Theodor Kramer Gesellschaft

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Alexander Emanuely
Tränen und Marmor
Chronik: 200 Jahre Griechenland zwischen Unterdrückung und Befreiung

Und so vermerkte die Akropolis nach Ablauf dieser zweitausendfünfhundert Jahre auf ihren Tafeln: „Heute, am 28. Oktober, genau 1940 Jahre nach Christi Geburt, umbrandet der Krieg von neuem meine Marmorstufen.“
Melpo Axioti, aus dem 1949 erschienen Roman „Tränen und Marmor“

Erschienen in "Mit der Harpune der Sonne. 200 Jahre Griechenland". In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und Widerstands. 38. Jg. Nr.1-2 Juni 2021, 73-80

1821 bis 1862
25.3.1821 Beginn des Unabhängigkeitskrieges gegen das Osmanische Reich. Die Aufständischen werden vom russischen Offizier Fürst Alexander Ypsilanti angeführt. Der 1814 von NationalistInnen in Athen und Odessa gegründete politische Geheimbund „Filiki Eteria“, Freundschaftsbund, organisiert den Aufstand. Sie erhalten Unterstützung von den Phanarioten, den meist in Konstantinopel beheimateten griechischen Eliten des Osmanischen Reiches.
Dezember 1821 Die erste griechische Nationalversammlung tritt in Epidauros zusammen. Die 59 Abgeordneten teilen sich in zwei Gruppen, in die eher liberal eingestellte Nationalisten und in Monarchisten.
Am 1.1.1822 wird eine Verfassung von der Nationalversammlung beschlossen und die Unabhängigkeit proklamiert. In ganz Europa bekunden Staatsoberhäupter, wie der bayerische König Ludwig I. oder der russische Zar Nikolaus I., und Intellektuelle, wie Mary Shelley, Lord Byron, Eugène Delacroix ihre Sympathien für die griechische Sache. Auch griechische Intellektuelle im Exil, wie Alexandros Mavrokordatos, werben für die griechische Sache.
1829 bis 1831 Erste hellenische Republik.
1830 wird die Souveränität Griechenlands bei der Londoner Konferenz bestätigt, Ende des langjährigen Unabhängigkeitskrieges.
1832 wird das Land auf Druck der europäischen Mächte eine Monarchie und der bayerische Prinz Otto Wittelsbach, Sohn von Ludwig I., König. Bis 1844 Die sogenannte „Bayernherrschaft“. Viele leitende Funktionäre und Offiziere kommen aus Bayern. Bis zu 5.000 zumeist bayrische Soldaten befinden sich in Griechenland.
September 1843 Veteranen des Freiheitskampfes gelingt eine Revolution gegen die „Bayern“, Griechenland wird 1844 zu einer konstitutionellen Monarchie. Sukzessive werden die Bayern aus dem Staatsdienst entlassen.

1863 bis 1924
1863 wählt die Nationalversammlung den dänischen Prinzen Georg aus dem Hause Glücksburg zum König. Die „Megáli Idéa“ Bewegung gewinnt immer mehr Zulauf. Kern dieser „Großen Idee“ ist die von GriechInnen besiedelten Gebiete an Griechenland anzuschließen. Tatsächlich erweitert Griechenland sein Territorium (Korfu, Thessalien, Kreta).
1875 und 1895 Reformen unter dem liberalen Ministerpräsidenten Charilaos Trikoupis. Modernisierung der Infrastruktur, der Verwaltung und Stärkung des Parlaments. Firmen aus ganz Europa bauen das Eisenbahnnetz aus und den Kanal von Korinth.
1891 Auf Korfu kommt es wegen Gerüchten über einen Ritualmord zu Gewaltakten gegen Juden und Jüdinnen.
1897 Niederlage im Krieg gegen die Osmanen. Modernisierung der Armee. Aufstieg des liberalen Republikaners und Anhängers der „Megáli Idéa“ Eleutherios Venizelos.
1910 Venizelos Partei gewinnt die Parlamentswahlen. Die Regierung geht auf Konfrontationskurs mit den Nachbarstaaten.
1912/1913 Balkankrise und Balkankriege. Griechenland kann sein Territorium in der Ägäis erweitern.
Von 1914 bis 1917 bleibt Griechenland neutral. Venizelos ist für ein Bündnis mit der Entente und der König für eines mit den Mittelmächten. Im Juni 1917 dankt König Konstantin ab und Griechenland tritt an der Seite der Entente in den Krieg ein.
1918 und 1919 150.000 Pontos-GriechInnen werden aus Georgien evakuiert. Der für dafür zuständige Beamte ist der griechische Schriftsteller Nikos Kazantzakis, Autor von „Alexis Sorbas“. Ihm zu Seite steht sein alter Freund Georgios Zorbas. Nikos Kazantzakis wird in Folge eine Zeit lang in Wien und Berlin leben. Weite Gebiete Westanatoliens werden besetzt.
15.5.1919 Nach der Besetzung Smyrnas durch griechische Truppen kommt es zu Massakern an der muslimischen Bevölkerung.
1920 Friedensvertrag von Sèvres. Smyrna (das heutige Izmir) und Thrakien kommen an Griechenland. Venizelos verliert die Wahlen und geht ins Pariser Exil. Es kommt zum offenen Konflikt zwischen Monarchisten und Republikanern.
1920-1922 Im Griechisch-türkischen Krieg wird die griechische Armee vernichtend geschlagen.
9.9.1922 Smyrna wird von der türkischen Armee erobert. In Folge eines Brandes wird die Stadt zerstört. Circa 25.000 griechische und armenische ZivilistInnen werden in Folge ermordet. 200.000 Menschen flüchten aus der brennenden Stadt.
Am 11.9.1922 kommt es in Athen zu einer von Militärs, wie den Kommandanten Nikolaos Plastiras, geführten Revolution. Venizelisten bilden nun die Regierung. König Konstantin I. dankt ab, sein Sohn Georg II. wird König.
1923 Mit dem Vertrag von Lausanne verliert Griechenland alle Gebiete in der heutigen Türkei. Auch wird ein Bevölkerungsaustausch beschlossen. Während aus Griechenland eine halbe Million Muslime in die Türkei ziehen, müssen schätzungsweise eineinhalb Millionen Griechisch-orthodoxe die Türkei verlassen. Im Vertrag von Lausanne werden die Minderheiten in Griechenland und der Türkei als religiöse Minderheiten definiert. Dies hat zur Folge, dass Albanisch oder slawische Sprachen sprechende GriechInnen keine eigene Volksgruppe bilden und meist als Muslime eingestuft werden. Circa 100.000 GriechInnen in Konstantinopel, bald Istanbul, dürfen genauso im Land bleiben, wie die circa 100.000 Muslime im griechischen Teil Thrakiens.
Viele Flüchtlinge finden sich in den Slums zwischen Athen und Piräus wieder. Es kommt zu antisemitischen Ausschreitungen, da Flüchtlinge behaupten, dass Juden und Jüdinnen sich an türkischen Gewaltakten in Smyrna und andernorts beteiligt hätten. In von vorwiegend Juden und Jüdinnen bewohnten Vierteln Thessalonikis gewinnen royalistische Kandidaten Wahlen, eine judenfeindliche Stimmung macht sich somit auch unter den meist nationalistischen Liberalen und Republikanern breit. In Griechenland lebten in den 1930er-Jahren circa 70.000 Juden und Jüdinnen, davon fast 50.000 in Thessaloniki (von insgesamt knapp 300.000 BewohnerInnen).

