungspartei. Ludwig Czech, Rechtsanwalt in Brünn, wird 1920 Vorsitzender der DSAP. Er ist Nachfolger des ersten Parteivorsitzenden Josef Seliger, der am 18. Oktober 1920 verstirbt. Daneben gibt es in der ČSR auch eine Ungarische SDAP, eine Polnische SAP und eine Ukrainische SDAP. Die Kommunistische Partei der ČSR (KSČ/KPTsch) bildet sich als übernationale Partei am 14. Mai 1921 aus einem von der ČSSD abgespaltenen linken Flügel. Erster Vorsitzender ist Bohumír Šmeral (ab Ende 1938 im Moskauer Exil). Die Arbeiterhilfe wird 1925 in der ČSR gegründet (im März 1932 vom Innenministerium aufgelöst, besteht sie als illegale Rote Hilfe weiter). Bei den Parlamentswahlen am 16. November 1925 gewinnt die Kommunistische Partei stark hinzu, während die tschechischen Sozialdemokraten annähernd die Hälfte ihrer Mandate verlieren. Die allnationale Koalition zerfällt und die politischen Mehrheitsverhältnisse im Parlament verschieben sich zugunsten der bürgerlichen Parteien und einer Bürgerblock-Regierung. Eine Gruppe um Klement Gottwald übernimmt 1929 die Führung der KSČ. Einige Gründungsmitglieder verlassen daraufhin die Partei.
Zur Verhinderung habsburgischer Restauration und Eindämmung des ungarischen Irredentismus entsteht unter französischem Einfluss als Folge von Vertragsabschlüssen (14. August 1920 bis 7. Juni 1921) zwischen der ČSR, dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS, ab 1929 Jugoslawien) und Rumänien die "Kleine Entente". Der österreichische Bundeskanzler und Außenminister Johann Schober unterzeichnet am 16. Dezember 1921 auf Schloss Lány bei Prag einen Vertrag mit der ČSR über gegenseitige Anerkennung der Grenzen. Weil Schober damit auf das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen verzichtet, verlassen die großdeutschen Minister die Regierung, Schober tritt am 26. Jänner 1922 zurück. Von 1921 bis 1935 ist die "Russische Hilfsaktion" ("Hilfsaktion der ČSR für die russische und ukrainische Emigration und die hungerleidende Bevölkerung in Russland") in der ČSR tätig.


