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THEODOR KRAMER PREIS FÜR SCHREIBEN IM WIDERSTAND UND EXIL 2013 an Margit Bartfeld-Feller und Manfred Wieninger

Margit Bartfeld-Feller und Manfred Wieninger. Archiv der TKG

Die fortdauernde Bedeutung von Margit Bartfeld-Fellers Schriften geht wohl auf zwei verschiedene Quellen zurück:
Erstens die Zeugenschaft der nunmehr neunzigjährigen Autorin für zwei untergegangene Welten: das jüdisch-bürgerliche Czernowitz der Zwischenkriegszeit, mit der österreichisch gefärbten deutschen Umgangssprache, und das sowjetisch beherrschte Sibirien, einschließlich der letzten zwölf Stalin-Jahre. Aus dem tiefen Schacht ihres Gedächtnisses gräbt sie immer neue Episoden überraschender Menschlichkeit und Splitter des Glücks hervor, ohne das Schlimme, das ihr widerfuhr, zu beschönigen.
Zweitens verleiht die Abwesenheit von Bitterkeit und Hass ihrem Schreiben eine besondere Note. "Dennoch Mensch geblieben" – der Titel ihres ersten Buches bezeugt ihre Persönlichkeit,
begabt für Freundschaft und Hilfsbereitschaft.

Manfred Wieningers Schreiben ist, ob nun in seinen Kriminalromanen, Aufsätzen zur Zeitgeschichte, seiner dokumentarischen Prosa, dem Aufdecken des Verdrängten verpflichtet.
Dieses Wiedergewinnen des Gedächtnisses führt er uns nicht als traurige Pflicht vor, sondern als dramatische Bereicherung des durch dumpfe Ahnungslosigkeit reduzierten Lebens.
Wieninger stellt stets eine spannungsreiche Beziehung zwischen der unter der Oberfläche gärenden Vergangenheit und den heutigen Problemen her, auch dadurch, dass er sich einer
präzisen und zugleich bilderreichen Sprache als Repräsentantin lebendiger Gegenwart bedient.
Wieninger konzentriert sich auf ein umschriebenes geographisches Umfeld: das Bundesland Niederösterreich und seine Hauptstadt St. Pölten.
Es geht ihm, und darin trifft er sich mit Margit Bartfeld-Feller, nicht um die umfassende Geste, sondern um das Exemplarische, das sich der genauen Nachforschung und der ehrlichen Arbeit des Erinnerns darbietet.

Biographien der PreisträgerInnen

Margit Bartfeld-Feller wird 1923 in Czernowitz geboren. 1941 erfolgt die Deportation der Familie nach Sibirien, der Vater stirbt nach wenigen Monaten den Hungertod.
Nach 1945 verbessert sich die Lebenssituation etwas, 1948 folgt die Heirat mit Kurt Feller. Margit Bartfeld-Feller arbeitet dreißig Jahre als Musiklehrerin in Tomsk.
1990 emigriert sie nach Israel, Tel Aviv wird die neue Heimatstadt der Autorin, die hier auch auf Deutsch zu schreiben beginnt.
Schreibend beschwört sie die versunkene kulturelle Welt ihrer Heimatstadt Czernowitz und legt in ihren autobiographischen Texten ebenso Zeugnis über das Leben im sowjetischen Sibirien ab.                    
Werke (alle herausgegeben von Erhard Roy Wiehn im Hartung-Gorre-Verlag Konstanz): „Dennoch Mensch geblieben“ (1996), „Nicht ins Nichts gespannt“ (1998), „Wie aus ganz andern Welten“ (2000),
„Am östlichen Fenster“ (2002), „Unverloren“ (2005), „Erinnerungswunde“ (2007), „Aschenblumen“ (Photodokumentation, 2008), „Mama Cilly“ (2009), „Nachhall“ (2011).

Manfred Wieninger wird 1963 in St. Pölten geboren. Nach dem Studium der Germanistik und Pädagogik beginnt seine schriftstellerische Laufbahn. Seine Diplomarbeit über die Kulturgeschichte der St. Pöltner Straßennamen erscheint 2002 in erweiterter Form als Lexikon im Studienverlag. Er ist Autor der bisher sechsteiligen Krimi-Reihe mit dem schrägen „Diskont-Detektiv“ Marek Miert,
die sich durch einen scharfen und oft ironischen Blick auf die gesellschaftlichen Zustände in Österreich auszeichnet. Er verfasst zahlreiche Arbeiten zu Widerstand und Verfolgung,
u.a. „Das Dunkle und das Kalte. Reportagen aus den Tiefen Niederösterreichs“ (2011) und den zeitgeschichtlichen Roman „223 oder Das Faustpfand“ (Residenz Verlag 2012).
Sein umfangreiches Werk umfasst Romane, Erzählungen, Lyrik, Reportagen und wissenschaftliche Publikationen.

Programm der Veranstaltungen zum Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil 2013

Freitag, 4. Oktober, 19:00
Feierliche Preisverleihung
Pfarrsaal Niederhollabrunn
Kirchenplatz 1, 2004 Niederhollabrunn
Begrüßung durch Vertreterder Marktgemeinde Niederhollabrunn und Mag.a Gabriele Ecker (Abt. Kunst und Kultur) in Vertretung von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll
Lesung: Margit Bartfeld-Feller und Manfred Wieninger, Dagmar Schwarz
Laudatoren: Gerald Stourzh, Konstantin Kaiser
Musik: Maren Rahmann (voc, acc) & Rudi Görnet (kb)
Empfang, gegeben mit freundlicher Unterstützung von LH Dr. Erwin Pröll.
Zuvor besteht Gelegenheit, das Geburtshaus Kramers in seinem heutigen Zustand und die dort gezeigte Theodor Kramer-Ausstellung zu besichtigen.
Um 17:00 lädt Harald Maria Höfinger zu einem geführten Besuch des Theodor Kramer Soundwalks, der Ausstellung und des Geburtshauses ein.
Die TKG wird einen Bus nach Niederhollabrunn und zurück nach Wien führen. Abfahrt um 17:00 von der Buszone Praterstern/Lassallestraße, Rückfahrt um ca. 22:00. Unkostenbeitrag Euro 10,-. Anmeldung unbedingt erforderlich ( aistleitner@theodorkramer.at).

Montag, 7. Oktober, 19:30
Psychosoziales Zentrum ESRA
Tempelgasse 5, 1020 Wien
Lesung: Margit Bartfeld-Feller und Manfred Wieninger, Dagmar Schwarz
Präsentation, Gespräch: Gerald Stourzh, Konstantin Kaiser
Musik: Otto Lechner (acc)
Um Anmeldung wird gebeten: ESRA, info@esra.at oder bei Judith Aistleitner
Wichtig: Amtlichen Lichtbildausweis mitbringen! www.esra.at

Mittwoch, 9. Oktober, 18:00
Salzburger Synagoge
Eine Veranstaltung des Literaturhauses Salzburg in Kooperation mit dem Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg.
Lasserstraße 8, 5010 Salzburg
Lesung: Margit Bartfeld-Feller und Manfred Wieninger
Einführung: Erhard Roy Wiehn, Konstantin Kaiser

Donnerstag, 10. Oktober, 19:30
Stifter-Gedenkraum im StifterHaus – Zentrum für Literatur und Sprache in Oberösterreich
Adalbert-Stifter-Platz 1, 4020 Linz
Lesung: Margit Bartfeld-Feller und Manfred Wieninger
Präsentation, Gespräch: Konstantin Kaiser