1924 bis 1935
25.3.1924 Ausrufung der Republik unter Regierungschef Venizelos. Kämpfe mit Royalisten.
1929 Große Landreform. 700.000 Hektar Großgrundbesitz werden an 277.000 Familien verteilt. In Piräus wird die 1918 gegründete Kommunistische Partei Griechenlands, die KKE, (Kommounistiko Komma Ellados), stimmenstärkste Partei. Liberale und Republikaner wenden sich von der „Megáli Idéa“ ab und ersetzen sie durch Antikommunismus.
1930 Aussöhnung mit der Türkei.
1933 Sieg der Monarchisten bei Parlamentswahlen. Es kommt zum Putschversuch des republikanischen Oberst Nikolaos Plastiras. Venizelos geht nach Paris ins Exil.
1934 Griechenland tritt dem Balkanpakt mit Jugoslawien, Rumänien und der Türkei bei. Die deutsche Dramatikerin Inge von Holtzendorff-Westpfahl und ihr Mann, der Maler Conrad Westpfahl, flüchten, wohl mit Hilfe von Nikos Kazantzakis, aus Deutschland nach Griechenland.
1935 Ein Putschversuch venizelistischer und republikanischer Militärs unter General Stefanos Sarafis und Oberst Nikolaos Plastiras im März scheitert. Sarafis wird auf die Insel Milos verbannt, Plastiras kann nach Paris flüchten. Monarchisten gewinnen im Juni die Parlamentswahlen. Im November wird die Monarchie ausgerufen und Georg II. ist wieder König.

1936-1940
1936 Der monarchistische General Ioannes Metaxas wird vom König zum Regierungschef und Außenminister ernannt.
Am 4.8.1936 kommt es zum Staatsstreich, die Regierung schaltet das Parlament aus und setzt die in der Verfassung verankerten Freiheitsrechte aus. Die KKE wird verboten. Die Gewerkschaften organisieren einen Streik, der niedergeschlagen wird. Viele Oppositionelle werden, wie der ehemalige Venizelist und linksliberale Abgeordnete Georgios Papandreou auf die „Inseln“, so die Verbannungsinsel Gavdos, deportiert. Metaxas lehnt strikt jede antisemitische Politik ab.
Frühjahr 1937. Wiener ZionistInnen, bzw. RevisionistInnen, darunter der Anwalt Dr. Willy Perl und Hans Perutz, der Bruder von Leo Perutz, organisieren über Griechenland eine erste Emigration von „Betraim“ nach Palästina.
Im März 1937 landet der Motorsegler Kosta als erstes Schiff mit geflüchteten „Betraim“ in Palästina. Der Fischkutter „Artemissia“ wird erworben und es folgen weitere Transporte, so über Korinth, in das britische Mandatsgebiet, wo die illegalen Einwanderer vom „Irgun Zewai Leumi“ betreut werden.
Juni 1938. Willy Perl verabschiedet am Wiener Westbahnhof 386 „Betarim“, die über Athen mit der „Artemissia“ nach Haifa gelangen. Das SD-Hauptamt und der zuständige Adolf Eichmann fördern Anfangs Willy Perls Plan monatlich 1.000 Juden und Jüdinnen aus Wien, mit in Griechenland gecharterten Schiffen, außer Landes zu bringen. Vor allem der griechisch-rumänische Reeder Jean D. Pendelis war an der Organisation der Schiffe beteiligt.
1939 Englisch-französische Garantieerklärung für Griechenland. Bis 1940 wird für etwa 500 Juden und Jüdinnen aus Deutschland und Österreich Griechenland zum Fluchtland. Die meisten leben in Athen. Der bekannteste Österreicher ist wohl Sigmund Rosenbaum, Mitinhaber einer der größten Druckerei-Konzerne Österreichs.
August 1939 Das Hechaluz-Lager bei Wien soll wegen der drohenden Deportationen evakuiert werden. In Piräus wird der Dampfer „Hilda“ gechartert. Die Schiffe aus Wien mit circa 600 Jugendlichen aus Österreich, Deutschland und der Tschechoslowakei sollen den Dampfer in Sulina im Donaudelta treffen. Die griechische Regierung hat auf britische Intervention hin griechischen Seeleuten untersagt auf Fluchtschiffen anzuheuern. Die Abreise der „Hilda“ verzögert sich dadurch massiv und nach dem Wintereinbruch friert das Schiff im Donaudelta fest. 127 Juden und Jüdinnen aus Rumänien werden auf dem Schiff aufgenommen. Es werden türkische Seeleute angeheuert.
1.11.1939 Die Schiffe der DDSG „Minerva“ und „Grein“ bringen 1.090 Flüchtlinge von Wien nach Galatz. Das in Griechenland gecharterte Schiff „Elli“ übernimmt 620 Flüchtlinge. In Folge läuft die „Elli“ die Dodekanesinsel Castellorizo an, um für den Irgun 2.000 Gewehre zu übernehmen. Das Schiff erreicht nach einem Zwischenstopp in der Türkei unbemerkt Netanya, wo alle Passagier mit Hilfe der „Artemissia“ an Land gebracht werden.
24.1.1940 Die „Hilda“ trifft mit 729 Passagieren in Haifa ein, von einem britischen Kriegsschiff eskortiert, welches das Fluchtschiff in den Dardanellen abgefangen hat. Alle Passagiere werden im Lager Atlit interniert.
1940 Willy Perl, der nach wie vor Fluchtrouten nach Palästina organisiert, wird in Athen verhaftet und kann nur knapp durch eine abenteuerliche Flucht einer Auslieferung an Nazi-Deutschland entgehen und in die Schweiz entkommen.
3.9.1940 Aus Wien laufen, vom „Ausschuss für jüdische Überseetransporte“ organisiert, die Schiffe „Schönbrunn“ und „Helios“ der DDSG aus. 1771 Menschen befinden sich auf den Schiffen, darunter 600 freigelassene Häftlinge aus Dachau. Es stoßen die Schiffe „Uranus“ und „Melk“ hinzu, mit 1880 Passagieren. Anfang Oktober übernehmen in Sulina die Schiffe „Atlantic“, „Pacific“ und „Milos“ die Flüchtlinge. Die Schiffe, welche die Menschen nach Palästina bringen sollen, sind jedoch alt und nur für höchstens 100 Passagier konzipiert. Auf der „Atlantic“ bricht eine Typhusepidemie aus, bevor das Schiff Zypern erreicht. Nach der Ankunft in Palästina werden etliche Flüchtlinge nach Mauritius weiter deportiert.
13.10.1940 Das Passagierschiff „Nea Hellas“ der griechischen Reederei „Greek Line“ erreicht, von Lissabon kommend, Hoboken, USA. Unter den über 600 Passagieren befindet sich eine größere Gruppe von Flüchtlingen, die dank Varian Frys „Emergency Rescue Committee“ ein Visum für die USA erhalten hatten, darunter Franz und Alma Werfel, Alfred und Lisa Polgar, Marta Feuchtwanger, Alfred Döblin und Familie, Otto Leichter und sein Sohn Heinrich, Friderike Zweig mit ihren Töchtern und Schwiegersöhnen, Heinrich und Nelly Mann, Golo Mann, Schiller Mamorek, Karl Hans Sailer mit Frau und Kind, der 77-jährige Wilhelm Ellenbogen und Konrad Heiden.
28.10.1940 Italien überfällt Griechenland. General Metaxa weist ein italienisches Ultimatum zurück, daher geht dieses Datum als „Ochi-Tag“ (Tag des Nein) in die Geschichte ein.
Es gibt nun keine Fluchtroute über Griechenland mehr.
Am 14.11.1940 erfolgt die erfolgreiche Gegenoffensive der militärisch weit unterlegenen griechischen Streitkräfte. Es ist dies der heute vergessene erste Sieg der Alliierten über die Achsenmächte. An die 13.000 Griechen mosaischen Glaubens dienen in der griechischen Armee, welche insgesamt keine 300.000 Soldaten zählt.