Emigration aus dem Deutschen Reich und Österreich bis 1938

30. Jänner 1933: Nach der NS-Machtergreifung in Deutschland verkünden die Deutsche Nationalpartei (DNP) und die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP) in der ČSR, die Angliederung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich anzustreben. Daraufhin werden sie verboten. Nach Hitlers Machtantritt kommen Flüchtlinge aus Deutschland über die tschechoslowakische Grenze. Die Einreise ist ohne Visum möglich. SA-Einheiten und NS-Kampftrupps dringen auf das Gebiet der ČSR vor, um der Flüchtlinge habhaft zu werden und sie einzuschüchtern.
1. März 1933: Die Grenzorgane werden durch das ČSR-Innenministerium angewiesen, "den Grenzübertritt von Personen ..., die als kommunistische Exponenten bekannt sind, zu verwehren ... Die Einreise ähnlicher destruktiver Elemente ist als unvereinbar mit den Sicherheitsinteressen des Staates anzusehen." Um das faschistische Nachbarregime nicht zu verärgern, wird auch über linke österreichische Flüchtlinge ein Einreiseverbot verhängt. Dennoch gelangen kommunistische Flüchtlinge weiter in die ČSR, ohne ausgewiesen zu werden. Die Behörden führen Ausweisungen und Auslieferungen nicht konsequent durch.
Ab April/Mai 1933 bauen oppositionelle Organisationen in der ČSR Unterstützungsstrukturen für Flüchtlinge auf (Jüdisches Hilfskomitee – später HICEM; Sozialdemokratische Flüchtlingsfürsorge; Hilfskomitee des Einheitsverbandes der Privatangestellten – "Klein-Komitee"; Hilfskomitee für Flüchtlinge – "Šalda-Komitee" und die "Demokratische Flüchtlingsfürsorge", gegründet durch David Grossmann und auf Empfehlung der Liga für Menschenrechte, die angeregt von Edvard Beneš seit 1929 einen Sitz in Prag hat). Der Völkerbund-Hochkommissar für Flüchtlinge aus Deutschland befördert ab 1933 den Zusammenschluss der großen Komitees zum Dachverband "Comité National" (Vorsitz ab 1936: Marie Smolka).
Kulturklubs, Diskussionszirkel und Theater entstehen ab 1934 (Tschechisch-Deutscher Bühnenclub, Bert-Brecht-Klub, in Kooperation mit der tschechischen Sozialdemokratie "Der neue Klub"; unter dem Namen "Studio 34" wird bei der tschechischen Avantgardebühne "D 34" ein deutsches Emigrantentheater eingerichtet; 1935 wird ein Klub tschechisch-deutscher Theaterschaffender gegründet).
1936 kommt es zur Gründung einer Thomas-Mann-Gesellschaft zur Unterstützung der aus NS-Deutschland vertriebenen Schriftsteller, initiiert von den Flüchtlingen Friedrich Burschell und Frank Warschauer, Schirmherren sind Heinrich Mann, Arnold Zweig und Lion Feuchtwanger, Thomas Mann leiht seinen Namen, Spendenaktionen laufen in ganz Europa. Ebenso wird der Oskar-Kokoschka-Bund für bildende Künstler und Schauspieler 1936 ins Leben gerufen, der u.a. von Josef Čapek, Otokar Fischer, Adolf Hoffmeister, Egon Erwin Kisch und František Zelenka unterstützt wird; zu den Gründungsmitgliedern gehören nach Prag geflüchtete Künstler wie Johannes Wüsten, Theo Balden und John Heartfield (der auch die Galerie Manés in Prag betreibt).
Ein breites Spektrum an in Prag etablierten Exil-Verlagen bietet Publikationsmöglichkeiten für Emigranten. So leitet Wieland Herzfelde bis 1938 in Prag den Malik-Verlag, enfaltet Willi Münzenberg im Rahmen der Internationalen Arbeiterhilfe eine rege Verlags- und Zeitschriften-Aktivität. Zudem existiert eine beachtliche Exilpresse: Der Simplicus erscheint wöchentlich in Prag vom 25. Jänner bis 13. September 1934, hg. von Franz Bidlo, österreichische MitarbeiterInnen sind u.a. Eugen Höflich, Anton Kuh, Alfred Polgar und Hugo Sonnenschein; Nachfolgezeitschrift ist bis 4. Juli 1935 "Der Simpl"; die Arbeiter-Illustrierte-Zeitung erscheint vom 25. März 1933 bis 12. August 1936 wöchentlich in Prag, Chefredakteur ist F.C. Weiskopf, österreichische Mitarbeiter sind u.a. Bruno Frei, Hugo Huppert und Auguste Lazar; Die Neue Weltbühne erscheint vom 6. April 1933 bis 31. August 1939 wöchentlich als Fortsetzung der "Weltbühne" (Berlin 1905-33) und der "Wiener Weltbühne" (Wien, ab September 1932), faktisch bis Mai 1938 in Prag; Herausgeber ist Hermann Budzislawski; österreichische MitarbeiterInnen sind u.a. Ferdinand Bruckner, Fritz Brügel, Bruno Frei, Elisabeth Freundlich, Alfred Polgar, Hugo Sonnenschein, Berthold Viertel und Franz Werfel; Der Gegen-Angriff erscheint in Prag von Ende April 1933 bis Mitte März 1936 zuerst vierzehntägig, dann wöchentlich, Chefredakteur ist Bruno Frei, österreichische MitarbeiterInnen sind u.a. Béla Balász, Max Brod, Ernst Fischer und Hugo Huppert.
Bis 1939 erscheinen in Prag zudem deutschsprachige Tageszeitungen, die zahlreiche Artikel von EmigrantInnen abdrucken: Prager Tagblatt, 1876-1939; Prager Presse, 1921-1939; Der Sozialdemokrat, Zentralorgan der DSAP, 1925-1938; Deutsche Volks-Zeitung, Sprachrohr der deutschsprachigen Kommunisten in der ČSR.


Zunahme der Repression gegen linke Organisationen bei gleichzeitiger Formierung neuer rechter Gruppierungen

27. Juni 1933: Die KPÖ wird von der Regierung Dollfuß in Österreich verboten; mit ihr "Die Rote Fahne. Zentralorgan der Kommunistischen Partei Österreichs (Sektion der Kommunistischen Internationale)". Sie erscheint nun vierzehntägig bis März 1938 in Prag und wird illegal in Österreich verbreitet.
Am 1. Oktober 1933 wird die Sudetendeutsche Heimatfront (SHF) durch den Turnlehrer Konrad Henlein gegründet.
Nach Ausbruch der Februarkämpfe in Österreich reist Otto Bauer am 13. Februar 1934 mit Hilfe sudetendeutscher Sozialdemokraten nach Preßburg/Bratislava. Auch Julius Deutsch kommt am 14. Februar 1934 mit Hilfe der tschechoslowakischen Gesandtschaft nach Preßburg. Das Auslandsbüro Österreichischer Sozialdemokraten (ALÖS) wird am 15. Februar 1934 in Brünn/Brno gegründet, die Konsumgenossenschaft "Včela" und der Brünner Stadtrat Wenzel Kovanda stellen Räume zur Verfügung. Die "Arbeiter-Zeitung. Organ der österreichischen Sozialdemokratie" (AZ) erscheint vom 25. Februar 1934 bis zum 22. November 1936 wöchentlich in Brünn bei der Druck- und Verlagsanstalt Graphia in Karlsbad/Karlovy Vary. MitarbeiterInnen: Fritz Brügel, Hugo Sonnenschein, Ernst Fischer, Erich Freudmann, Josef Hofbauer, Paula Wallisch, Max Winter u.a. Das theoretische Organ der österreichischen Sozialdemokratie "Der Kampf" erscheint vom Mai 1934 bis April 1938 monatlich in Prag.

Schmuggel- und Fluchtwege: Die AZ wird von der ČSR über die kaum bewachte, grüne Grenze nach Österreich geschmuggelt und von AktivistInnen der Revolutionären Sozialisten (RS) in Österreich illegal zugestellt. Über die Schmuggelwege für Propagandamaterial gelangen in umgekehrter Richtung auch Flüchtlinge in die ČSR; Schutzbündler und ihre Familien kommen illegal in die ČSR (bis zu 3.000 Personen). Sie werden vom ALÖS und der Österreichischen Flüchtlingsstelle für Sozialdemokraten unter Mithilfe beider sozialdemokratischer Parteien der ČSR über den Raum Prag, Nordböhmen, Mittel- und Südböhmen, Mähren und Slowakei verteilt und in 18 Lagern betreut. An der Grenzstelle Bratislava helfen deutsche Sozialdemokraten den Februar-Flüchtlingen, da zwischen slowakischen und österreichischen Sozialdemokraten kaum Kontakte bestehen. Als Möglichkeit zum Grenzübertritt bleibt einzig der halbwegs sichere Weg von Wolfsthal nach Kittsee, um mit Berufsschmugglern über die Grenze zu kommen; für nicht besonders Gefährdete besteht Gelegenheit zu legalem Grenzübertritt mit ordnungsgemäßem Pass mittels Eisenbahn oder Elektrischer Straßenbahn (bis zum 5. Oktober 1935).

Fluchthelfer und Unterstützungsstellen: Der tschechoslowakische Gesandte in Wien, Zdenìk Fierlinger, gewährt Zuflucht in der Botschaft, mit gefälschten Heimatscheinen werden Flüchtlingen tschechoslowakische Pässe ausgestellt. Joseph Simon (Autonomer Schutzbund, RS) bringt auch Luitpold Stern über die Grenze. Die Joseph-Simon-Gruppe hat Verbindungen zum deutschen sozialdemokratischen Parlamentsklub in der ČSR, zur Flüchtlingsstelle Znaim und zu einer inoffiziellen Flüchtlingshilfsstelle im 6. Wiener Bezirk. In Brünn entsteht die "Zentralstelle für österreichische Flüchtlinge", die von beiden sozialdemokratischen Parteien unterstützt wird; zudem gibt es auch ein Hilfskomitee der KPTsch. In Prag erfahren die Emigranten Solidarität und finanzielle Unterstützung durch die DSAP, später auch durch die tschechische Sozialdemokratie, vermutlich weil in der österreichischen Sozialdemokratie, besonders in Wien, viele Mitglieder tschechischer Herkunft engagiert sind. Der Leiter der Anlaufstelle in Prag ist Hans Schabes (einst SDAPÖ). Die Auslandsvertretung des Zentralkomitees der KPÖ, die Auslandsvertretung österreichischer Gewerkschaften wie auch der Vorstand der Exil-SPD werden in Prag eingerichtet. Die Netze der internationalen Solidarität reichen von Verbindungen zu den Quäkern in England und den USA bis zum Internationalen Gewerkschaftsbund und westlichen Gewerkschaften. Fluchthelfer aus England wie Hugh Gaitskell, Elwyn Jones, Kim Philby (KPÖ/Komintern-Stelle in Prag) und George Eric Gedye dienen als Kuriere und Verteiler ausländischer Geldsendungen. Sie schmuggeln Heimatscheine und Pässe, planen den Einsatz englischer Linker bei Hilfsaktionen.