1941
Am 9.4.1941 erfolgt der Angriff italienischer, bulgarischer und vor allem deutscher Verbände auf Griechenland.
Am 21.4.1941 kapituliert die griechische Armee, am 27.4. wird Athen besetzt, die britischen Truppen werden vom Festland evakuiert. Es wird noch im April mit der systematischen Enteignungen, mit Raub, Mord und Terror gegen die jüdischen Gemeinden begonnen. Mit den Deutschen kollaboriert die „Nationale Union Griechenlands“, die EEE (Ethniki Enosis Ellado) des ehemals republikanischen Obrist Georgios Poulos. Die EEE ist eine 1927 gegründete rechtsextreme und antisemitische Organisation, die Anfang der 1930er-Jahre Gewaltakte gegen Juden und Jüdinnen beging und unter Metaxas verboten wurde.
In der Nacht vom 30.5.1941 reißen die kommunistischen Studenten Manolis Glezos und Apostolos Santas die Kriegsfahne mit Hakenkreuz vom Masten auf der Akropolis. Sie werden dafür in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Ihre Tat gilt als erste bedeutende Widerstandsaktion gegen die Besatzer.
Am 2.6.1941 ist, nach der Invasion Kretas, ganz Griechenland besetzt. Griechenland steht unter italienischer, deutscher und bulgarischer Besatzung. Von Italien wird der größte Teil des Landes besetzt: Peleponnes, Zentral-Griechenland, Thessalien, Epirus, Kykladen. Bulgarien besetzt Thrakien und den östlichen Teil Makedoniens. Deutschland besetzt den westlichen Teil Makedoniens mit Thessaloniki, weiters Athen und Piräus, Kreta, Lesbos, Chios. Im September 1943 gerät die italienisch besetzte Zone unter deutsche Kontrolle.
König Georg II. flüchtet nach Ägypten und schließlich nach London. Bildung einer Exilregierung in Kairo.
Ab Juni 1941 organisieren sich kleine Gruppen von PartisanInnen, bzw. „Andarten“, wie sie in Griechenland genannt werden, meist bestehend aus KommunistInnen und SozialistInnen, wie im Norden die Gruppe „Eleftheria“, Freiheit, des Offiziers Dimitrios Psarros.
Am 16.7.1941 gründen GewerkschaftlerInnen und KommunistInnen die „Nationale Arbeiterbefreiungsfront“, die EEAM (Ethnikon Ergatikon Apeleftherotikon Metopon).
Im September 1941 gründen die KommunistInnen die parteiübergreifende „Nationale Einheitsfront“, die EAM (Ellinikon Apeleftherotikon Metopon). Für viele Vertreter der Royalisten ist es für einen bewaffneten Widerstand zu früh, obwohl König Georg II. aus dem Exil zum Widerstand aufruft. Republikanische Offiziere, die sich als sozialistisch, aber antikommunistisch und als Anhänger Venizelos‘ verstehen, gründen unter der Führung des Oberst Napoleon Zervas im September 1941 den „Nationalen Republikanischen Griechischen Verband“, EDES (Ethnikon Dimokratikon Eleftherotikon Metopo). Nomineller Führer der EDES ist General Nikolaos Plastiras. Trotz seiner antikommunistischen Haltung kommt es bald zu ersten Gesprächen zwischen EAM und EDES. Es wird zugleich eine Kooperation mit dem britischen Geheimdienst aufgebaut, bzw. mit der von der Special Operations Executive, SOE, aufgebauten Organisation „Prometheus II“. Eine Abspaltung der EDES nimmt Kontakt zu den Monarchisten auf. Neben den größeren Organisationen kommt es auch zur Gründung vieler kleiner bürgerlicher Widerstandsgruppen unter der Führung von Offizieren, Beamten und Intellektuellen. Eine der größten ist die „Panhellenische Union der Kämpfenden Jugend“, PEAN (Panelinios Enosis Agonizomenon Neon), welche vom republikanischen Offizier Kostas Perrikos gegründet wird und ihre AnhängerInnen unter der bürgerlichen Jugend in den Städten findet. Ein Großteil des politischen Establishment lehnt jedoch einen bewaffneten Konflikt ab, da ein solcher als aussichtslos erachtet wird.
Nach mehreren Anschlägen beschließt am 16.9.1941 das Kommando der Wehrmacht den sogenannten Sühnebefehl. Für einen getöteten deutschen Soldaten sollen 50 bis 100 griechische ZivilistInnen ermordet werden. In über 100 Dörfern, wie Kalavrysta, Distomo, Molai, Korinth, Tripolis, Viannos, kommt es bis 1944 zu Massenmorden an der Zivilbevölkerung. Meist wird die gesamte männliche Bevölkerung im Alter von 16 bis 60 Jahren von Wehrmachtssoldaten oder der SS ermordet, die Ortschaft dem Erdboden gleichgemacht. Insgesamt werden circa 1.700 Dörfer und Kleinstädte durch Sühneaktionen zerstört, während die männliche Bevölkerung zur Zwangsarbeit gezwungen wird.
Im von den Bulgaren okkupierten Thrakien kommt es ebenfalls zu Massakern an der Zivilbevölkerung, so am 28.9.1941 in der Stadt Drama.
Bis zur Befreiung Ende 1944 kommen circa 30.000 GriechInnen, meist Andarten, durch Kriegshandlungen um, circa 5.000 weitere GriechInnen werden bei Massenmorden am Land und 6.000 GriechInnen in den Städten ermordet. Dazu kommen noch die 3.000 ZivilistInnen, die kurz nach der Invasion von der Wehrmacht, zumeist auf Kreta, ermordet wurden. Die zahlenmäßig nicht erfassten Morde in den von den Italienern und Bulgaren besetzten Gebieten (alleine in Drama und Umgebung circa 2.000 Tote) und der Großteil der circa 25.000 GriechInnen, die gefangen genommen und deportiert wurden, dürften die Zahl der Todesopfer massiv erhöhen. In Mauthausen werden 3.700 Griechen ermordet, zu den Überlebenden zählt der Schriftsteller Iakovos Kambanellis, der die „Mauthausen-Kantate“ verfasste, die Mikis Theodorakis 1965 vertonte.
Der Winter 1941/1942 wird zum „Hungerwinter“. Die Deutschen rationalisieren Nahrungsmittel und Brennstoff, um es dem Afrikakorps zukommen zu lassen. Man schätzt, dass 300.000 bis 360.000 GriechInnen verhungert oder erfroren sind, davon 40.000 in Athen und Umgebung. Die Sterblichkeitsrate von Neugeborenen erreicht 80 bis 90%. Griechenland hat circa acht Millionen EinwohnerInnen. Weiters müssen die GriechInnen für die Kosten der Besatzung aufkommen, was circa 90 Prozent des Volkseinkommens kostet. Es kommt auch zur monetären Ausbeutung Griechenlands. Wehrmachtsangehörige in Griechenland erhalten ihren Sold in Drachmen, wodurch es zu einer Aufblähung der Drachmen-Geldmenge, zur Hyperinflation und zur schleichenden Enteignung der Bevölkerung kommt.
Oktober 1941 Das türkische Schiff „SS Kurtulus“ (Befreiung) und weitere Frachtschiffe bringen im Auftrag der türkischen Regierung mehrfach Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung. Auch werden 1.000 griechische Kinder nach Istanbul evakuiert. Das Rote Kreuz und Schweden sind ebenfalls bereit Hilfsgüter zu liefern.

1942
Anfang 1942 Griechenland wird zum Export seiner Erze, vor allem Chrom (28.000 Tonnen bis 1944), und der gesamten Tabakernte nach Deutschland gezwungen. Zehntausende ZwangsarbeiterInnen kommen in den Minen zum Einsatz.
Im Februar 1942 gründen kommunistische Offiziere und Parteifunktionäre unter der Führung von Aris Velouchiotis, Kampfname Thanasis Klaras, das „Griechische Volksbefreiungsheer“, ELAS (Ellinikos Laikos Apeleftherotikos Stratos). Der bewaffnete Widerstand in den Bergen von Thessalien und Roumeli , der „Andartiko“, wird vorbereitet. Man versucht, symbolisch an den Aufstand von 1821 anzuschließen.
März 1942 Die griechische Zentralbank muss Deutschland einen Kredit von 568 Millionen Reichsmark gewähren. Das waren alle Devisen der Bank. Im Oktober 1944 sind davon noch 460 Millionen nicht zurück bezahlt, was circa 2,5 bis 3 Milliarden Euro ausmacht. Die Schulden werden seitens Deutschlands nie beglichen.
Am 25.3.1942, am Nationalfeiertag, erfolgen Demonstrationen in Athen und einigen anderen Städten.
Im April 1942 streiken die Beamten des Landes.
Mai 1942 Thanasis Klaras baut eine erste Partisanentruppe der ELAS in Thessalien auf. In den folgenden Jahren wird die ELAS auf eine Stärke von circa 50.000 KämpferInnen anwachsen und zur größten militärischen Kraft des Widerstandes werden.
Im Sommer 1942 werden in Thessaloniki 7.000 jüdische Männer zur Zwangsarbeit gezwungen. Der deutsche Kriegsverwaltungsrat Max Merten, zuständig für „Verwaltung und Wirtschaft“, organisiert die systematische Ausplünderung der Juden und Jüdinnen Thessalonikis. Es werden Ghettos geplant, der „Gelbe Stern“ muss getragen werden. Viele Juden und Jüdinnen flüchten aus Thessaloniki in die von der italienischen Armee besetzte Zone.
Im Juli 1942 gründet Napoleon Zervas in Epirus den Militärischen Arm der EDES, die „Nationale Gruppe der griechischen Partisanen“, die EOEA (Ethnikes Omades Ellinon Antarton). Der EOEA werden sich circa 14.000 Kämpfer anschließen.
Am 20.9.1942 legen Kostas Perrikos, Antonis Mytilinaios, Spyros Galatis und Julia Bimba von der PEAN im Athener Hauptquartier der griechischen FaschistInnen, der „Nationalen Sozialistische Patriotischen Organisation“, ESPO (Ethniki Socialistiki Patriotiki Organosis), eine Bombe, durch die deren Anführer, 28 Mitglieder und 48 Wehrmachtssoldaten getötet werden. Die ESPO wollte eine „Griechische Legion“ aufstellen. In Folge des Anschlags werden fast alle Mitglieder der PEAN verhaftet und ermordet.
1.10.1942 wird die Deutsch-Griechische Warenausgleichsgesellschaft mbH (DEGRIGES) in Berlin gegründet. Diese besitzt das Monopol auf den Außenhandel Griechenlands. Exporte nach Deutschland erfolgen zu einem sehr niedrigen Preis, der zugleich mit den Kosten der Besatzung gegen gerechnet wird – die griechischen SteuerzahlerInnen müssen für die Besatzungskosten der Deutschen aufkommen. Gleichzeitig werden Waren aus Deutschland zu einem extrem hohen Preis importiert. Der Manager Hermann Neubacher, von 1938 bis 1940 Bürgermeister von Wien, wird zum „Sonderbeauftragten des Reichs für wirtschaftliche und finanzielle Fragen in Griechenland“ ernannt. Damit die Deutschen nicht von der Hyperinflation und dem Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft betroffen sind, hält Hermann Neubacher an einem fiktiven Kurs von 60 Drachmen pro Reichsmark (5,5 Euro) fest, zumindest bei den Geschäften der DEGRIGES. Für die GriechInnen in Griechenland gilt der Besatzungsdrachmen. So bekommt man 1942 für 30.000 Papierdrachmen in Athen eineinhalb Liter Olivenöl. Zur „Aktion Neubacher“ gehört auch, dass die Vermögenswerte der deportierten und ermordeten Juden und Jüdinnen an der Athener Börse verkauft werden und mit den eingenommenen Drachmen die Wehrmacht ihre Ausgaben bezahlt.
Gemeinsam mit der ELAS und der EOEA gelingen Agenten der „Harling-Mission“ der SOE größere militärische Erfolge, wie am 25.11.1942 die Sprengung des Eisenbahnviadukts von Gorgopotamos. Gleichzeitig organisiert die EAM Massenstreiks.
Am 2.12.1942 tritt der Ministerpräsident der Kollaborationsregierung Georgios Tsolakoglou zurück. Sein Nachfolger ist Konstantinos Logothetopoulos.
Im Dezember 1942 wird in Thessaloniki die im August durch die Stadtverwaltung begonnene Zerstörung des jüdischen Friedhofs mit seinen 300.000 Gräbern zu Ende gebracht. Auf dem Gelände wird nach dem Krieg die größte Universität des Landes, die Aristotelis-Universität, erbaut.

1943
Im Februar 1943 treffen in Thessaloniki Alois Brunner und Dieter Wisliceny ein, um mit den Deportationen zu beginnen. Um die Flucht zu unterbinden, werden in Thessaloniki weitere Ghettos geschaffen, deren Verlassen mit dem Tod bestraft wird. Die „Umzugskosten“ der Menschen in die Ghettos trägt die jüdische Gemeinde. Neben dem Bahnhof entsteht das Durchgangslager „Hirsch“. Am 23.2.1943 wird Julia Bimba im Wiener Landesgericht enthauptet.
Ab 3.3.1943 werden im von Bulgarien besetzen Norden Griechenlands circa 4.000 Juden und Jüdinnen von der bulgarischen Polizei und Armee über die Donau nach Wien gebracht und dann weiter von den Deutschen nach Treblinka deportiert. Es gibt keine Überlebenden.
Am 15.3.1943 bringt der erste Transport aus dem von den Deutschen besetzten Thessaloniki 2.500 Juden und Jüdinnen nach Auschwitz. Es folgen 18 weitere Transporte.
Bis zum 10.8.1943 werden 45.123 Juden und Jüdinnen nach Auschwitz deportiert. Die jüdische Gemeinde muss für die Fahrkosten aufkommen. Etwa 1.500 Deportierte erleben die Befreiung.
Im August 1943 wird Hermann Neubacher „Sonderbevollmächtigter des Auswärtigen Amtes für den Südosten (Serbien, Montenegro, Albanien und Griechenland)“. Er spricht sich gegen das Massenmorden an Juden und Jüdinnen und an Geiseln aus, da dieses Vorgehen das systematische Ausplündern und die „Arisierungen“ behindere.
Im März 1943 wechselt der Venizelist und führende General der EDES Stefanos Sarafis zur ELAS. Ein Grund dürfte sein, dass sich Napoleon Zervas die EDES sukzessive in eine monarchistische Organisation umgewandelt hat.
23. und 24.3.1943 In einem offenen Brief an den Ministerpräsident Logothetopoulos und an die deutschen Besatzer protestiert der Erzbischof von Athen Damaskinos Papandreou, gleich nachdem er von den Deportationen aus Thessaloniki erfahren hat, gemeinsam mit 29 prominenten Persönlichkeiten universitärer und wissenschaftlicher Institutionen Athens gegen das Vorgehen gegen „unsere jüdischen Brüder“.
April 1943 Ioannis Rallis wird Ministerpräsident der Kollaborationsregierung. Die ELAS erklärt Deutschland offiziell den Krieg.
25.6.1943 Generalstreik gegen die Ermordung von Geiseln.
Juli 1943 Bei Massenkundgebungen in Athen gegen die Annexionen durch Bulgarien kommen 70 DemonstrantInnen ums Leben.
Juli bis August 1943 Die 1. Gebirgsdivision der Wehrmacht, in der eine große Zahl Österreicher dient, und die schon zuvor in Jugoslawien an Massenmorden beteiligt war, zerstört 184 Ortschaften und ermordet 1.759 ZivilistInnen.
Herbst 1943 Ioannis Rallis gründet die Sicherheitsbataillone (Tagmata Asfaleias), welche die Besatzer unterstützen sollen. Sie sind dem Sicherheitsdienst der SS unterstellt. Circa 25.000 bis 30.000 Griechen werden in deren Reihen kämpfen. Nach der Befreiung kommen nur wenige Mitglieder vor Gericht, dafür werden die meisten in die griechische Gendarmerie eingegliedert.
Am 3.9.1943 richten die italienischen Besatzer nahe Athen in Chaidari ein Gefangenenlager ein.
September 1943 Nach dem Sturz Mussolinis und dem Kriegseintritt Italiens an der Seite der Alliierten besetzt die Wehrmacht die italienische Zone und beginnt mit der Deportation der dort lebenden Juden und Jüdinnen. Zuvor hat es aus diesen Zonen keine Deportationen gegeben.
Das Strafbataillon 999 der Wehrmacht wird nach Griechenland verlegt. Etliche Soldaten schließen sich in Folge dem Widerstand an, darunter der österreichische Arbeiterschriftsteller Hans Just und der KPÖ-Funktionär August Pirker.
18.9.1943 werden schätzungsweise 2000 bis 4000 italienische Kriegsgefangene durch die 1. Gebirgsdivision der Wehrmacht auf der Insel Kefallonia ermordet.
15.10.1943 kommt es zu ersten Kämpfe zwischen ELAS und EDES. Der Bürgerkrieg beginnt.
18.10.1943 Großangelegte Aktionen der Wehrmacht in Zentralgriechenland.
Am 20.10.1943 übernimmt die SS das Lager Chaidari und wandelt es in ein Konzentrationslager um. Für tausende Juden und Jüdinnen aus dem Süden des Landes und aus der Ägäis wird das Lager zum Durchgangslager in die Vernichtungslager. Zugleich ist Chaidari Ort für Folter und Verhör. Im KZ war circa für 2.000 bis 3.000 Gefangene Platz. Im Jahr seiner Existenz waren ungefähr 20.000 Menschen inhaftiert. Die meisten wurden weiter nach Deutschland deportiert. Auf den Schießständen des KZs wurden fast 2.000 Gefangene ermordet. Der Schriftsteller und Widerstandskämpfer Themos Kornaros berichtet in seinem Roman „Leben auf Widerruf“ von seiner Haft.
13.12.1943 Beim Massaker von Kalavryta werden 677 Männer von der zumeist aus Österreichern bestehenden 117. Jäger-Division, die schon in Jugoslawien Massenmorde begangen hat, ermordet. Frauen und Kinder werden in eine Kirche getrieben, die angezündet wird. Die Eingesperrten können jedoch entkommen. Das Kloster Aghia Lavra, welches 1821 von Bedeutung war, wird ebenfalls zerstört.