"Rußland-Transporte": Im Frühling 1934 fällt die grundsätzliche Entscheidung über ein Asylangebot an Schutzbündler im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale. Die Einladung wird durch Stalin im Radio verkündet; mit der Durchführung der Transporte werden die Internationale Rote Hilfe (MOPR) und der Allunionsrat der sowjetischen Gewerkschaften (WZSPS) beauftragt; KPTsch, Rote Hilfe in Prag und das ALÖS sind eingebunden. In sieben Großtransporten sowie mehreren kleineren Transporten und Reisegruppen reisen vom 23. April 1934 bis 1937 etwa 750 Schutzbündler in die Sowjetunion.
Am 1. September 1934 halten die Revolutionären Sozialisten (damals noch Vereinigte Sozialistische Partei Österreichs) ihre "Wiener Konferenz" in Blansko bei Brünn ab. Anfang September findet auch der 12. Parteitag der KPÖ in Prag statt; in Brünn wird die neue Zeitung "Der Schutzbund. Organ des Revolutionären Schutzbundes" gedruckt. 1934/35 nehmen ideologische Konflikte, Unzufriedenheit und Radikalisierung in den Schutzbundflüchtlingslagern zu; rechte Hetze gegen Flüchtlinge und Forderungen nach Schaffung eines Emigrantengesetzes in der ČSR werden lauter; die Vorstände der tschechischen und deutschen Sozialdemokratie in der ČSR kommen unter Druck.
"Weg und Ziel. Blätter für Theorie und Praxis der österreichischen Arbeiterbewegung", hg. vom Zentralkomitee der KPÖ, erscheint 1935 bis 1938 in unregelmäßiger Folge in Prag. Nach Debatten in der ČSR wird am 28. März 1935 das Gesetz über den Aufenthalt von Ausländern verabschiedet, was die Situation der Flüchtlinge zusätzlich erschwert. Zudem wird im März 1935 österreichischen Februaremigranten bekannt gemacht, dass die Gewerkschaften der Sowjetunion "ihr Versprechen, die geflüchteten Schutzbundkämpfer in die SU aufzunehmen, im wesentlichen erfüllt" haben. Die Sammeltransporte für Schutzbundemigranten werden eingestellt. Nur noch in Einzelfällen, bei drohender mehrjähriger Gefängnisstrafe oder Todesstrafe, wird die Einreise noch toleriert. Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass unter den vielen Hunderten Schutzbund-Emigranten auch "unwürdige Elemente mitgefahren (sind), die oft ein undiszipliniertes und unproletarisches Verhalten an den Tag legten". Mindergefährdeten wird empfohlen, zur "revolutionären Arbeit" ins eigene Land zurückzukehren. Und selbst jene Schutzbündler, die nach Moskau flüchten konnten, dürfen sich kaum in Sicherheit wähnen. Viele von ihnen geraten in die Mühlen stalinistischer Säuberungspolitik.

19. April 1935: Die SHF ändert auf Druck der tschechoslowakischen Regierung ihren Namen in Sudetendeutsche Partei (SdP), um zu den Parlamentswahlen antreten zu können. Die SdP wird durch die deutsche NSDAP finanziell unterstützt. Als Antwort auf die Aufrüstung des Deutschen Reiches schließt die ČSR ein Militärbündnis mit der Sowjetunion (16. Mai 1935). Das ein Jahrzehnt zuvor (16. Oktober 1925) vereinbarte Französisch-tschechoslowakische Beistandsabkommen wird zu einem Sowjetisch-französisch-tschechoslowakischen Pakt erweitert. Eine Klausel des Dreierpakts überlässt die Entscheidung über das Eintreten des Bündnisfalls jedoch Frankreich. Die Rote Hilfe in der ČSR wird nun wieder legalisiert. Bei den Parlamentswahlen (19. Mai 1935) wird die SdP Konrad Henleins zur stimmenstärksten Partei in der ČSR. Die Regierungsbildung erfolgt aber durch die um ein Parlamentsmandat stärkeren tschechischen Agrarier. Am 15. September 1935 werden im Deutschen Reich die "Nürnberger Gesetze" verlautbart. Weitere Flüchtlinge kommen in die ČSR. Am 18. Dezember 1935 wird Edvard Beneš als Nachfolger von T.G. Masaryk zum Staatspräsidenten gewählt.
Bei ihrer Reichskonferenz in Brünn Ende 1935 versuchen die Revolutionären Sozialisten, trotz Verhaftungen, einen Neuanfang. In Österreich wird im Dezember 1935, zum Teil aufgrund des Drucks aus dem Ausland, eine Weihnachtsamnestie erlassen. Auch das ALÖS empfiehlt "die baldige Rückkehr nach Österreich" (5. Jänner 1936). Mitte Juni 1936 sind nur noch 45 sozialistische Emigranten aus Österreich in tschechoslowakischen Heimen. Außerhalb der Heime bleiben aber viele (wie etwa Fritz Brügel) in der ČSR. Der frühere Schutzbund ist über Europa und Übersee verteilt. Das österreichische Regime übt verstärkten Druck auf die tschechoslowakischen Behörden aus, das Erscheinen der Auslandsausgabe der AZ zu untersagen. Ab März 1937 gibt das ALÖS Paris als offiziellen Erscheinungsort für die AZ an, bis die AZ dann tatsächlich bis zum März 1938 vierzehntägig in Paris erscheint. Anfang Sommer 1937 verfolgt das tschechoslowakische Innenministerium die Absicht, alle Emigranten aus den Grenzgebieten und aus der Hauptstadt zu entfernen und sie in acht Bezirken der Böhmisch-Mährischen Höhen zusammenzuführen, der Plan wird allerdings nicht realisiert. Nach der Besetzung Österreichs (12. März 1938) werden die tschechoslowakischen Behörden instruiert, keine Reisenden aus Österreich über die Grenze zu lassen.
Die SdP verkündet am 24. April 1938 das Karlsbader Programm, in dem die vollständige Autonomie der Deutschen in der ČSR gefordert wird. Bei den Parlamentswahlen im Mai 1938 erreicht die SdP, die nun ganz offen der Politik Hitlers folgt, 91 Prozent aller deutschen Stimmen.