1944
4.1.1944 Die EDES drängt bei einer Offensive die ELAS zurück.
15.2.1944 Waffenstillstand zwischen EAM und EDES. Gemeinsame Verurteilung von Kollaboration.
10.3.1944 Die EAM bildet das Politische Komitee der Nationalen Befreiung, PEEA (Politiki Epitropi Ethnikis Apeleftherosis). Der renommierte Verfassungsjurist und Sozialdemokrat Alexandros Svolos ist Vorsitzender. Die PEEA versteht sich als Gegenregierung zu den Kollaborateuren und zur Exilregierung. Sie wird, da sie aus Verstecken in den Bergen operiert, auch Bergregierung genannt.
23. bis 25.3.1944 Bei Großrazzien werden in Athen und anderen Regionen Juden und Jüdinnen verhaftet und über das KZ Chaidari nach Auschwitz deportiert.
10.4.1944. Ein Großteil der Griechischen Armee in Ägypten meutert. Die Mehrzahl der Offiziere und Soldaten fordert, dass sie dem PEEA unterstellt werden. Circa 5.000 Armeeangehörige werden von den Alliierten interniert.
26.4.1944 Georgios Papandreou wird Ministerpräsident der griechischen Exilregierung in Kairo.
Im Mai 1944 wird bei der Libanon-Konferenz beschlossen, dass sich die PEEA der Regierung der Nationalen Einheit unter Georgios Papandreou anschließt, Alexandros Svolos, der ebenfalls an der Konferenz teilnimmt, wird Finanzminister.
In Distomo werden am 10.6.1944 von der SS 218 Menschen ermordet, darunter viele Frauen, Greise, Kinder und Kleinkinder.
August 1944 Der Hauptmann der griechischen Armee, Partisan und Jude Alberto Errara, der im April 1944 nach Auschwitz deportiert wurde, schafft es als Häftling des Sonderkommandos Fotoaufnahmen der Krematorien zu machen. Bevor er bei einem Fluchtversuch umkommt, können diese Fotografien aus dem Vernichtungslager geschmuggelt werden.
August bis Oktober 1944 legen die Alliierten bei der Konferenz von Dumbarton Oaks fest, dass Griechenland nach der Befreiung zum britischen Einflussgebiet gehören soll.
Im Herbst 1944 befinden sich in den Bezirken der „Ostmark“ 10.481 griechische Zwangs- und FremdarbeiterInnen, davon die Hälfte in Wien und der Rest vor allem in den Industriezentren der Steiermark, Nieder- und Oberdonaus.
7.10.1944. Aufstand in Auschwitz. Viele der Aufständischen sind griechische Häftlinge des Sonderkommandos.
12.10.1944. Wehrmacht zieht sich aus Athen zurück und liefert sich mit der ELAS Gefechte. Die EAM übernimmt die Stadt.
14.10.1944. Britische Truppen kommen gemeinsam mit der Exilregierung unter Georgios Papandreou nach Athen.
2.11.1944. Die letzten Wehrmachtsverbände verlassen Griechenland. Die Sicherheitsbataillone gewähren den sicheren Abzug. Auf Kreta und einzelnen Inseln bleiben isolierte Wehrmachtverbände zurück.
Bis zum Abzug der Wehrmacht aus Griechenland Anfang November 1944 werden 58.886 bis 67.000 Juden und Jüdinnen aus Griechenland deportiert und ermordet. Um die 10.000 Juden und Jüdinnen überleben die Verfolgungen dank der Andarten der EAM, der Hilfe aus der nichtjüdischen Bevölkerung und, in Athen, dank der Interventionen des Erzbischofs Damaskinos Papandreou.
Ende November 1944 Einführung der „Neuen Drachme“. Eine Drachme wird 50 Milliarden Besatzungsdrachmen gleichgesetzt.
Dezember 1944 Viele griechische Kollaborateure kommen nach dem Rückzug der Wehrmacht nach Wien bzw. nach Kitzbühel. Im Grand Hotel Kitzbühel wird eine Art griechische Exilregierung, das „Griechische Nationalkomitee“, gegründet. Seitens der Deutschen ist Hermann Neubacher als Kontaktmann zuständig. In Wien wird die im Februar 1944 in Leipzig gegründete Propagandazeitschrift der griechischen Kollaborateure „Pyrsos“ (Fackel) gedruckt.
Vom 3.12.1944 bis zum 5.1.1945 tobt die Schlacht um Athen, die Dekemvriana, zwischen ELAS und dem Bündnis aus Regierungstruppen und Briten. Trotz strategischer Vorteile muss sich die ELAS aus Athen, wegen der Beschlüsse von Dumbarton Oaks, zurückziehen.
20.12.1944 Der für seine liberalen Ansichten bekannte Erzbischof von Athen, Damaskinos Papandreou, wird vom König als Regent eingesetzt. Er bemüht sich um eine Beendigung des Bürgerkrieges.

1945
Am 11.2.1945 hält Georgios Poulos in den Sophiensälen eine Rede vor Wiener GriechInnen und wirbt für die „Griechische Legion“.
Am 12.2.1945 erfolgt das Abkommen von Varkiza zwischen EAM und der griechischen Regierung, der Erste Bürgerkrieg wird beendet. Dieser Friedensvertrag sieht vor, dass die ELAS die Waffen niederlegt und ehemalige Kollaborateure oder Rechtsradikale aus Polizei und Armee entlassen werden. Beides geschieht nur ansatzweise.
28.2.1945 Bei einer Volksabstimmung sprechen sich in Griechenland 68% für die Monarchie aus.
6.4.1945 Im Gefängnis Krems-Stein werden von örtlichen Nazis, darunter auch HJ-Angehörige, schätzungsweise 550 bis 650 Häftlinge ermordet. Unter diesen befinden sich auch 150 Griechen.
April 1945 In Wien befinden sich, einem Bericht des „Griechisch-antifaschistischen Komitées Wien“ zufolge, an die 22.000 GriechInnen, meist Zwangs- und FremdarbeiterInnen.
22.12.1945 130 griechische StudentInnen, meist Linke, verlassen auf dem Schiff "Mataroa" das Land Richtung Frankreich, darunter Cornelius Castoriadis und Mimika Kranaki. Sie haben über den Direktor des französischen Kulturinstituts Octave Merlier ein Frankreich-Stipendium erhalten. Für viele sollte der Studienaufenthalt zum Exil werden.

1946 bis 1950
1946 In Wien befinden sich circa noch 3.000 griechische BürgerInnen.
31.3.1946 Parlamentswahlen. Die KKE wird boykottiert. Ein Wahlbündnis aus Royalisten und Konservativen erhält die Mehrheit der Stimmen. Nach einem Gefecht bricht der Zweite Bürgerkrieg zwischen KommunistInnen, die von Albanien und Jugoslawien unterstützt werden, und der Regierung aus.
Am 24.8.1946 wird vom „Griechisch-antifaschistischen Komitées Wien“ in Krems-Stein ein Denkmal für die 150 ermordeten Griechen enthüllt.
1.9.1946 Nach einer Volksbefragung stimmt die Mehrheit abermals für die Beibehaltung der Monarchie. Die griechische Armee erhält logistische Unterstützung von der britischen Armee.
1947 In Wien befinden sich circa noch 500 griechische BürgerInnen.
1.4.1947 wird Paul I. König Griechenlands.
Die griechische Armee erhält Hilfe von US-Truppen im Kampf gegen die KommunistInnen. Die bekannte Surrealistin, Schriftstellerin, Widerstandskämpferin und Kommunistin Melpo Axioti flüchtet nach Paris, wo sie sich mit Pablo Picasso, Louis Aragon anfreundet und in französischer Sprache den Exilroman „République-Bastille“ verfasst, der jedoch erst 2018 veröffentlicht wird. Auf Druck der griechischen Regierung wird sie des Landes verwiesen. Ab 1950 lebt sie in der DDR.
Herbst 1948 nach dem Bruch Titos mit der Sowjetunion unterstützt Jugoslawien nicht mehr die griechischen KommunistInnen.
1948 wird der Lyriker und Widerstandskämpfer Giannis Ritsos, so wie viele KommunistInnen und Linke, so Mikis Theodorakis, Apostolos Santas oder der Lyriker Tasos Livaditis, auf die Gefängnisinsel Makronissos deportiert. Viele Tausende politische Gefangene kommen auf die Gefangeneninsel Jaros. Tausende von ihnen kommen auf den „Inseln“ um.
11.6.1949 Georgios Poulos wird in Athen hingerichtet. Er ist einer von wenigen Kollaborateure und Kriegsverbrecher, die vor ein Gericht gestellt und zum Tode verurteilt werden. Viele seiner Mitstreiter werden im Laufe des Bürgerkriegs in die Regierungstruppen integriert.
Am 9.10.1949 beschließt die KKE den bewaffneten Kampf aufzugeben. Unter dem konservativen Ministerpräsidenten und ehemaligen Feldmarschall Alexandros Papagos, den die Deutschen ins KZ Dachau verschleppt hatten, wird der Zweite Bürgerkrieg beendet. Beide Bürgerkriege haben, manchen Schätzungen zufolge, über 150.000 Menschenleben gefordert. Tausende Linke und KommunistInnen werden eingesperrt, Zehntausende gehen ins Exil, ob in diverse Ostblockländer oder in die Sowjetunion. In Ungarn gründen circa 1.000 GriechInnen bei Budapest das Dorf namens Beloiannisz, benannt nach dem Kommunisten Nikos Belogiannis, der 1952 in Griechenland hingerichtet wurde. Seine Schwägerin war die bekannte Schriftstellerin, Journalistin und Widerstandskämpferin Sotiriu Dido, die 1976 den Roman „Gebot“, in dem sie von der sich in der Hinrichtung Belogiannis widerspiegelnden Zerstörung der Demokratie in Griechenland erzählt, veröffentlichte. Im Kontext des Bürgerkrieges und des Kalten Krieges kommt es zu keiner politischen oder rechtlichen Aufarbeitung der Verbrechen der deutschen Besatzung. Deutsche Kriegsverbrecher werden nicht verfolgt, so werden in der BRD 421 Ermittlungen eingeleitet, von denen drei Fälle verhandelt werden, es kommt zu einer Verurteilung.

1951-1967
1951 wird die „Vereinigung der Demokratischen Linken“, die ENA, Eniéa Dimokratikí Aristerá, gegründet. Da die Kommunistische Partei verboten ist, finden sich in ihr sowohl ehemalige KommunistInnen als auch VertreterInnen verschiedener linker Gruppierungen wieder. Bekanntestes Mitglied, und populärer Abgeordneter der ENA, ist der Widerstandskämpfer, Arzt und Pazifist Grigoris Lambrakis. Auch der Lyriker und Widerstandskämpfer Giannis Ritsos und der Komponist Mikis Theodorakis sind Mitglieder. Hermann Neubacher wird in Jugoslawien zu 20 Jahren Haft verurteilt, kommt nach einem Jahr frei und arbeitet anschließend als Wirtschaftsberater für die äthiopische Regierung und schließlich als Austrian Airlines Manager und Vorstandsvorsitzender der Wienerberger Ziegelwerke.
1952 Griechenland und die Türkei treten der NATO bei. Griechenland erhält eine neue Verfassung. Das 1949 beschlossene Frauenwahlrecht wird umgesetzt.
1953 wird beim Londoner Schuldenabkommen beschlossen, dass über Reparationszahlungen des deutschen Reichs an andere Staaten erst nach einer deutschen Wiedervereinigung und einem Friedensvertrag diskutiert werden kann. Dazu kam es nach 1990 jedoch nicht, da auf Anregung der deutschen Regierung, und in Anbetracht der zu erwartenden Reparationsforderungen, kein Friedensvertrag zwischen dem wiedervereinten Deutschland und den Alliierten geschlossen wurde, sondern der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag.
1954 Dreierbündnis mit Jugoslawien und der Türkei. Dies kann jedoch nicht den beginnenden Konflikt mit der Türkei um Zypern, das noch eine britische Kronkolonie ist, verhindern.
1954 Bekennende Slawophone, bzw. MakedonierInnen, ist es nicht gestattet öffentliche Ämter zu bekleiden. Viele wandern nach Australien aus. Bis in die 1980er-Jahre wurde das Sprechen von Makedonisch unter Strafe gestellt.
1955 kommt es in der Türkei zu antigriechischen Ausschreitungen, circa 100.000 GriechInnen verlassen das Land.
1955 bis 1963 der Konservative Konstantinos Karamanlis ist Ministerpräsident.
Februar 1959 wird das Zürcher und Londoner Abkommen beschlossen. Der Zypern-Konflikt soll dadurch beendet werden, dass die Insel eine unabhängige Republik wird.
1959 wird Max Merten, inzwischen prominenter Wirtschaftsanwalt, in Athen vor ein Gericht gestellt und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Auf Druck der Regierung der BRD wird er jedoch ausgeliefert und kommt bald frei. Weiterhin werden KommunistInnen verfolgt und auf die Insel Jaros deportiert.
Im November 1959 erfolgt in Griechenland die Amnestie für verurteilte Nazi-Kollaborateure.
18.3.1960 erhält Griechenland von der BRD im Rahmen eines Vertrages über Leistungen zugunsten griechischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind, 115 Millionen DM (circa 250 Millionen Euro).
22.5.1963 Bei einer Friedenskundgebung in Thessaloniki wird der Abgeordnete Grigoris Lambrakis von Rechtsextremen ermordet. Die Verschwörung rechtsgerichteter Militärs, welche hinter der Ermordung stehen, wird vom Untersuchungsrichter Christos Sartzetakis aufgedeckt. Zum Begräbnis von Grigoris Lambrakis kommen 500.000 Menschen.
14.9.1963 Generalinspekteur Mitsou und weitere hohe Offiziere werden wegen Beihilfe zum Mord an Lambrakis offiziell unter Anklage gestellt. Sie werden vom Dienst suspendiert.
Oktober 1963 Es wird bekanntgegeben, dass der Lyriker und Diplomat Giorgos Seferis den Nobelpreis für Literatur erhält.
Im November 1963 und im Februar 1964 Die „Enosis Kendrou“, die Zentrumsunion, ein Zusammenschluss von VenizelistInnen, Linksliberalen, aber auch Rechtsliberalen und NationalistInnen, gewinnt die Wahlen.
7.11.1963 Der Gründer der „Enosis Kendrou“, Georgios Papandreou, wird Ministerpräsident. Er lehnt das Zürcher und Londoner Abkommen ab und entsendet die Armee nach Zypern.
1964 Konstantin II. wird König. Nach anhaltenden Konflikten zwischen der griechischen und der türkischen Bevölkerung werden UN-Truppen auf Zypern stationiert. Die exilierte Schriftstellerin Melpo Axioti darf nach Griechenland zurückkehren. Die Zentrumsunion erhält bei den Parlamentswahlen 54% der Stimmen.
1965 kommt es zum offenen Konflikt zwischen König und Regierung und zur Regierungskrise. Massenkundgebungen zur Unterstützung Papandreous
Juli 1965 Der König setzt den Ministerpräsidenten ab. Papandreou kann einen Termin für Neuwahlen für Mai 1967 durchsetzen.