Münchner Abkommen und Folgen

29. September 1938: Das Münchner Abkommen zwischen Italien, dem Deutschen Reich, Frankreich und Großbritannien abgeschlossen – ohne direkter Beteiligung der ČSR; auch die Sowjetunion ist bei der Konferenz nicht vertreten –, leitet die Liquidierung der ČSR ein: Abtretung der überwiegend von Deutschsprachigen besiedelten Randgebiete. Ferner wird das Gebiet in fünf Zonen eingeteilt; über die Grenze der fünften Zone soll ein internationaler Ausschuss entscheiden; in Gebieten mit umstrittener Nationalität soll eine Volksabstimmung stattfinden; die neuen Grenzen wurden vorerst nur von Frankreich und Großbritannien garantiert; Italien und das Deutsche Reich wollten ihre Garantie erst nach Regelung der Frage der ungarischen und polnischen Minderheiten geben. Die britische und die französische Regierung sind dem Deutschen Reich möglichst weit entgegengekommen, in der Absicht durch Befriedigung von Hitlers Gebietsansprüchen einen Krieg abzuwenden. Während die tschechoslowakische Armee vereinbarungsgemäß das Abtretungsgebiet bis zum 10. Oktober 1938 räumt, besetzt die deutsche Wehrmacht die Grenzgebiete. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen kehrt auch Konrad Henlein samt Freikorps zurück. An die 200.000 Menschen (darunter 15.000 Jüdinnen, 20.000 deutsche Sozialdemokratinnen und Kommunistinnen und 150.000 Tschechen und Slowakinnen) flüchten aus den besetzten Gebieten nach Innerböhmen. Eine massive Zuwanderung aus dem "Altreich" in die Sudetengebiete setzt ein.