1967 bis 1974
Am 21.4.1967 erfolgt der Putsch einer kleinen Gruppe rechtsextremer Militärs, darunter Oberst Georgios Papadopoulos. Dieser Putsch wird von einem Großteil der Armee und vom König unterstützt. Der König stimmt zu, dass die Freiheitsrechte aufgehoben und der Belagerungszustand ausgerufen wird. Ministerpräsident wird der rechtsgerichtete Konstantinos Kollias, der 1963 als Generalstaatsanwalt versucht hat, die Mörder Lambrakis zu schützen. Noch in der Nacht des Putsches erfolgt die Verhaftung Georgios Papandreous, vieler prominenter liberaler, republikanischer, linker und vor allem kommunistischen PolitikerInnen, AktivistInnen und Intellektuellen. Circa 8.000 Menschen finden sich in zu Gefängnissen umfunktionierten Sportstadien wieder, die meisten von ihnen werden auf die Gefangeneninsel Jaros deportiert. Einer der Ersten, die verhaftet werden, ist Giannis Ritsos.
Am 13.12.1967 versucht der König die Militärregierung zu stürzen, scheitert und flüchtet ins Exil. Oberst Georgios Papadopoulos wird Regierungschef und regiert als Diktator.
September 1968 Die wegen des Mordes an Lambrakis beurlaubten hohen Offiziere werden rehabilitiert.
29.3.1969 Der Nobelpreisträger Giorgos Seferis protestiert auf BBC World Servive öffentlich gegen die Militärdiktatur.
27.5.1969. Damaskinos Papandreou wird posthum von Yad Vashem mit der Auszeichnung Gerechter unter den Völkern geehrt. Insgesamt erhalten 355 GriechInnen zwischen 1969 und 2019 diese Auszeichnung. Griechenland tritt aus dem Europarat aus.
22.9.1971 Das Begräbnis von Giorgos Serefis wird zu einer Massenkundgebung gegen die Diktatur.
1973 nach einem Putschversuch monarchistischer Offiziere schafft Papadopoulos im August die Monarchie ab und kündigt freie Wahlen an.
Am 17.11.1973 kommt es an den Universitäten des Landes zu massiven StudentInnenprotesten, welche von der Armee brutal niedergeschlagen werden. In den folgenden Tagen wird Papadopulos vom Hardliner und Chef des Geheimdienstes General Dimitrios Ioannidis gestürzt. Dieser ernennt General Faidon Gizikis zum neuen Präsidenten.

1974 bis 2020
15.7. 1974. Dimitrois Ioannidis organisiert einen Putsch in Zypern, bei dem die Regierung des Erzbischof Makarios III. gestürzt wird. Die Insel soll sich nun Griechenland anschließen.
20.7.1974 Türkische Truppen besetzen den Norden der Insel, setzen die Regierung Makarios wieder ein. In Athen folgt nach diesem Debakel ein Putsch royalistischer Offiziere gegen Ioannidis. Konstantinos Karamanlis wird aus dem Pariser Exil zurückgerufen und am 25.7. Ministerpräsident und bis 1980 mehrfach wieder gewählt. Griechenland tritt wegen der Zypernkrise aus der NATO aus. Die Verfassung von 1952 wird wieder etabliert, die KKE wieder zugelassen.
Die Volksabstimmung vom 8.12.1974 bestätigt die Republik.
14.1.1975 Ioannidis wird wegen seiner Verbrechen zum Tode verurteilt und zu lebenslanger Haft begnadigt, es kommt zu mehreren Prozessen. Viele 1949 und später exilierte GriechInnen kehren in ihre Heimat zurück.
9.7.1975 Griechenland gibt sich eine republikanische Verfassung.
1976 beginnen, nach einem ersten Anlauf 1958, die Verhandlungen zur Aufnahme in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, EWG.
Am 1.1.1981 wird Griechenland als 10. Land Mitglied der EWG. Das Land tritt auch wieder der NATO bei.
1985 wird der parteilose Richter Christos Sartzetakis zum Staatspräsidenten gewählt. Er bleibt bis 1990 im Amt.
1990 Nach der deutschen Wiedervereinigung im Oktober protestiert viele GriechInnen gegen die ausbleibende Wiederaufnahme der Reparationsverhandlungen. Am 11.11. stirbt Giannis Ritsos.
15.9.1991 Die Jugoslawische Teilrepublik Mazedonien erklärt ihre Unabhängigkeit. Die griechische Regierung verweigert vorerst wegen Namensgebung und Staatsflagge die Anerkennung.
1994 Griechenland verhängt eine Handelsblockade gegen die neue Republik, welche sich bald, als Kompromiss, in Former Yugoslav Republic Of Macedonia, FYROM, umbenennt. Es kommt in ganz Griechenland zu antimazedonischen und nationalistischen Massenprotesten.
Circa 3% der GriechInnen hat als Muttersprache entweder Aromunisch (rumänischer Dialekt), Arvanitika (albanischer Dialekt), Bulgarisch, Zakonisch (dorischer Dialekt), Türkisch und besitzen keine Minderheiten- oder Volksgruppenrechte, da seit den Verträgen von Lausanne die Minderheiten ausschließlich durch ihre Religionszugehörigkeit definiert werden. Die größte muslimische Bevölkerung lebt in Thrakien, wo ihr ein Drittel der circa 360.000 BewohnerInnen angehört. Die meisten Mitglieder der muslimischen Minderheit in Thrakien sind SunnitInnen, wobei es auch Bektaschi gibt. Zwei Drittel der Muslime in Thrakien sprechen türkisch, ein Drittel sind sogenannte PomakInnen und sprechen Bulgarisch. Die offizielle Sprache der Muslime ist türkisch, bulgarisch wird nicht als Sprache der Minderheit anerkannt.
2001 Betritt zur Eurozone.
2003 wird für die Gebirgsjäger von deren Veteranen am Hohen Brendten (Bayern) ein monumentales Ehrenmal errichtet.
23.9.2009 Österreich: In einer parlamentarischen Anfrage an das Justizministerium, ob denn gegen österreichische Kriegsverbrecher in Griechenland je Untersuchungen eingeleitet wurden, stellen die Sozialdemokraten Johann Maier und Johannes Jarolim fest: „So ist es auch nach über 64 Jahren seit Ende des 2. Weltkrieges - auch der österreichischen Justiz - nicht gelungen, eine einzige Mordtat von Gebirgsjägern der 1. Gebirgsdivision in den besetzten Ländern aufzuklären. Keiner der namentlich bekannten Täter von damals wurde je vor einem österreichischen Gericht angeklagt und verurteilt.“ (3105/J XXIV. GP )
2010 Nach der Weltwirtschaftskrise kommt es in Griechenland zur Staatsschuldenkrise. Es droht ein Staatsbankrott.
18.9.2013 wird der populäre, linke Hip-Hoper Pavlos Fyssas (Killah P) von einem Schlägertrupp der in den 1980er-Jahren gegründete neonazistische Partei „Chrysi Avgi“ (Goldene Morgenröte) ermordet.
2014 Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck besucht Griechenland, anerkennt das griechische Leid durch die deutsche Besatzung und bittet um Verzeihung. Das Thema Reparationen wird nicht angesprochen.
2015 Die Staatsverschuldung beträgt 312 Mrd. Euro, und die Staatsschuldenquote 177,4 %. Es kommt erneut die Diskussion über die ausgebliebenen Reparationszahlungen auf. Griechische Ökonomen berechnen, dass Deutschland Griechenland fast 300 Milliarden Euro schulde. Dabei werden der nicht zurückgezahlte Kredit von 1942 mitsamt Zinsen genauso berücksichtigt, wie die Kosten der massiven Zerstörungen und die Folgen der jahrelangen Ausplünderung des Landes durch das Deutsche Reich, sowie die Entschädigungen für die 160.000 ZwangsarbeiterInnen, von denen Zehntausende nach Deutschland verschleppt wurden, und der Raubmord an den griechischen Juden und Jüdinnen. Auch die schätzungsweise 8.000 nach Deutschland gebrachten und verschwundenen Kunstgegenstände und Kulturgüter werden ebenfalls berücksichtigt. Es gibt Zivilklagen, so seitens der Nachkommen der Opfer von Distomo.
2013 wird  ein Erstaufnahmezentrum für 410 AsylwerberInnen bei Moria eröffnet.
25.1.2015 Bei den Parlamentswahlen erhält die „Synaspismos Rizospastikis Aristeras“, kurz SYRIZA, (Koalition der Radikalen Linken ), 149 der 300 Parlamentssitze. Alexis Tsipras wird in Folge Ministerpräsident.
2015 Mit 93 Jahren ist Manolis Glezos von der SYRIZA der älteste Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Der griechische Justizminister Nikos Paraskevopoulos droht deutsches Eigentum in Griechenland, wie z.B. das Goethe-Institut, zu pfänden. Moria wird zum Hotspot-Lager mit Platz für fast 3.000 Menschen ausgebaut.
2020 in den Lagern Morias warten fast 20.000 Menschen unter lebensfeindlichen Bedingungen auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge.
7.10.2020 Die „Chrysi Avgi“ (Goldene Morgenröte) wird von einem Athener Gericht als kriminelle Vereinigung verboten, 68 führende Mitglieder werden wegen Mordes und anderer Verbrechen verurteilt. In Athen feiern 100.000 Menschen den Ausgang dieses größten Prozesses gegen Rechtsextreme seit den Nürnberger Prozessen.


Weiterführende Literatur

Zwei Publikationen der Buchreihe „Griechenland in Europa“ bei Böhlau sind besonders hervorzuheben:
2015 erschien Band 1 der Reihe „Die Okkupation Griechenlands im Zweiten Weltkrieg“. HerausgeberInnen sind die Literaturwissenschaftlerin Prof. Chryssoula Kambas und die Neogräzistin Prof. Marilisa Mitsou. In knapp 30 Beiträgen wird von einer beeindruckenden Zahl deutscher und griechischer AutorInnen auf die Geschichte, das Grauen, auf den Widerstand in Griechenland eingegangen. 2020 erschien „Krieg und Nachkrieg“ des Autors Hagen Fleischer. Der deutsche Zeithistoriker lebt und lehrt seit 1977 in Athen. 1987 gehörte er als Vertreter Griechenlands der internationalen Historikerkommission zur Waldheim-Affäre an. Er erläutert in mehreren Aufsätzen und Essays, die bisher großteils nur auf Griechisch erschienen sind, das wechselseitige Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland seit dem 19. Jahrhundert. Auch die ambivalente Haltung der BRD nach 1945 bezüglich Wiedergutmachung und den griechischen Diktaturen wird eingehendst erläutert.

2013 legte Margot Ingeborg Schneider ihre Diplomarbeit „Griechische Vereine in Österreich 1918-1974“ am Wiener Institut für Byzantinistik und Neogräzistik vor. Betreuerin war Univ.--Prof. Marina A. Stassinopoulou. In dieser gibt es eine ausführliche Darstellung über die GriechInnen in Österreich während der Nazi-Zeit, von den ZwangsarbeiterInnen bis zu den Kollaborateuren.

1992 erschien „Vertreibung und Neubeginn. Israelische Bürger österreichischer Herkunft“, herausgegeben von Erika Weinzierl und Otto D. Kulka. In ihrem Beitrag „Emigration und Vertreibung“ geht Gabriele Anderl ausführlich auf die Tätigkeiten Willy Perls ein. Dieser hat 1978 in den USA auch ein eigenes Buch über seine Fluchthilfe verfasst: The Four-Front War. From the Holocaust to the Promised Land.

Will man sich einen ersten Überblick über die widerständige Literatur Griechenlands verschaffen, ist die 1969 erschienene Anthologie europäischer Poesie und Prosa „Literatur und Widerstand“, herausgegeben von der „Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer“, zu empfehlen. Darin werden die SchriftstellerInnen Yannis Ritsos, Thanasis Fotiadis,Leon Koukoulas, Melpo Axioti, Dimitrios Hadzis, André Kedros, Wassilis Rotas, Tasos Liwaditis, Angelos Sikelianos, Kostas Giannopoulos, Sortiriu Dido und Themos Kornaros vorgestellt. (Schreibweise der Namen wie im Buch).


Literaturempfehlungen:

Melpo Axioti: République-Bastille. Paris 2018
Niko Ewers: Jüdisches Exil in Griechenland und Zypern 1936–1941. Auf: https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/ (12.2.2021)
Michael Guttenbrunner: Griechenland. Eine Landesstreifung. Wien 2001
Constantin Mavromatidis: Die Judenpolitik Italiens und des Dritten Reiches im besetzten Griechenland während des Zweiten Weltkriegs. BoD 2010
Jürgen Rohwer: Jüdische Flüchtlingsschiffe im Schwarzen Meer – 1934 bis 1944. In: Ursula Büttner (Hg.): Das Unrechtsregime. Band 2. Verfolgung – Exil – Belasteter Neubeginn. Hamburg 1986, 197-248
Vassilis Vassilikos: Z. Roman. Köln 1992
Oral history interview with Fred R. Wohl. Auf: https://collections.ushmm.org/ (12.2.2021)

 

Grundlagen der österreichischen Exilliteratur. Begleitende Studien zu einem „Handbuch der Österreichischen Exilliteratur in zwei Bänden“

Ein Projekt des Vereins zur Förderung und Erforschung der antifaschistischen Literatur und der Theodor Kramer Gesellschaft

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