Aufnahme in Großbritannien

Im Oktober 1938 wird aus Spenden und einem "Geschenk von 4 Mio. Pfund für die tschechoslowakische Regierung" das "British Committee for Refugees from Czechoslovakia" geschaffen. Aus dem verbliebenen Guthaben von 3,5 Mio Pfund richtet die Britische Regierung am 21. Juli 1939 den Czech Refugee Trust Fund ein. Der Aufgabenbereich umfasst finanzielle Unterstützung und soziale Fürsorge für Flüchtlinge mit tschechoslowakischer Staatsbürgerschaft. Er erstreckt sich aber auch auf deutsche und österreichische EmigrantInnen, die Asyl in der ČSR erhalten haben und nun infolge des Münchner Abkommens zu weiterer Flucht gezwungen sind. Zahlreiche Flüchtlinge (475 Österreicher) können aus der ČSR nach Großbritannien flüchten; u.a. Paul Anton Roubiczek, Joseph Kalmer, Fritz Brügel, Ernst Sommer, Paul Reimann, Rudolf Fuchs und Hermynia Zur Mühlen.
Polen annektiert am 2./3. Oktober 1938 gegen den Willen der tschechischen Regierung das mehrheitlich von Polen bewohnte Olsagebiet und besetzt den tschechischen Teil der seit 1919 getrennten Stadt Teschen (Český Tìšín). Edvard Beneš legt am 5. Oktober 1938 das Präsidentenamt zurück. Die Slowakische Volkspartei erklärt am 6. Oktober 1938 zusammen mit fast allen slowakischen Parteien die Autonomie der Slowakei innerhalb der ČSR. Prag akzeptiert dies im Abkommen von Žilina/Sillein, durch das die Slowakei am 6. Oktober 1938 und die Karpato-Ukraine am 8. Oktober 1938 Autonomie innerhalb der föderalisierten ČSR erlangen. Monsignore Jozef Tiso wird am 7. Oktober 1938 Premierminister der Slowakei. In der Slowakei kommt es vor allem durch die Hlinka-Garde zu Gewaltakten gegen JüdInnen (Plünderungen von Geschäften, Überfälle und Verhaftungen, Verwüstungen von Friedhöfen und Synagogen). Auch in den Sudetengebieten werden Juden und Oppositionsgruppen verfolgt. Am 20. Oktober 1938 wird die Kommunistische Partei der ČSR (KSČ) verboten. Das Gebäude des Parteiorgans "Rudé právo" wird von der Polizei besetzt. Am 22. Oktober 1938 geht Klement Gottwald, Generalsekretär der KSČ, ins Moskauer Exil (Moskauer Exilgruppe um Klement Gottwald) und Edvard Beneš flüchtet nach London (Londoner Exilgruppe um Edvard Beneš).
2. November 1938: Im Ersten Wiener Schiedsspruch (Schloss Belvedere) übertragen der reichsdeutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop und der italienische Außenminister Graf Galeazzo Ciano die Gebiete mit ungarischer Bevölkerungsmehrheit in der Südslowakei und in der Karpato-Ukraine an Ungarn. Ungarn beabsichtigt, die gesamte Slowakei unter seine Herrschaft zu bringen. Es folgt die Besetzung der zugesprochenen Gebiete durch Honvéd (Magyar Királyi Honvédség), angeführt vom Reichsverweser Miklós Horthy. Slowakische und tschechische Angestellte bei Bahn und im öffentlichen Dienst werden entlassen; Slowaken und Juden werden die Gewerbescheine entzogen, slowakische Schulen geschlossen. Aus der Südslowakei flüchten etwa 100.000 Slowaken und Tschechen. Die jüdische Bevölkerung in den besetzten Gebieten ist Verfolgung und Gewalt ausgesetzt.
8. November 1938: Bildung der Einheitspartei "Hlinkas Slowakische Volkspartei – Partei der Slowakischen Nationalen Einheit" unter dem Vorsitz von Jozef Tiso. Am 9./10. November 1938 kommt es auch in sudetendeutschen Städten zu den Gewaltakten der "Reichskristallnacht". Die Autonomie der Slowakei und der Karpato-Ukraine wird am 19. November 1938 durch ein Verfassungsgesetz verankert und am 22. November 1938 im "Autonomiegesetz" abgesichert, durch das der Staat in Tschecho-Slowakische Republik umbenannt wird. Mit dem "Gesetz zur Wiedervereinigung" (21. November 1938) wird das Sudetengebiet zu einem Teil des Deutschen Reiches.


Protektorat Böhmen und Mähren

14.-18. März 1939: Der Deutsche Einmarsch in Prag und in andere Teile der ČSR vollendet ihre Zerschlagung. Die deutsche Wehrmacht besetzt entgegen dem Münchner Abkommen und ohne Zustimmung der anderen Großmächte die Republik, die per Erlass (16. März 1939) als Reichsprotektorat "Böhmen und Mähren" dem Großdeutschen Reich zugehörig erklärt wird. Die so genannten volksdeutschen Bewohner werden zu "deutschen Staatsangehörigen". Nach dem Reichsbürgergesetz (15. September 1935) gelten sie nun als "Reichsbürger". Die übrigen Bewohner von Böhmen und Mähren sind nur "Staatsangehörige des Protektorates Böhmen und Mähren" (Art. 2 Abs. 1 und 2). Zum Reichsprotektor wird Constantin Freiherr von Neurath mit Amtssitz in Prag ernannt und als sein Stellvertreter Karl Hermann Frank, vormals Stellvertreter Henleins in der SdP. Die Slowakei wird, mit Ausnahme eines Streifens entlang Mährens, nicht von deutschen Truppen besetzt. Unter dem Druck Hitlers wird die erste Slowakische Republik gebildet und als deutscher Vasallenstaat gegen Polen in Stellung gebracht. Tiso wird neuerlich Ministerpräsident der Slowakei. Gleichzeitig annektiert Ungarn entgegen dem Wiener Schiedsspruch die Karpato-Ukraine. Teile der tschecho-slowakischen Regierung flüchten ins Ausland und zahlreiche Armeeangehörige verlassen das Land Richtung Polen, bis sie dann, meist über Frankreich, nach Großbritannien gelangen. Im slowakisch-ungarischen Krieg (23. März bis 4. April 1939) verliert die Slowakei die östlichen Gebiete des umstrittenen Landesteils.
3. April 1939: Veröffentlichung einer von Franz Werfel verfassten Protestresolution gegen die deutsche Besetzung der Tschechoslowakei in Paris. Unterzeichner u.a.: Fritz Brügel, Gina Kaus, Alfred Polgar, Emil Alphons Reinhardt, Joseph Roth, Berthold Viertel.
Mit dem "Sudetengaugesetz" (14. April 1939) dekretiert Hitler die Bildung des "Reichsgaues Sudetenland"; und Henlein wird zum Gauleiter und Reichsstatthalter ernannt (28. April 1939).
Bereits nach den Novemberprogromen 1938 konnten bis Anfang September 1939 Tausende gefährdete Kinder und Jugendliche aus der ČSR, Polen, dem Deutschen Reich über die ČSR in einer Rettungsaktion nach Großbritannien einreisen.
1. September 1939: Mit dem Überfall des Deutschen Reichs auf Polen stoßen auch Truppen des deutschen Vasallenstaats Slowakei auf polnisches Gebiet vor. In Frankreich wird eine tschechoslowakische Exilarmee (2. Oktober 1939) aufgebaut und der Tschechoslowakische Nationalausschuss (17. November 1939) wird gebildet, der nach der Besetzung Frankreichs nach London verlegt wird. In der tschechoslowakischen Exilarmee sind sudetendeutsche Sozialdemokraten nicht mehr als Deutsche ausgewiesen, in einer ihrer Legionen dient auch Franz Werfel. Als direkte Nachfolgeorganisation des Nationalausschusses, anerkannt von Großbritannien am 20. Dezember 1939, gründet Edvard Beneš die tschechoslowakische Exilregierung in London (13. Juli 1940). Die von Beneš am 21. Juli 1940 nominierte Exilregierung Jan Šrámek I wird durch die Sowjetunion und Großbritannien (18. Juli 1941) anerkannt. Sie koordiniert und leitet den Widerstand gegen die Besetzung im Protektorat Böhmen und Mähren und die Kämpfe der tschechoslowakischen Exilarmee im Westen; eine tschechoslowakische Armeeeinheit innerhalb der britischen Streitkräfte wird am 25. Oktober 1940 gebildet.
Die von Young Czechoslovakia herausgegebene Zeitschrift Einheit erscheint von Anfang 1940 bis November 1945 vierzehntägig in London. Literarische Beiträge u.a. von Klara Blum, Ferdinand Bruckner, Fritz Brügel, Erich Fried, Rudolf Fuchs, Hugo Huppert, Anna Maria Jokl, Max Knight, Ludwig Winder, Eva Priester, Paul Reimann, Ernst Sommer, Friedrich Torberg, Johannes Urzidil, Margarete und F.C. Weiskopf, Hermynia Zur Mühlen. Die zur "sudetendeutschen Kulturkommission" vereinigten Exilgruppen betreiben den Verlag der Einheit, in dem 1944 auch die Anthologie "Stimmen aus Böhmen" herauskommt. 1943 schließt das Free Austrian Movement (FAM) ein Abkommen mit der ČSR-Exilregierung, die als erste Regierung die Wiederherstellung eines demokratischen Österreich fordert. Die ČSR-Exilregierung erklärt sich bereit, österreichische Anliegen in interalliierten Kommissionen zu vertreten; eine österreichisch-tschechoslowakische Arbeitsgemeinschaft wird gegründet.
27. September 1941: Übernahme der Amtsgeschäfte des stellvertretenden Reichsprotektors durch Reinhard Heydrich, Karl Hermann Frank wird im Herbst 1943 mit der Ernennung zum Deutschen Staatsminister für Böhmen und Mähren belohnt. Nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens der tschechischen Bewohner im Protektorat werden nunmehr der "Germanisierung", "Umvolkung" und "Eindeutschung" unterzogen: durch Enteignung von Grund und Boden sowie Ansiedlung von Reichs- oder sogenannten Volksdeutschen; durch Enteignung von Unternehmen; Beseitigung der Zweisprachigkeit in den Verwaltungen und der Festlegung von Deutsch als alleiniger Amtssprache; durch Schließung von Volks- und Bürgerschulen (nachdem schon seit dem 17. November 1939 die Hochschulen im Protektorat geschlossen und Hochschullehrer sowie Studenten inhaftiert und getötet wurden). Im November 1941 kursieren Pläne der NS-Führung zur Vertreibung aller Tschechen aus Wien. Die Ende 1941/Anfang 1942 im Protektorat wirksam werdende Arbeitspflicht für alle männlichen und weiblichen Protektoratsbewohner vom 18. bis zum 50. Lebensjahr (zuvor wurden schon Männer zwischen 16 bis 25 Jahren per Verordnung vom 25. Juli 1939 verpflichtet) führt zu Deportationen und extremer Ausbeutung von Zwangsarbeiterinnen im Protektorat.
Oktober 1941: Die NS-Führung trifft Vorbereitungen für die Konzentrierung von Jüdinnen und Juden in Theresienstadt/Terezín, in deren "Kleiner Festung" schon 1940 ein Gefängnis der Gestapo Prag eingerichtet wurde. Ab November 1941 werden JüdInnen aus dem Protektorat in die zum Lager umfunktionierte "Große Festung" in Theresienstadt eingewiesen: unter ihnen Karel Švenk, Peter Kein und Camill Hoffmann. Nach der Wannsee-Konferenz (20. Jänner 1942) massenhafte Osttransporte vom KZ Theresienstadt (darunter Viktor Ullmann, Ilse Weber, Otto Brod, Friedl Brandeis-Dicker).  Ab Juni 1942: Einweisungen aus dem "Altreich" und Österreich, wie der Dichter Walter Lindenbaum mit Familie am 1. April 1943 von Wien nach Theresienstadt und im Herbst 1944 nach Auschwitz; ermordet am 20. Februar 1945 im KZ Buchenwald.
27. Mai 1942: Reinhard Heydrich stirbt an den Folgen eines vom tschechischen Widerstand verübten Attentats. Als Vergeltung lässt sein Nachfolger Kurt Daluege am 10. Juni 1942 die Ortschaften Lidice und Ležáky zerstören und ihre Einwohner ermorden.
Nach den Salzburger Verhandlungen (28. Juli 1940) ließen Hitler und Ribbentrop dem Regime in der Slowakei kaum mehr Handlungsspielraum, Tiso konnte allerdings in langwierigen inneren Machtkämpfen rivalisierende Gruppen um Vojtech Tuka im Oktober 1942 weitgehend entmachten. Schon im September 1941 erließ das slowakische Regime eine gegen Juden gerichtete Gesetzgebung, ähnlich den Rassegesetzen im Deutschen Reich. 1942 wurden Zehntausende Juden von der Slowakei, durch Aussiedlungsgesetze legitimiert, ins KZ Sered und andere Lager gebracht oder weiter ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert.
Im Spätsommer 1942 erklären die britische und französische Regierung das Münchner Abkommen für nichtig. Die tschechoslowakische Exilregierung wird durch die USA anerkannt (26. Oktober 1942). Die gesamte Exilregierung tritt zurück (12. November 1942). Die Regierung Šrámek II wird am 14. November 1942 ernannt. Die tschechoslowakische Exilregierung schließt einen Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion (12. Dezember 1943).
29. August 1944: Beginn des slowakischen Nationalaufstands, den Wehrmachtverbände erst nach acht Wochen niederschlagen können. Nach der Niederschlagung veranstalten Wehrmacht- und SS-Einheiten Massenexekutionen an SlowakInnen und verschleppen Tausende in Konzentrationslager und zur Zwangsarbeit nach Deutschland, 9.000 JüdInnen werden deportiert und ermordet.
Im November 1944 legt Beneš ein 10-Punkte-Programm vor, das eine Änderung der bisherigen Transferpläne für die Nachkriegszeit beinhaltet. Die Exilregierung arbeitete schon länger den Text der 143 Dekrete aus, die den Aufbau des zukünftigen tschechoslowakischen Staates gewährleisten sollen; darunter eine Handvoll Dekrete, die "Staatsbürger deutscher oder madjarischer Nationalität" betreffen. In Verhandlungen in Moskau (22.-29. März 1945) beschließen Beneš und die Führung der KPTsch das Ende der Londoner Exilregierung. Wilde Vertreibungen von Sudetendeutschen beginnen im Frühjahr 1945. Die Rote Armee nimmt Bratislava ein (4. April 1945). Die erste Regierung Zdenìk Fierlinger wird gebildet. Das Kaschauer Programm (5. April 1945) zeichnet den Weg zur Konstituierung der ersten tschechoslowakischen Nachkriegsregierung. Anfang Mai 1945 breitet sich im Protektorat ein Aufstand gegen die deutsche Besatzungsmacht aus. Am 5. Mai 1945 wird auch Prag erfasst. Am 7. Mai 1945 wird das KZ Theresienstadt befreit. Und am 9. Mai 1945 rückt die Rote Armee mit ihren tschechoslowakischen Legionen nach Prag vor.

 

Grundlagen der österreichischen Exilliteratur. Begleitende Studien zu einem „Handbuch der Österreichischen Exilliteratur in zwei Bänden“

Ein Projekt des Vereins zur Förderung und Erforschung der antifaschistischen Literatur und der Theodor Kramer Gesellschaft

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